Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 77

Theologische Sammelhandschrift

Pergament · 1, 139, 1 Bll. · 24,2–24,4 × 17,2–18,0 cm · Südwestdeutschland / (Heidelberg?) · 15. Jh. (Mitte und 2. Hälfte)


Schlagwörter (GND)
Bibel / Altes Testament / Liturgie / Predigt / Exegese.
Entstehungsort
Südwestdeutschland / (Heidelberg?).
Entstehungszeit
15. Jh. (Mitte und 2. Hälfte).
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Pergament (Vor- und Nachsatzbll. Papier, 1a–2a, 140*).
Umfang
1, 139, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
24,2–24,4 × 17,2–18,0 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + (III-1)5 + 6 IV53 + (IV-1)60 + 8 IV124 + II128 + IV136 + (II-1)139* + (I-1)140*. 1a bildet mit dem Vorderspiegel ein Doppelbl. 2a ist ein Vorsatzbl. des alten römischen Einbands aus Papier, es wurde offenbar als Einzelbl. angefalzt. Die Lagen 16 und 15 sind verbunden: Bl. 3 und 4 sind in der Abfolge bei beiden Lagen vertauscht. 140* bildet mit dem Hinterspiegel ein Doppelbl.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Zeitgenössische Foliierung in roter Tinte ab 6r, d. h. ohne Zählung des nachgetragenen Inhaltsverzeichnisses. Leerseiten mitgezählt aber nicht bezeichnet (.i.–.cxxxio., .cxxxiiio.–.cxxxvo., cxxxviio–cxliiio). Römische Foliierung des 17. Jhs. (1–138), danach erfolgt die Beschreibung. Vor- und Nachsatzbl. sowie das erste Bl. sind nicht gezählt, daher wird hier bei der Beschreibung die Zählung des Digitalisats übernommen.
Zustand
Sauber, Bindung stabil.

Schriftraum
15,7–17,4 × 11,7–12,0 cm.
Spaltenanzahl
2 Spalten; 1 Spalte (Predigt).
Zeilenanzahl
31 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
1r–3v in einer sorgfältig geschriebenen Buchbastarda. Der Haupttext in Textura formata von zwei Händen (6ra–127r, 129ra–138rb).
Buchgestaltung
Seitliche Spaltenbegrenzungen in schwarzer Tinte. Rubriziert. 2–8zeilige Lombarden in Rot oder Blau zu den Textanfängen und zur Gliederung der Hauptabschnitte. Initialen und Versalien sowie Satzmajuskeln rot gestrichelt. 1r–3v abwechselnd rote und blaue Capitula-Zeichen zur Gliederung des Inhaltsverzeichnisses. Im Folgenden zumeist rote und blaue Capitula-Zeichen zur Textgliederung, zum Teil aus der Spalte ausgerückt. 129ra und 133ra 3zeilige blaue Lombarden mit rotem Besatz- und Binnenfleuronné jeweils zum Textbeginn.

Nachträge und Benutzungsspuren
Inhaltsübersicht von einer Hand des ausgehenden (?) 15. Jhs. nachgetragen, von der wohl auch die ältere Foliierung stammt.

