Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 737

Digestum vetus cum glossa

Pergament · 1, 179, 1 Bll. · 42,6 × 26,5 cm · Bologna · Anfang 13. Jh.


Schlagwörter (GND)
Römisches Recht / Corpus iuris civilis / Digesta / Digestum vetus.
Entstehungsort
Bologna.
Entstehungszeit
Anfang 13. Jh.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Pergament.
Umfang
1, 179, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
42,6 × 26,5 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + 4 IV32 + II36 + 5 V86 + III92 + (I-1)93 + (V-1)102 + 7 V169 + (V-1)178 + (I-1)179*. Bl. nach 178 verloren. Vorderer Spiegel Gegenbl. von 1a, hinterer Spiegel Gegenbl. von 179*. Vorsatzbll. und Spiegel Papier. Zählfehler: Auf 117 folgen zwei ungez. Bll. (117a, 117b), darauf 119; 148a ungez., 151 doppelt (151, 151a).
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Vatikanische Blattzählung rechts oben: 1–178. Bei ungez. Bll. folgt die Zählung dem Digitalisat (1a, 117a, 117b, 148a, 151a, 179*). Reklamanten von verschiedenen Händen im unteren Seitenrand.
Zustand
Pergament häufig mit Löchern, Haarwurzeln erkennbar. Gelegentlich später Teile des Seitenrands verloren, insbesondere 171–178. Blattverluste am Ende. Pergament nicht übermäßig verschmutzt, die Rubriken und roten Gliederungsinitialen aber überwiegend verwaschen.

Schriftraum
26,3 × 14,8 cm.
Spaltenanzahl
Zweispaltig mit geplanter ebensolcher Klammerglosse.
Zeilenanzahl
57 Zeilen für den Legaltext, die Glosse je nach dem (geringen) Bedarf und mit vielen freien Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Die Schrift, frühgotische Minuskel für den Textus inclusus, überwiegend frühe Notula für die Glosse, zeigt schon die für die Gotisierung typischen Züge wie die Verwendung vieler Bogenverbindungen, das Zusammenziehen der Wörter, die Verkürzung der Ober- und Unterlängen von b, d, h, l und p sowie einzelne Brechungen (etwa bei b, c, d, e und m), so dass die Datierung Battellis in das frühe 13. Jh. richtig sein dürfte (Manuscripta juridica: 2. Hälfte 12. Jh.). Jedoch ist die Schrift noch Jahrzehnte von der voll ausgebildeten Littera Bononiensis entfernt, die nach Mitte des 13. Jhs. bei Hss. dieses Typs vorherrscht. Auffällig ist auch die Vermeidung der schon um 1230/40 üblichen Bogenverbindung bei or und auch die Blindliniierung der Zeilen. Bologna scheint (auch auf Grund des Inhalts) der einzige Ort, an dem die Entstehung der Handschrift denkbar ist.
Buchgestaltung
Klammerform des Vier-Spalten-Typs (vgl. Powitz, Textus, S. 84f.). Zeilen und Spalten anscheinend mit Blindstift vorgeritzt, Begrenzungslinien bis in den Seitenrand durchgezogen, Prickings auf Höhe der Zeilen. Die oft nur wenigen Zeilen einer Seite einnehmende Glosse etwas später als der Legaltext und über der rasierten weniger umfangreichen ersten Glosse. Zählung der Bücher in Rot als Seitentitel. Die Glossenzeichen ähneln bereits den modernen Paragrafenzeichen (und nicht mehr einem kleinen Galgen).
Buchschmuck
Raum von etwa einer halben Spalte Breite gelassen für Initialen bzw. Initialen vor allen 24 Büchern bis auf Buch 6 (47rc).

Nachträge und Benutzungsspuren
Die Glossierung einer früheren Phase komplett radiert, außer auf 8r–37r und 109v–114r folgte eine systematische Neubeschriftung. Zudem immer wieder spätere Annotationen.

