Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 696

Bernhard von Pavia, Compilatio prima cum glossa

Pergament · 1, 116, 1 Bll. · 26 × 17,6 cm · Oberitalien · 1. Drittel 13. Jh.


Schlagwörter (GND)
Kanonisches Recht / Dekretalensammlung / Dekretalen.
Entstehungsort
Oberitalien.
Entstehungszeit
1. Drittel 13. Jh.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Pergament.
Umfang
1, 116, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
26 × 17,6 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I–1)1a + 6 IV47 + (IV+1)56 + 7 IV111 + (II+1)116 + (I-1)117*. Vorderspiegel Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von 117*. Zählfehler: nach 41 folgt 41a, nach 93 folgt 93a.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Römische Foliierung des 17. Jhs. (1–116). Bei ungez. Bll. folgt die Zählung dem Digitalisat (1a, 41a, 117*). Reklamant auf 16v auf Fußsteg mittig, Reste auf 47v ebendort.
Zustand
Zu Beginn einige kleine Löcher. Teilweise leichte Wasserschäden an den Ecken. Einige Bll. angefasert. Schrift scheint zuweilen durch, v.a. auf dem Bundsteg. Einige Flecken und Gebrauchsspuren. Spuren von Blattweisern. Mehrere Rasuren.

Schriftraum
8–16,5 × 13,5–16,5 cm.
Spaltenanzahl
4 Spalten.
Zeilenanzahl
36 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Der Legaltext wie auch die Glosse wurden offenbar in Oberitalien in Texualis geschrieben. Der Legaltext, wohl von einer Hand ausgeführt, verfügt über deutlich rundere Formen, während bei der Glosse, augenscheinlich von mehreren Händen geschrieben, die betonten Oberlängen auffallen, die von der diplomatischen Minuskel beeinflusst sein dürften.
Buchgestaltung
Zeilengerüst, auch der Glossen, mit Metallstift vorgezogen. Als Seitentitel auf der Versoseite ein L in Rot für ‚Liber‘, auf der Rectoseite die dem jeweiligen Buch zugeordnete Ziffer in Rot, jeweils mit Strichelung in Gegenfarbe. Jedes Buch beginnt mit einer blau-roten Initialgruppe, verziert mit blauem Ornamentband. Rubriken zu den Büchern und Tituli. Capitula alternierend mit blauen und roten Lombarden mit Strichelungen in Gegenfarbe eingeleitet. Im Satz zuvor Autorität mit Satzmajuskel in Gegenfarbe hervorgehoben, welche die Dekretale formulierte.
Buchschmuck
Auf 1r horizontal auf Fußsteg verlaufende Fleuronnéleiste in Blau und Rot mit Fabeltierkopf.

Nachträge und Benutzungsspuren
Nachträge erschöpfen sich, neben Korrekturen auch im Interkolumnium, in der reichen Glossierung und diversen Distinctiones.

Einband
Pappe mit weißem Pergament überzogen, in Rom zwischen 1878 und 1889 gefertigt. Gelb-kupferfarbenes Kapital. Auf dem Rücken blaues und rotes Schildchen mit aktueller Signatur, unter dem blauen Schildchen in Gold Wappenstempel von Papst Leo XIII., unter dem roten in Gold Wappenstempel von Kardinal und Bibliothekar Jean-Baptiste Pitra (1812–1889) (Schunke, Einbände 2.2, S. 848).
Provenienz
Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Blaues Schildchen mit aktueller Signatur auf Vorderspiegel. Auf 1r nebst aktueller Signatur von Hand des 17. Jhs.: Magistri Pauli Florenti in breuiarium. Als Terminus post quem für die Entstehung der Hs. ist die Fertigstellung der Glossen des Richard de Morins anzusetzen, die in die letzten Jahre des 12. Jhs. datiert wird. Als Terminus ante quem wird die Veröffentlichung des Liber extra 1234 ins Feld geführt, mit welcher die älteren Dekretalensammlungen überholt gewesen und nicht mehr kopiert worden seien. Als Herkunftsregion kommt aufgrund der Schrift in erster Linie Oberitalien in Betracht. Da in dem Bücherlegat Ludwigs III. für die Heidelberger Universität ein Exemplar der Compilatio prima genannt wird, könnte die Hs. auf diesem Wege in die Bibliotheca Palatina gelangt sein (Hanselmann, Bücherschenkung, S. 125). Im Katalog der Heidelberger Bibliotheken von 1466 als Hs. des Heiliggeistifts nachweisbar ist ein Breuiarium decretalium Bernhardi prepositi Papiensis in pergameno (Heidelberg, UB, Heid. Hs. 47, 58v). Aber auch unter den Büchern der Heidelberger Schlossbibliothek, die unter Ottheinrich in die Heiliggeistkirche gelangten, könnte sich der Codex befunden haben. Im diesbezüglichen Katalog von 1555/56 heißt es: Breuiarium iuris magistri Pauli Florentini, geschrieben perment (Pal. lat. 1944, 108r), ferner im Katalog der Bibliothek in der Heiliggeistkirche von 1581: Magistri Pauli Florentini breuiarium iuris, geschrieben perment, gros 4, bretter, rott leder, bucklen (Pal. lat. 1945, 8).

