Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 747

Digestum novum cum Glossa ordinaria

Pergament · 2, 227, 1 Bll. · 45,6 × 28,5 cm · Bologna · 2. Drittel 13. Jh.


Schlagwörter (GND)
Römisches Recht / Corpus iuris civilis / Digesta / Infortiatum.
Entstehungsort
Bologna.
Entstehungszeit
2. Drittel 13. Jh.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Pergament.
Umfang
2, 227, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
45,6 × 28,5 cm (am unteren seitlichen Rand angestückelt).
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + 12a + 9 IV72 + (IV-1)79 + III85 + IV93 + III99 + IV107 + III114 + 10 IV193 + V203 + 3 IV227 + (I-1) 228*. Zählfehler: Bl. 120a ungez., 109 übersprungen. Vorderer Spiegel Gegenbl. zu 1a, hinterer zu 228*.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Rechts oben vatikanische Blattzählung: 1–227. Zählung der ungez. Bl. folgt dem Digitalisat (1a, 120a, 228*). Reklamanten von anlegender Hand, zum Teil kurz vor dem Falz, zum Teil gerahmt in der Mitte des unteren Seitenrandes und nicht selten durch die Überklebung verloren. 48v und 107v steht der Reklamant auf einem angestückelten Pergamentstreifen.
Zustand
Durch die (frühe) Anstückelung der Bll. ist der Gesamteindruck unruhig. Im vorderen Bereich viele große Flecken, Pergament hier öfter eingerissen. Gelegentlich Tinte angegriffen.

Schriftraum
38,8 × 25,3 cm.
Spaltenanzahl
Textus inclusus und Klammerglosse jeweils zweispaltig.
Zeilenanzahl
Textus inclusus: 54 Zeilen, Klammerglosse bis zu 115 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Romanische Minuskel im Übergang zur südeuropäischen Textualis (Rotunda). Pecienvermerk 105rb erhalten (fi XXXI).
Buchgestaltung
Seiteneinrichtung der glossierten oberitalienischen Rechtshss.: zweispaltiger Text mit umgebender zweispaltiger Klammerglosse, in der Terminologie von Powitz, Textus, S. 84f., Klammerform des Vier-Spalten-Typs. Am Ende ist wegen des größeren Umfangs der Glosse der Legaltext auf eine Spalte reduziert oder fehlt im Layout völlig. – Anscheinend mit Metallstift vorgezogener, später radierter Schriftspiegel. Bei geringem Platzbedarf die Glosse gelegentlich in Dreiecksform angeordnet. – Grundlinien bis zum Rand durchgezogen. Die Namen der antiken Rechtsgelehrten beginnen mit vor die Kolumne gesetzten Lombarden; sie sind alternierend rot und blau und nur äußerst sparsam mit Fleuronné geschmückt. Anfänge der Leges durch kleine rote Lombarden in der Zeile gekennzeichnet. Caputzeichen und gelegentlich auch große Paragrafenzeichen vor den Zeilen alternierend rot und blau. In der Klammerglosse dienen halbeingerückte alternierend rote und blaue Lombarden als Verweiszeichen auf die Leges.
Buchschmuck
Miniaturen vor allen Büchern in der Kolumne, außer vor Dig. 47, wo 140r die Figur das Interkolumnium füllt. Bis auf 1rb und 140r stehen die Bilder an Stelle des U des in blau-roter ausgezogener Majuskel geschriebenen Namens [U]LPIANUS. Textnahe Darstellungen: 1rb: ein Herrscher spricht zu den am Bau hinter ihnen beteiligten Personen bzw. dem Klagenden, Dig. 39; 19rc: ein Herrscher (jeweils auch Richter) und der Freizulassende vor seinem Thron, Dig. 40; 46rb: ein thronender Herrscher spricht zu einem Mann, der den Bildrahmen umklammert, Dig. 41; 64vb: Halbfigur eines mit CAES. beschrifteten Herrschers, der zu einer Person spricht, Dig. 42; 76rc: Brustbild eines Herrschers (Richters) und eines Mannes, Dig. 43; 94rb: Brustbild eines Herrschers (Richters), Dig. 44; 105rb: Brustbild eines Herrschers (Richters) und eines Mannes, Dig. 45; 120vc: ein thronender Herrscher spricht zu einer vor ihm knienden Person, Dig. 46; 140rc: ein Mann mit zerzausten Haaren und bloßen Füßen hält eine Urkunde nach oben, Dig. 47; 163rc: ein thronender Herrscher spricht zu einem Mann, Dig. 48; 187vb: Brustbild eines Herrschers (Richters), Dig. 49; 202rc: zwei Richter (?) im Gespräch, der eine thronend, der andere stehend, Dig. 50. – An der Zierschrift 202rc in stärkerem Umfang Fleuronné. – 1rb ergänzte aufwendigere Fleuronnéinitiale (s. Nachträge und Benutzungsspuren).

