Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 684

Kanonistische Sammelhandschrift

Papier · 3, 153, 2 Bll. · 30,3 × 21,5 cm · Südwestdeutschland · Mitte 15. Jh.


Schlagwörter (GND)
Rota Romana / Urteil.
Entstehungsort
Südwestdeutschland.
Entstehungszeit
Mitte 15. Jh.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Papier.
Umfang
3, 153, 2 Bll.
Format (Blattgröße)
30,3 × 21,5 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(II-1)3a + 12 VI144 + (V-1)153 + (II-1)155*. Vorderspiegel Gegenbl. von 3a, Hinterspiegel Gegenbl. von 154*.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Vor- und Nachsatzbll. ungez. Römische Foliierung des 17. Jhs. (1–153). Durchgängig Reklamanten auf der letzten Versoseite der Lage auf dem Fußsteg rechts sowie Blattsignaturen mit Kleinbuchstaben und lateinischer Ziffer beim Buchstaben a (daneben auch x mit arabischer Ziffer), ab b mit Kleinbuchstaben und arabischer Ziffer, auf dem Fußsteg rechts (teilweise durch Beschnitt beeinträchtigt oder verloren gegangen). Bei ungez. Bll. folgt die Zählung dem Digitalisat (1a–3a, 154*–155*).
Zustand
Am oberen Rand leicht stockfleckig. Auf den ersten Bll. fleckig. Tinte schlägt leicht durch. In Lagenmitte Falz zuweilen gebräunt, meist mit Verstärkung.
Wasserzeichen
Freistehendes, doppelrädriges Mühlrad mit sechs Speichen und Kurbel als Beizeichen, in drei Varianten, auf Bll. 1–11, 24, annähernd identisch mit Wzz. von Papieren, die 1454 in Österreich Verwendung fanden, AT3800-PO-122892, auf Bll. 16–19, 22–23, 25, 38–42, 45, 56–58, 69, 74–75, 79, 85, 93–94, 105–111, 114–119, 123, 128–129, 133, 137, 142, 150–153, ähnlich Wzz. von Papieren, die 1461 in Basel beschrieben wurden, CH0780-PO-122889, auf Bll. 20, 27–35, 44, 46–55, 60–67, 71–73, 76, 80, 86–91, 97–104, 112, 120, 126, 131, 134, 138–141, 145–148, vergleichbar mit Wzz. von Papieren, die 1450/1455 in Ostschwaben / Nordbayern verwendet wurden, DE1935-Mscr_Dresd_M_180_71.

Schriftraum
23,3 × 19,5–20,5 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
43 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Alle Texte wurden von einer Hand geschrieben, die sich einer Semitextualis im Derolezschen Sinn bediente (vgl. Derolez, Palaeography, S. 119–122). Dabei sind die Buchstaben oftmals mit Ligaturen verbunden, die Brechungen nicht stark ausgeprägt und es zeigen sich Einflüsse humanistischer Schriften, wie die meist verwendete Capitalis bei Majuskeln. Möglichweise handelt es sich hier um denselben Schreiber, der auch die Texte in Pal. lat. 777 schrieb.
Buchgestaltung
Zeilengerüst mit Metallstift vorgezogen. Jeder Decisio ist auf dem Rand eine durchnummerierte Ziffer zur Seite gestellt, jede Decisio beginnt alternierend mit einer blauen oder roten Lombarde, im letzten Text stattdessen alternierend mit blauem oder rotem Paragrafenzeichen. Selten rote Strichelungen zur Strukturierung des Texts.
Buchschmuck
Auf 1r Fleuronnéinitiale in Altrosa, mit Perlen, z.T. mit Kern, und Fadenausläufern in Rot als Besatz, sowie Knospenfleuronné im geviertelten Binnenfeld in Rot und Schwarz. S. auch die Bildbeschreibung in heidICON.

Nachträge und Benutzungsspuren
Kurze Inhaltsangaben, Korrekturen, Verweise und Anmerkungen von Hand, die Haupttext schrieb, auf Rändern. Wenige grafische Verweiszeichen.