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_lat_696
Literatur
BioBib Jurists, Compilatio prima (a167); BioBib Jurists, Ricardus Anglicus (a483); Peter D. Clarke, A Question of Collective Guilt: Popes, Canonists and the Interdict c. 1140-c. 1250, in: ZRG KA 85 (1999), S. 104–146, hier S. 122 A. 44, 128 A. 64, 129 A. 65, 134 A. 79, 142 A. 105, 143 A. 106; Dondorp, Review, S. 199, 204, Part II, 77 (1991), S. 32–110, hier S. 55f.; Evan-Ezra, Lines, S. 111f.; Hanselmann, Bücherschenkung, S. 125; Kuttner, Repertorium, S. 325, 344; Charles Lefebvre, Recherches sur les manuscrits des glossateurs de la Compilatio Ia: l’œuvre de Ricardus Anglicus, in: Congrès de droit canonique médiéval, Louvain et Bruxelles, 22–26 juillet 1958, Löwen 1959 (Bibliothèque de la Revue d’histoire ecclésiastique 33), S. 137–150, passim; Hubert Müller, Der Anteil der Laien an der Bischofswahl. Ein Beitrag zur Geschichte der Kanonistik von Gratian bis Gregor IX., Amsterdam 1977 (Kanonistische Studien und Texte 29), S. 134; OVL, Pal.lat.696; Schunke, Einbände 2.2, S. 848; Stevenson, Latini, S. 248.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

1) 1ra–116vd Digitalisat

Verfasser
Bernhard von Pavia (GND-Nr.: 100938671).
Weitere beteiligte Personen
Richard de Morins (GND-Nr.: 100959164).
Titel
Compilatio prima cum glossa.
Angaben zum Text
Text, auch als ‚Breviarium extravagantium‘ oder ‚Compilatio prima antiqua‘ bekannt, mit der Glosse des Richard de Morins: (1rb–23vc) Liber I; (23vc–45rc) Liber II; (45rc–75rb) Liber III; (75rb–93rb) Liber IV; (93rb–116vc) Liber V.
Rubrik
1r ›Incipit Breuiarium extrauagantium Bernardi Papiensis‹.
Incipit
1rb ›Iuste iudcaite [!] filiihominum et nolite iudicare secundum faciem, sed iustum iuditium iudicate, ut ostentatis uos diligere iustitiam, qui iudicatis terram, illum pre oculis cordis habentes, qui reddet unicuique secundum opera sua …
Explicit
116vc … Non enim potest esse pastoris excusacio si lupus oues comedit et pastor nescit. Aue.
Edition
Quinque compilationes antiquae nec non collectio canonum Lipsiensis, hrsg. von Emil Friedberg, Leipzig 1882, ND Graz 1956, S. 1–65.


Bearbeitet von
Dr. Thorsten Huthwelker, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 696. Beschreibung von: Dr. Thorsten Huthwelker (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.


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Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.