Einband
Schmuckloser römischer Einband: helles Pergament über Pappe; nach Schunke, Einbände 2.2, S. 816, um 1930. Rücken mit zwei Signaturschildchen. Die Wappensupralibros des früheren Einbandes (Papst Urban VIII., 1623–1644 und Scipione Cobelluzzi, Kardinalbibliothekar 1618–1626) und der Rückenbezug (Rückenschild: In Cantica Canticorum) jeweils in Goldpressung auf grünem Pergament wurden beim Neueinband ausgeschnitten und zusammen mit der ausgeschnittenen Allacci-Signatur auf dem Vorderspiegel aufgeklebt (vgl. Schunke, Einbände 1, S. 252f.).
Provenienz
Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Vorderspiegel mit Signaturschildchen und aufgeklebter Capsa-Nummer: C. 74, darunter die Allacci-Signatur: 1805. 2ar aktuelle römische Signatur, ältere römische Signatur: 181 [?, gestrichen], durch Tintenfraß beschädigt. 1r ältere römische Signatur am unteren Rand: 49. Die in der Hs. versammelten Texte legen eine Entstehung in Südwestdeutschland nahe, vielleicht sogar in Heidelberg, worauf die Vorlesung bzw. der Kommentar über das Hohelied des Theologen Konrad von Gelnhausen hinweisen könnte. Dieser erhielt 1387 eine Professur an der neu gegründeten Universität Heidelberg und war deren erster Kanzler; er starb am 13. April 1390. Seine der Universität vermachten Buchbestände bildeten den Kern der Universitätsbibliothek. Vgl. Drüll, Gelehrtenlexikon 1, S. 91f.; Miethke, Rektorbücher 1, S. 466–474, Nr. 453. 1623 mit den Bänden der Heidelberger Palatina in die Vatikanische Bibliothek gelangt.
Besonderheiten
Die ‚Lectura super Cantica Canticorum‘ ist hier unikal überliefert.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_lat_77
Literatur
Gugumus, Erforschung, S. 135; Hanselmann, Bücherschenkung, S. 123; Montuschi, biblioteche, S. 314; OVL, Pal.lat.77; Schunke, Einbände 2.2, S. 816; Stevenson, Latini, S. 13; Walz, Konrad, S. 333.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

1) 6ra–123ra Digitalisat

Verfasser
Konrad von Gelnhausen (GND-Nr.: 118713922).
Titel
Lectura super Cantica Canticorum.
Angaben zum Text
Stegmüller, RB 1998 (nach dieser Hs.). Die ‚Lectura‘ ist die einzige erhaltene theologische Schrift Konrads von Gelnhausen, die auch nur unikal in der vorliegenden Abschrift überliefert ist. Eine kritische Edition liegt bislang nicht vor. Vgl. VL 5, Sp. 80 und VL 11, Sp. 877f. CALMA 2, S. 683f. (Hs. genannt). S. auch: https://www.geschichtsquellen.de/autor/1453.
1r–3v Inhaltsverzeichnis.
4r–5v leer.
123v–124v leer.
Incipit
6ra Sapiencia edificauit sibi domum etcetera Prouerbiorum .ix. [Prv 9,1].Reges terre consueuerunt sibi edificare domos [!] ut Salomon …
Explicit
122vb … donec uideant deum deorum in Syon [Ps 83,8] qui est (123ra) super omnia benedictus in secula seculorum. Amen.
Edition
s. Angaben zum Inhalt.

2) 125r–127r Digitalisat

Verfasser
Ps.-Johannes Chrysostomus.
Titel
Sermo de Absalom.
Angaben zum Text
Predigt über Absalom, der seinen Vater David verfolgt (vgl. 2 Sm 15f.). Nicht bei Schneyer. Auch Leo Magnus zugeschrieben. Réginald Grégoire, Les homéliaires du Moyen Age. Inventaire et analyse des manuscrits, Rom 1966, S. 101.
127v–128r leer.
Rubrik
125r ›Sermo beati Johannis Crisostomi de Absolon vbi Dauid patrem persequitur. Et de prelio fugiens ligato gutture arboris ramo suspenditur‹.
Incipit
125r Procedit Absolon scelestissimus mente. [!] perdidit sensum. amisit consilium ...
Explicit
127r … qui seculo nouum scelus per patris exitum uoluit intulisse.Explicit Sermo beati Johannis Crisostomi de Absalon [verbessert aus: Absolon] persequente patrem suum Dauid prophetam domini sanctissimum et regem israhel.‹
Edition
Migne PL Supplement 4, Sp. 690–693 (mit der Rubrik wie in der Hs.).