Einband
Pergamentband über Pappe, nach Schunke, Einbände 2.2, S. 850, in Rom um 1780 entstanden. Einband abgenutzt, Rücken löst sich, Bindeschnüre sind verloren. Der Buchtitel direkt auf den Rücken notiert, darüber die beiden Signaturschilder aufgeklebt. Rot-gelb umflochtenes Kapital.
Provenienz
Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Capsa-Nummer C. 84 sowie 471 durchgestrichen auf aufgeklebtem Zettel auf 1ar, dort auf eigenem Zettel die durchgestrichene 349 und direkt auf dem Bl. 659. 1r im unteren Seitenrand: 544. Blauer Signaturaufkleber mit aktueller Signatur auf vorderem Spiegel und Rücken, auf Rücken auch beschädigter barocker Aufkleber.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_lat_737
Literatur
Battelli, Ricerche, S. 317, 323; Manlio Bellomo, A proposito della rappresentanza: Due inedite ‚distinctiones‘ di Iacopo e Martino, in: Annali di storia del diritto 7 (1963), S. 115–124, hier S. 116; Van den Bergh / Stolte, The Unfinished, S. 251–305 („Palatino-Vaticanus VII“); Brenkman, Historia, S. 281, Nr. VII; Caprioli, Satura, S. 218, 220; Johannes G. Claussen, Denuo edendae Accursianae glossae specimen, Halle o. J. (ca. 1834), S. XVII A. 31; Cortese, La norma Bd. 1, S. 153, Bd. 2, S. 121, 365; Cortese, La summula, S. 346 A. 24; D’Amelio, Transazione, S. 214 A. 146; Dolezalek / Weigand, Geheimnis, S. 145; Fried, Rezeption, S. 126; Hanselmann, Bücherschenkung, S. 126, Nr. 1; Jakobs, Or signori, S. 315 A. 1 (Sigle V3), 407 A. 154; Maffei, La donazione, S. 70; Manuscripta juridica, Pal.lat.737; Carlo Guido Mor, La divisione in paragrafi delle leggi del Digesto. Contributo alla storia della scuola di Bologna, in: Rivista di storia del diritto italiano 26/27 (1953/54), S. 145–162, hier S. 146; Nardi, Studi, S. 221 A. 35; OVL, Pal.lat.737; Pace, ‚Garnerius Theutonicus’ 1, S. 92 A. 1; Frank Roumy, Les distinctions et les sommes des glossateurs relatives à l’ignorance du droit, in: Rivista internazionale di diritto comune 14 (2003), S. 119–154, hier A. 106.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

1) 1ra–178vb Digitalisat

Beteiligte Personen
Justinian I. (GND-Nr.: 11855896X) / Irnerius (GND-Nr.: 118555812) / Burgundione da Pisa (GND-Nr.: 118665227) / Martino Gosia (GND-Nr.: 102516057) / Ugo di Porta Ravegnana (GND-Nr.: 102499934).
Titel
Digestum vetus cum glossa.
Angaben zum Text
Von Kaiser Justinian I. in Auftrag gegebene Rechtssammlung mit einer begleitenden Glosse. Reste einer Gliederung in 7 Artikel (wie in der Littera Florentina) auf fol. 92r erhalten (vgl. Battelli). Präaccursianische Glosse, in der Literatur als Autoren identifiziert: Irnerius (um 1050–um 1130), Burgundione da Pisa (ca. 1110–1193), Martino Gosia (†1158), Ugo di Porta Ravegnana (†1166/1171). Der Umfang der Glosse bleibt deutlich gegenüber der Glossa ordinaria zurück. – (1rb–9vc) Buch 1; (10rb–20vb) Buch 2; (20vb–29vb) Buch 3; (29vb–38rb) Buch 4; (38rb–47rc) Buch 5; (47rc–52vb) Buch 6; (52vb–61rc) Buch 7; (61rc–68vc) Buch 8; (68vc–77vb) Buch 9; (77vb–86rb) Buch 10; (86rb–92rb) Buch 11; (92rb–101vc) Buch 12; (101vc–109rc) Buch 13; (109rc–115vb) Buch 14; (115vb–121vc) Buch 15; (121vc–127rc) Buch 16; (127rc–136rc) Buch 17; (136rc–144rc) Buch 18; (144rc–151avb) Buch 19; (151avc–156vc) Buch 20; (156vc–164vb) Buch 21; (164vb–169rb) Buch 22; (169rb–177rb) Buch 23; (177rb–178vc) Buch 24 (unvollständig durch Blattverlust, bricht ab in Dig. 24.1.23).
Rubrik
1rb [Weitgehend unleserlich:] ›Digestorum […] iuris enucleati […]L[..]A[.]S[.]R[.]‹.
Incipit
1rb Iuri operam daturum prius nosse oportet unde nomen iuris descendat. Est autem ius a iustitia appellatum …
Explicit
178vc … orationem divi Seueri ad rerum donationem pertinere denique si stipulanti spo[pondisset].
Edition
Legaltext: Digestum vetus, Lyon 1627. Die Glosse anscheinend nicht zusammenhängend ediert.


Bearbeitet von
Dr. Christoph Winterer, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 737. Beschreibung von: Dr. Christoph Winterer (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.


Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.