Einband
Römischer Einband, Pappe mit weißem Pergament überzogen, in Rom um 1780 gefertigt (Schunke, Einbände 2.2, S. 848), Löcher für Schließbänder noch vorhanden. Gelb-kupferfarbenes Kapital. Auf Buchrücken zwei blaue aufgeklebte Schildchen mit aktueller Signatur, dazwischen Rückentitel: Decisiones Bertrandi de Aruassana 1404 (?), darunter in Blau: P.
Provenienz
Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Blaues Schildchen mit aktueller Signatur auf Vorderspiegel. Auf 1ar neben aktueller Signatur Altsignatur 783 [durchgestrichen], auf 1r Capsa-Nummer C. 84. nebst Altsignaturen 242, 47 [beide durchgestrichen] und 495. Zwar könnte der paläografische Befund für eine Entstehung der Hs. in Italien sprechen, die Wzz. hingegen verweisen eher nach Oberdeutschland, die Initialen schließlich nach Südwestdeutschland, sodass vieles für die Herstellung der Hs. in einer Werkstatt in letztgenannter Region spricht, in der auch Pal. lat. 777 entstanden sein dürfte, legt man einen Vergleich von Buchgestaltung, Buchschmuck und Schrift zugrunde.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_lat_684
Literatur
Dolezalek, Verbreitung, S. 7, 10 A. 18, 79, 99; André Fliniaux, Contribution à l’histoire des sources du droit canonique. Les anciennes collections de Decisiones Rotae Romanae, in: Revue historique de droit francais et étranger, 4 (1925), S. 61–93, 382–410, hier S. 79, 82; Henri Gilles, La vie et les oeuvres de Gilles Bellemère, in: Bibliothèque de l’Ecole des Chartes 124 (1966), S. 30–136, 382–431, hier S. 32 A. 2, 417f.; Gugumus, Erforschung, S. 128 A 17a; Charles Lefebvre, Rote romaine, in: Dictionnaire de droit canonique 7 (1965), S. 742–771, hier S. 762–764; OVL,Pal.lat.684; Schunke, Einbände 2.2, S. 848; Stevenson, Latini, S. 243.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

1) 1ra–123r Digitalisat

Titel
Decisiones antiquae.
Angaben zum Text
Decisiones nummeriert; die ‚Decisiones antiquae‘ gehen von 1 bis 633. – 1ar–3av leer.
Incipit
1ra ›Primoquod monacho habenti administracionem seu prioratum ad nutum abbatis ammovibilem …
Explicit
123r … nec sibi prouidendum est de distribucionibus cottidianis ut notat Johannes Andreae in Nouella in dicto c. Cum inferior.
Edition
Der Text liegt in keiner modernen Edition vor, erschien aber bereits 1472 als Wiegendruck (GW 8200–8203), vorliegender Text endet mit Nr. 881 der ältesten Druckausgabe.

2) 123r–131v Digitalisat

Verfasser
Gilles Bellemère (GND-Nr.: 100966845).
Titel
Decisiones Rotae Romanae.
Angaben zum Text
Kurzfassung, die Decisiones sind nummeriert und gehen von 634 bis 739. – 132r–132v leeres Zeilengerüst.
Incipit
123r 634.Itemnota quod oneracio consciencie iudicis non expedit [expungiert: appellacionem] appellacionem …
Explicit
131v … et primo iuraui anno etatis mee xxxij. Da gloriam deo.
Edition
Der Text liegt in keiner modernen Edition vor, erschien aber bereits 1474 als Wiegendruck (GW 8209–8210).

3) 133r–153v Digitalisat

Verfasser
Bertrandus de Arvassano (GND-Nr.: 1122373953).
Titel
Ordinatio decisionum antiquarum.
Angaben zum Text
154*r–155*v leeres Zeilengerüst / leer.
Rubrik
133r ›Ordinaciodecisionum antiquarum per venerabilem virum dominum Bertrandum de Aruassana, sacri palacij causarum auditorem, redacta sub congruis titulis in hoc presenti compendio, sub anno a natiuitate domini M.cccciiij. xxvj. Junij.
Incipit
133r De constitutionibus: Per rescriptum apostolicum non derogatur statutis uel consuetudinibus ecclesie nisi clausula generalis apponatur …
Explicit
153v 397. § Executor quis merus et quis mixtus dicatur.


Bearbeitet von
Dr. Thorsten Huthwelker, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 684. Beschreibung von: Dr. Thorsten Huthwelker (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.


Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.