Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 755
Digestum novum cum Glossa ordinaria
Pergament · 1, 78, 1 Bll. · 40,5 × 27 cm · Frankreich (?) · Mitte 13. Jh.
- Schlagwörter (GND)
- Römisches Recht / Corpus iuris civilis / Digesta / Digestum novum.
- Entstehungsort
- Frankreich (?).
- Entstehungszeit
- Mitte 13. Jh.
- Typus (Überlieferungsform)
- Codex.
- Beschreibstoff
- Pergament.
- Umfang
- 1, 78, 1 Bll.
- Format (Blattgröße)
- 40,5 × 27 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- (I-1)1a + IV8 + 2 V28 + 2 IV44 + (III-1)49 + IV57 + VI69 + (V-1)78 + (I-1)79*. Vermutlich einige Blattverluste nach 49 sowie nach 78. Gegenbll. der Vorsatzbll. 1a und 79* dienen als vorderer oder hinterer Spiegel.
- Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
- Vatikanische Blattzählung rechts oben (1–78). Bei ungez. Bll. folgt die Zählung dem Digitalisat (1a, 79*). Neuere Reklamanten.
- Zustand
- Nach Angaben von Manuscripta juridica auf sehr schlechtem Pergament geschrieben. Viele Löcher und Risse, zum Teil vernäht. Die Ecken von 1–4, Teile von 24 und 30 abgerissen. Bl. 20 unten abgeschnitten. Die ersten und letzten Seiten besonders verschmutzt.
- Schriftraum
- 24,7 × 17,5 cm.
- Spaltenanzahl
- 2 Spalten für den Textus inclusus und 2 für die oft nicht völlig befüllte Rahmenglosse.
- Zeilenanzahl
- 65 Zeilen für den Textus inclusus, extrem schwankend für die Glosse.
- Angaben zu Schrift / Schreibern
- Wohl Textus inclusus und Klammerglosse von einer Hand, Schrift der Klammerglosse wie üblich kleiner. Die wenig kalligraphische, aber nicht wirklich kursive Schrift hat in der Literatur Erstaunen ausgelöst. Dolezalek vermutet die Arbeit eines Notars, und Soetermeer nimmt an, dass es sich „um keine universitäre Handschrift handelt“. Die Schrift ist jedenfalls eine Buchschrift. Es gibt in ihr klare Tendenzen einer Gotisierung wie vorne spitz zulaufende untere Schlaufen beim g und Bogenverbindungen wie or. Die ersten 4 ½ Zeilen auf 1ra stärker kalligraphisch stilisiert (Textualis), ihr Erscheinungsbild französisch mit oben spitzem o, sich gabelnden Schäften und weiter unter die Linie gehendem h.
- Buchgestaltung
- Die für glossierte oberitalienische Rechtshss. entwickelte Seiteneinrichtung: zweispaltiger Text mit umgebender zweispaltiger Klammerglosse, in der Terminologie von Powitz, Textus, S. 84f., Klammerform des Vier-Spalten-Typs. Die Glossenrahmung zum Teil aber nur wenig befüllt. – Anscheinend vorgeritzter Schriftspiegel. Grundlinien bis zum Rand durchgezogen. Später eingefügte Buchzählung im Seitenkopf, beginnend bei I. – Überschriften der Bücher und Tituli in roter Textualis. Nur lib. 39 beginnt 1ra mit einer Initiale, vor den anderen Büchern Platz belassen. Rote zwei- bis dreizeilige Majuskeln am Anfang der Leges. Rote Caputzeichen. Ein benutzbares System der Verweisung von der Glosse auf den Legaltext nicht erkennbar, auch wenn die Glossenabschnitte mit ungewöhnlichen (schwarzen) Zeichen beginnen.
- Buchschmuck
- 1ra am Beginn von Buch 39 Fleuronnéinitiale.
- Nachträge und Benutzungsspuren
- Nur recht selten ergänzende Glossen aus dem Spätmittelalter (v.a. 23v–26v, 30v). Manche Nachträge fast völlig verblichen (z. B. 38v).
