Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 705

Kanonistische Sammelhandschrift

Papier · 3, 258, 3 Bll. · 28,5 × 21 cm · Oberrhein · um 1470


Schlagwörter (GND)
Beichte / Buße / Handbuch / Moraltheologie / Laster.
Entstehungsort
Oberrhein.
Entstehungszeit
um 1470.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Papier.
Umfang
3, 258, 3 Bll.
Format (Blattgröße)
28,5 × 21 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(II-1)3a + 3 VI36 + (VI-1)47 + VI59 + (VI-1)70 + 16 VI261* + (I-1)262*. Vorderspiegel Gegenbl. von 3a, Hinterspiegel Gegenbl. von 262*. Zählfehler: 181 doppelt gez.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Römische Foliierung des 17. Jhs. (1–259). Vor- und Nachsatzbll. ungez., weshalb hier Zählung der Digitalisate übernommen wird (1a–3a, 260*–262*). Durchgehend Reklamanten auf der letzten Versoseite der Lage auf dem Fußsteg rechts, ab 142 meist durch Beschnitt beeinträchtigt oder verloren gegangen.
Zustand
Leicht stockfleckig. Einige Flecken. Schriftraum teilweise leicht gebräunt. Schrift mitunter etwas verblasst. Pergamentstreifen zur Falzverstärkung.
Wasserzeichen
Frei stehender Buchstabe P in gotischer Form, ohne Beizeichen, Schaftfuß gespalten, ohne Querbalken, Bogenende hinter dem Schaft mit einkonturigem Dorn, sechs Varianten, eine davon ohne Übereinstimmung mit WZIS, auf Bll. 26-27, 30, 44, 75, 83-84, 87, 99, 101, 107–110, 119, 121, 125, 131, 135-136, 145-146, 150, die anderen fünf annähernd identisch mit Wzz. auf Papieren, die auf Bll. 32-33, 36, 42, 45, 47, 77, 79–82, 88, 91-92, 103–106, 113-114, 120, 122-123, 132, 139-140, 143, 148, 153, 161-162, 164, 190–193, 195, 202, 205 und 207, 1468 in Utrecht, NL8370-PO-107315, auf Bll. 220-221, 225, 227, 229, 240, 244, 248-249 und 259, 1469 in Frankfurt am Main, DE2730-PO-107438, auf Bll. 23, 46, 50-51 und 53, 1469 in Baden-Baden, AT3800-PO-107485, auf Bll. 1–3, 7, 9, 13, 21, 48-49, 168, 1470 in Hagenau, FR8040-PO-107983, auf Bll. 8, 17, 19, 22, 54, 169, 170, 172, 178, 185, 187–189, 1470 in Heidelberg, DE5040-PO-107484, auf Bll. 215–217, 230, 232, 235, 237, 241-242, 250-251, 253-254 und 256, 1466 in Leuven, BE4905-PO-108117, Verwendung fanden; frei stehender Buchstabe P in gotischer Form, mit Beizeichen, Blume / Blatt, vierblättrig, ohne Querstrich, Bogenende hinter dem Schaft, ohne Dorn, Schaftende gespalten, ohne Schnörkel, Blätter rund, ohne Stempel, auf Bll. 60, 62-64, 66, keine Übereinstimmung mit WZIS.

Schriftraum
20,4 × 16 cm.
Spaltenanzahl
2 Spalten.
Zeilenanzahl
41–52 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Die Texte wurden von mehreren Händen in jüngerer gotischer Kursive geschrieben, wobei je nach Hand die Tendenzen hin zur Bastarda mehr oder weniger stark ausgeprägt sind. Auffallend ist das immer wieder vorzufindende schleifenlose d und das x-förmige r, wie es typisch für oberdeutsche Schreiber des 15. Jhs. ist (Schneider, Paläographie, S. 76f.).
Buchgestaltung
Spalten mit Tinte vorgezogen. Zur Strukturierung Rubriken, meist in Bastarda, rote Lombarden, in der Regel über zwei oder drei Zeilen, rote Strichelungen und Unterstreichungen.
Buchschmuck
s. Buchgestaltung.

Nachträge und Benutzungsspuren
Kapitelüberschriften, ab 61v auch Seitentitel und Ziffern für die Argumente auf Rändern nachgetragen. Ansonsten Korrekturen und Anmerkungen von mehreren, in etwa zeitgenössischen Händen.