Nachträge und Benutzungsspuren
Die große Fleuronnéinitiale auf fol. 1rb ist eine spätere Hinzufügung von einer wenig eleganten Hand. Vermutlich ist sie Ende des 13. Jhs. in Italien entstanden. Ob dafür Teile der Miniatur entfernt wurden, ist nicht eindeutig feststellbar. – Viele nachträgliche Interlinear- und Marginalglossen von mehreren Händen. Additiones mit dem Kürzel von Dino del Mugello (um 1254–um 1300) in ungewöhnlich großem Ausmaß.

Einband
Pergamentband über Pappe, nach Schunke, Einbände 2.2, S. 850, um 1780 in Rom entstanden. Oben aufgeklebt auf den Rücken barockes helles Signaturschild 747, darunter direkt auf den Rücken der Buchtitel notiert; unten blaues Schildchen mit Pal. lat. 747. Reste der Befestigung zweier Schließschnüre auf beiden Deckeln.
Provenienz
Oberitalienisches universitäres Milieu / Augsburg / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Modernes blaues Signaturschild der Vaticana Pal. lat. 747 auf dem Rücken und auf dem vorderen Spiegel. Auf 1ar notiert Pal. und 747, durchgestrichen darunter 669. Am unteren Rand von 1r 552. Auf dieser Seite am Rand 192. seors., ein Vermerk aus der Bibliothek von Ulrich Fugger (1526–1584), der auf eine Einzelerwerbung des Sammlers schließen lässt (s. Einleitung). Auch auf 2ar mit Rötelstift die Nummer 192 (sowie Digest. novum Tom. III). Mit der Fuggerbibliothek 1567 von Augsburg nach Heidelberg und nach Fuggers Tod in den Besitz des pfälzischen Kurfürsten gelangt. – Auf 2ar auch die Capsa-Nummer C. 62 und darunter die Allacci-Signatur 647 eingetragen sowie von verschiedenen Händen die auf ein unbekanntes Fugger-Inventar zu beziehende Angabe pag. 159.b.F N° 6 und In Iure.
Besonderheiten
Blattränder durchgehend angestückelt.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_lat_747
Literatur
Caprioli, Tre capitoli, S. 365, 368; Giovanni Gualandi, Glosse preaccursiane al „Digestum novum“ in frammenti membranacei della Bibliothèque Royale di Bruxelles (Ms. II, 1768), in: Atti della Accademia Nazionale dei Lincei, Memorie. Classe di Scienze morali, storiche e filologiche Ser. 8, vol. 7, fasc. 6, Rom 1956, S. 290–342, hier S. 298 A. 4; Hanselmann, Bücherschenkung, S. 126, Nr. 2; Lehmann, Fuggerbibliotheken 2, S. 117, 481; Manuscripta juridica, Pal.lat.747; OVL, Pal.lat.747; Pace, Riccardo, S. 65 A. 115; Stevenson, Latini, S. 270.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

1) 1ra–227vb Digitalisat

Beteiligte Personen
Justinian I. (GND-Nr.: 11855896X) / Accursius (GND-Nr.: 100956599).
Titel
Digestum novum cum Glossa ordinaria.
Angaben zum Text
Dritter Teil der von Kaiser Justinian I. in Auftrag gegebenen Rechtssammlung mit der Glossa ordinaria des Accursius (um 1182/85–um 1260/63). – (1rb–19rc) Dig. 39; (19rc–46rb) Dig. 40; (46rb–64vb) Dig. 41; (64vb–76rc) Dig. 42; (76rc–94rb) Dig. 43; (94rb–105rb) Dig. 44; (105rb–120vc) Dig. 45; (120vc–140rc) Dig. 46; (140rc–163rc) Dig. 47; (163rc–187rc) Dig. 48; (187vb–202rb) Dig. 49; (202rc–227rb) Dig. 50 (Glosse endet 227vb).
Incipit
1rb ›Hocedicto permittitur, ut siue iure siue iniuria opus fieret …
Explicit
227rb … Seruus rei publice causa abesse non potest.
Edition
Digestum novum, Lyon 1627.


Bearbeitet von
Dr. Christoph Winterer, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 747. Beschreibung von: Dr. Christoph Winterer (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.


Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.