- Einband
- Pergamentband über Pappe, nach Schunke, Einbände 2.2, S. 850, um 1780 in Rom entstanden. Oben aufgeklebt auf den Rücken barockes helles Signaturschild 755, darunter direkt auf den Rücken der Buchtitel notiert; unten beschädigtes blaues Schildchen mit Pal. lat. 755. Löcher für zwei Schließschnüre in beiden Deckeln.
- Provenienz
- Venedig / Augsburg / Heidelberg.
- Geschichte der Handschrift
- Blauer Aufkleber mit Pal. lat. 755 auf Rücken und vorderem Spiegel. Auf Vorsatzbl. 1ar außer 755 auch durchgestrichen 667. Unten auf 1r: 550. Zudem auf dieser Seite die Signatur 300 Hen. Der Band stammt offenbar aus der Bibliothek des als Egnatius bekannt gewordenen venezianischen Gelehrten Giovanni Battista Cipelli (1478–1553) und wurde wohl nach dessen Tod vom augsburgischen Büchersammler Ulrich Fugger (1526–1584) erworben. In dem wahrscheinlich von Martin Gerstmann (1527–1585) 1555 in Augsburg für Ulrich Fugger zusammengestellten Katalog dürfte es sich um den letztgenannten Titel handeln: Digestum novum usque ad titulum de quaestionibus (Lehmann, Fuggerbibliotheken 2, S. 78). Demnach dürfte vorliegender Codex zu den Hss. gehört haben, die 1555, wohl auf Vermittlung des Henri Estienne (1531–1598), von Venedig nach Augsburg gelangten, wofür die hen-Signatur stehen dürfte (s. Einleitung). Fuggers Bibliothek wurde 1567 von Augsburg nach Heidelberg transferiert und nach seinem Tod in die Bibliotheca Palatina integriert.
- Besonderheiten
- Präaccursianische Glosse; ungewöhnliches Schriftbild.
- Literatur
- Hanselmann, Bücherschenkung, S.
126, Nr. 3; Lehmann, Fuggerbibliotheken, Bd.
2, S. 483; Manuscripta
juridica, Pal.lat.755; OVL,
Pal.lat.755; Soetermeer, Utrumque ius, S.
325; Stevenson, Latini, S. 272; [Auf der Verwechslung mit Pal. lat. 577
beruht die Erwähnung in Wilfried Hartmann / Jean-Marie
Moeglin, La transmission et l’influence du droit
synodal carolingien, in: Revue historique de droit français et étranger
Ser. 4, 63 (1985), S. 483–497, hier S. 490].
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur
1) 1ra–78vb
- Beteiligte Personen
- Justinian I. (GND-Nr.: 11855896X).
- Titel
- Digestum novum cum glossa, am Ende unvollständig.
- Angaben zum Text
- Dritter Teil der von Kaiser Justinian I. in Auftrag gegebenen Rechtssammlung; kommentiert von einer präaccursianischen Glosse: (1rb–9rb) Dig. 39; (9rb–20vc) Dig. 40; (21rb–29rb) Dig. 41; (29rb–34vb) Dig. 42; (34vb–44rb) Dig. 43; (44rc-49vc) Dig. 44; (50rb–rc) Dig. 45.3.38.3 […] adquirit ita placet et si rem-Dig. 45.3.40; (50rc–60rb) Dig. 46; (60rb–70vb) Dig. 47; (70vb–78vc) Dig. 48.1–Dig. 48.18.1.6 (danach Blattverlust).
- Rubrik
- 1rb ›Domini Iustiniani sacratissimi principis perpetio iuris enucleati ex omni ueteri iure collecti Digestorum‹ […].
- Incipit
- 1rb ›Hoc‹ edicto permittitur ut siue iure siue iniuria opus fieret per nunciationem inhiberetur …
- Explicit
- 78vc … leuiano longuino [recte: leliano longino] resripserunt de seruo haeredum non esse habendas quaestiones [recte: quaestionem] […].
- Edition
- Digestum novum, Lyon 1627.
- Bearbeitet von
- Dr. Christoph Winterer, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.
Zitierempfehlung:
Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 755. Beschreibung von: Dr. Christoph Winterer (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.
- Katalogisierungsrichtlinien
- Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.