Einband
Römischer Einband, Pappe mit weißem Pergament überzogen, in Rom um 1780 gefertigt (Schunke, Einbände 2.2, S. 848), Löcher für Schließbänder noch vorhanden. Gelb-kupferfarbenes Kapital. Auf dem an Kopf und Schwanz von Wurmfraß befallenen Buchrücken zwei blaue aufgeklebte Schildchen mit aktueller Signatur, dazwischen aktuelle Signatur und Rückentitel: Summa confessorum. Auf dem Vorderschnitt: Summa […].
Provenienz
Mechtersheim / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Eingeklebtes blaues Schildchen auf Vorderspiegel. Auf 1ar aktuelle Signatur nebst Altsignatur 468, auf 3ar erneut aktuelle Signatur und Altsignatur 447 [durchgestrichen], auf 1r Capsa-Nummer C. 75. und von Hand des 17. Jhs. Summa vitiorum, auf 261*v Altsignatur 1961. Die Wzz. deuten darauf hin, dass die Hs. um 1470 am Oberrhein entstanden sein dürfte, was auch die ausführenden Hände nahelegen. Auffallend ist die Erklärung eines gewissen Jakob Gilg aus dem Jahr 1565 auf 59v, in der er niederlegt, dass er seinem Vetter Jörg, Pfleger zu Mechtersheim, gedient habe. Erwähnenswert ist ferner die Tatsache, dass das Zisterzienserkloster Eußerthal Besitzungen in Mechtersheim hatte, die es von einem Pfleger verwalten ließ. Dass dieser über seine administrativen Aufgaben hinaus weitere Interessen verfolgen konnte, zeigt der Bruder Ciriacus Lindenberger, der in den 1530er Jahren als Pfleger zu Mechtersheim nachweisbar ist und die Abfassung der Bll. 176r–179r von Pal. lat. 1781 angestoßen haben dürfte (s. Gerhardt Powitz, Zur Überlieferung des Closener-Glossars, in: ZGO 120 [1972], S. 215–223, hier S. 222; Metzger, Kat. UB Heidelberg 4, S. 137). Nach der Aufhebung des Klosters Eußerthal durch Kurfürst Friedrich III. im Jahr 1560/61 wurden die Besitzungen des Klosters in Speyer und Mechtersheim ab ca. 1564 zusammen von einem kurpfälzischen Schaffner von Speyer aus verwaltet (vgl. Bernd u. Klaus Lohrbächer, „Es wisse Jederman wol, das der Pfaltzgraff den Hoff innhab vnnd Schaffner dahin gesetzt“. Zur Geschichte des Klosterhofs Mechtersheim im Zeitalter der kurpfälzischen Säkularisation [1545–1595], in: Bernd u. Klaus Lohrbächer, Kirche – Schule – Klosterhof. Zur Historie [ehemaliger] religiöser bzw. kultureller Gebäude und Denkmäler in Berghausen, Heiligenstein und Mechtersheim, Römerberg 2013 [Ortsgeschichte im Brennpunkt 4], S. 177–230, hier S. 185–187). Im Zuge dessen könnte auch Archiv- und Bibliotheksgut nach Heidelberg gebracht worden sein, sodass diese Hs. von Mechtersheim in die kurpfälzische Hauptstadt gelangte.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_lat_705
Literatur
Bartsch, Handschriften, S. 190, Nr. 368; Antoine Dondaine, Guillaume Peyraut. Vie et œuvres, in: Archivum fratrum Praedicatorum 18 (1948), S. 162–236, hier S. 193; Kaeppeli, Scriptores OP 2, S. 141; Kristeller, Iter Italicum 2, S. 391; OVL, Pal.lat.705; Stevenson, Latini, S. 251 f.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

1) 1ra–52va Digitalisat

Verfasser
Antoninus von Florenz (GND-Nr.: 118897489).
Titel
Confessionale ‚Defecerunt‘.
Angaben zum Text
(1r–1v) Inhaltsverzeichnis; (2r–52v) Text.
Incipit
2ra ›Defeceruntscrutantes scrutinio, ait Psalmista.Scrutantesaliorum peccata sunt confessores …
Explicit
52va … et indulgenciam tibi concessam a domino papa pro ultimo articulo mortis tue.Jnnomine patris et filij et spiritus sancti. Amen.Explicit summa confessionum seu interrogatorium pro simplicibus confessoribus, editum ab archiepiscopo Florentino videlicet fratre Anthonio ordinis Predicatorum‹.
Edition
Der Text liegt in keiner modernen Edition vor, erschien aber bereits 1468 als Wiegendruck (GW 2080–2140).

2) 52va–54ra Digitalisat

Verfasser
Johannes Chrysostomus (GND-Nr.: 118557831).
Titel
Sermo de poenitentia.
Angaben zum Text
54v–59r leer. – 59v Erklärung des Jakob Gilg aus Ladenburg, datiert auf 1565. – 60r–60v leeres Zeilengerüst.
Rubrik
52va ›Jncipit sermo beati Iohannis Chrisostomi de penitencia‹.
Incipit
52va ›Providamente et profundo cogitatu cognosci debent duo rerum distincta negocia …
Explicit
54ra … et plena est penitencia atque perfecta promerebitur indulgencia prestante vero domino nostro Jhesu Cristo in secula seculorum. Amen et ceteraet cetera‹.
Edition
Zuweilen dem Confessionale des Antoninus von Florenz als Anhang beigegeben (GW 2080–2082, 2085, 2091–2094, 2096–2100).

3) 61ra–258ra Digitalisat

Verfasser
Guillaume Perault.
Titel
Summa de vitiis.
Angaben zum Text
(61ra–62rb) De vitiis in communi; (62rb–67ra) De gula; (67ra–82vb) De luxuria; (83ra–135vb) De avaritia; (135vb–158vb) De acedia; (159ra–221rb) De superbia; (221rb–224ra) De invidia; (224ra–233vb) De ira; (234ra–258ra) De peccato linguae; (258rb–259vb) Inhaltsverzeichnis.
Incipit
61ra ›Dicturide singulis vicijs cum opportunitas se offeret …
Explicit
258ra … locutum esse aliquando penituit tacuisse vero numquam. Tu autem domine [durchgestrichen: ms] miserere nobis. Deo gracias. Explicit summa uiciorum.
Edition
Der Text liegt in keiner modernen Edition vor, wurde aber spätestens 1474/75 als Inkunabel gedruckt (GW 12051–12057).


Bearbeitet von
Dr. Thorsten Huthwelker, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 705. Beschreibung von: Dr. Thorsten Huthwelker (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.


Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.