3) 129ra–133ra Digitalisat

Verfasser
Nicolaus Claraevallensis (GND-Nr.: 100954677).
Titel
Sermo in festo sancti Andreae.
Angaben zum Text
Predigt zum Andreastag von Nikolaus von Clairvaux, dem Sekretär Bernhards von Clairvaux. Schneyer 4, S. 251, Nr. 14 (S1). Die Predigt wird hier Bernhard von Clairvaux zugewiesen und als ‚Tractatus de confessione‘ bezeichnet. Derselbe Text auch in Cod. Sal. VIII,14, 87v–92r (auch dort mit der gleichen fehlerhaften Zuweisung).
Rubrik
129r ›Tractatus beati Bernhardi abbatis de confessione‹.
Incipit
129r Corde creditur ad iusticiam, ore autem confessio fit ad salutem [Rm 10,10] ...
Explicit
133r … et in se credere sponsus ecclesie. filius Marie qui est deus benedictus in secula seculorum amen.
Edition
Migne PL 144, Sp. 828–834 (dort dem Ps.-Petrus Damianus zugewiesen); Migne PL 184, Sp. 1049–1056.

4) 133ra–138rb Digitalisat

Verfasser
Heinrich von Langenstein (GND-Nr.: 118548395).
Weitere beteiligte Personen
Eberhard von Ippelbrunn (Eppelborn).
Titel
Epistula de contemptu mundi ad Eberhardum de Ippelbrunn.
Angaben zum Text
Brief Heinrichs von Langenstein an den Mainzer Domdekan und Freund Eberhard von Ippelbrunn (Eppelborn), in dem Heinrich ihn zur Ernennung zum Domdekan beglückwünscht, ihn aber gleichzeitig zu einer spirituellen Lebens- und einer gewissenhaften Amtsführung ermahnt und vor einer Überschätzung weltlicher Ehren warnt (zur Person Eberhards: Wilhelm Kisky, Die Domkapitel der geistlichen Kurfürsten in ihrer persönlichen Zusammensetzung im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert [Quellen und Studien zur Verfassungsgeschichte des Deutschen Reiches in Mittelalter und Neuzeit 1.3], Weimar 1906, S. 135). F. Falk, Der mittelrheinische Freundeskreis des Heinrich von Langenstein, in: Historisches Jahrbuch 15 (1894), S. 522–524; Georg Kreuzer, Heinrich von Langenstein. Studien zur Biographie und zu den Schismatraktaten unter besonderer Berücksichtigung der Epistola pacis und der Epistola concilii pacis (Quellen und Forschungen aus dem Gebiet der Geschichte N.F. 6), Paderborn 1987, S. 71f. Zu Autor und Werk: Thomas Hohmann/ Georg Kreuzer, Heinrich von Langenstein, in: VL 3, Sp. 763–773, dort Sp. 767; Thomas Hohmann, Initienregister der Werke Heinrichs von Langenstein, in: Traditio 32, 1976, S. 402, Nr. 10; CALMA 5, S. 430, Nr. 4712 (Hs. genannt).
138v–139v leer.
Rubrik
133ra ›Epistola missa domino Eberhardo Yppelborn decano ecclesie Moguntine a magistro Heinrico Langenstein de Hassia dignissimo sacre theologie doctore. exhortatoria ad uitam spiritualem‹.
Incipit
133ra Amicorum sincerissimo uirtutis et scientie meritis Reuerendo domino Eberhardo de Yppelborn ecclesie Moguntine decano. Heinricus de Langenstein dictus de Hassia. suorum minimus felici prosperitate uiuere et secundis successibus semper habundare ...
Explicit
138rb … et humana negocia ad reipublice [!] ciuilis fortunam suis legibus prudenter determinans. ›Explicit epistola exhortatoria ad uitam spiritualem.‹


Bearbeitet von
Dr. Uli Steiger, Dr. Wolfgang Metzger, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 77. Beschreibung von: Dr. Uli Steiger, Dr. Wolfgang Metzger (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.


Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.