Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 775

Formularsammlung

Papier · 1, 386, 1 Bll. · 21,2 × 15,7 cm · Speyer · um 1530–1542


Schlagwörter (GND)
Formularsammlung / Urkunde / Königsurkunde / Papsturkunde.
Entstehungsort
Speyer.
Entstehungszeit
um 1530–1542.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Papier (Bl. 243 Pergament).
Umfang
1, 386, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
21,2 × 15,7 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + VIkc + VII13 + V23 + VI35 + VIII51 + 2 VI75 + (VI+1)88 + 4 VI136 + (VI+1)149 + IX167 + 2 VI191 + (I+1)194 + V204 + VII218 + VI230 + (VI+1)243 + VI255 + IV263 + VII277 + VI289 + (V+2)301 + IV309 + VI321 + (I+2)325 + II329 + III334 + II337 + V347+ (VI+2)360 + (III-3)363 + (I-1)364*. Zur Blattzählung s. u. Die Bll. a–kc wurden mit Hilfe von Streifen aus Japanpapier geheftet, die ursprüngliche Struktur ist nicht erkennbar. Bl. ℓ gehört zur darauffolgenden Lage. Bl. 37–38 nicht aufgeschnitten (?), 38 jedoch bei der Foliierung berücksichtigt. Bl. 88 als Einzelbl. im Regalformat eingeheftet und zweimal gefaltet. Bl. 149 ist ebenfalls ein eingeheftetes Einzelbl. in abweichendem Format (eingefaltet). Bl. 204 wurde durch ein angefalztes Schriftstück ersetzt. Weitere eingefügte Einzelbll. wurden jeweils hinten an der Lage angeheftet (194, 243). 300 und 301 sind Einzelbll., die mit breiten Fälzen (299a, 299b) eingeheftet wurden. Bl. 324 und 325 sind zwei Foliobll. die gestürzt eingeheftet und eingefaltet wurden, ebenso Bl. 334 (Falz sichtbar als 329a), Bl. 356a und Bl. 357.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Die Tintenfoliierung des 16. Jhs. ist nicht konsistent: Die ersten zehn Bll. des vorgebundenen Registers und das letzte Bl. dieser Lage in schwarzer Tinte mit Kleinbuchstaben bezeichnet (a–k und ). Der Rest des Buchblockes mit ursprünglicher Tintenfoliierung, 16. Jh. (1–299, 300–329, 330–336, 337–345, 34, 347–356, 357–363). 357 wegen Faltung auf der Versoseite foliiert. Bei unfoliierten Bll. folgt die Bezeichnung dem Digitalisat (1a, ka–kc, 299a–299b, 329a, 336a, 356a, 364*). Das vorgebundene, zeitgenössische Register nimmt auf die Foliierung Bezug und entstand somit gleichzeitig oder später. Lagenzählung jeweils auf der ersten Seite rechts unten, beginnend auf ℓr mit .G., der letzte Eintrag auf 348r: .H.h. Der Abschnitt vor der G-Lage wurde offenbar zu Pal. lat. 776 gebunden: dort Bl. 220–281 mit der Lagenzählung A–F.
Zustand
sauber und stabil.
Wasserzeichen
Aufgrund des kleinen Formats der Hs. zumeist nicht aufgenommen. Wzz. größerer, gefaltet eingebundener Bll.: Bl. 325 Ochsenkopf ohne Gesichtsmerkmale, darauf Sichel (WZIS: DE2610-PO-63419, Beschriftung belegt für 1531, Speyer). Bl. 356a Krone mit perlenbesetztem Bügel, darauf ein Kreuz (vergleichbar mit WZIS: DE8100-CodTheol253_2).

Schriftraum
16,5–17,3 × 12–13 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
zumeist 17–27 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Humanistica cursiva in wechselnder Ausprägung und von mehreren Händen. 149rv Bastarda cursiva von Johannes Adler d.Ä. (vgl. Pal. lat. 776, 122ar und 219rv). 238r, 239v–241v deutsche Kurrentschrift.
Buchgestaltung
Ohne erkennbare Textraumbegrenzungen und Zeilenlinien. Die Urkundenabschriften kopieren oftmals Gestaltungselemente von Originalurkunden (z. B. 1r, 5r, 137r, 168r, 236r, 293v, 360r). Eingefügte Originale wurden, wenn sie ein größeres Format aufwiesen, oftmals gestürzt und gegebenenfalls gefaltet eingebunden.
Buchschmuck
Wappendarstellungen auf Bl. kr (Federzeichnung) und kv (kolorierter Holzschnitt). Das Wappen auf kr lässt sich dem Reichskammergerichtssekretär Johannes Adler zuschreiben (vgl. etwa Pal. lat. 783, 4ar und Heidelberg, UB, Cod. Pal. germ. 494, 12r). Das kolorierte Wappen auf kv gehörte Johannes Obernburger (um 1486–1552), der ab 1537 leitender Kanzleisekretär Kaiser Karls V. war (vgl. Alfred F. Wolfert, Aschaffenburger Wappenbuch, Aschaffenburg 1983, S. 236 und Tafel 67). Die Titelbll. der thematischen Abschnitte zuweilen mit kalligraphischem Schmuck (z. B. 290r). Gelegentlich wurden Schmuckelemente der kopierten Schreiben in vereinfachter Form wiedergegeben (z. B. 360r).

Nachträge und Benutzungsspuren
Die zahlreichen leeren Seiten sollten offenbar zur Aufnahme weiterer Mustertexte dienen. Ob die eingetragenen Texte in einem Arbeitsgang zusammengefügt wurden oder sukzessive, ist nicht ersichtlich.

Einband
Weißes Pergament auf Pappe. Rom, um 1780. Beide Deckel mit Spuren von je zwei textilen Schließenbändern (entfernt). Glatter Rücken (ursprünglich drei erhabene Doppelbünde, diese jedoch bei Neueinband flachgelegt), oben altes Signaturschild der BAV, Kupferstichkartusche, darin in Rot: 775. Darunter in Bleistift: PAL. Unten das blaue Signaturschild der BAV. Rückenbeschriftung stark abgerieben: [Regulae Cance]ll[ariae] [I]mperialis (vgl. Rückenbeschriftung Pal. lat. 776). Kein Kapitalband. Schunke, Einbände 2,2, S. 850, vgl. ebd. Bd. 1, S. 256.
Provenienz
Augsburg / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Wahrscheinlich wurde auch diese Formelsammlung von Johannes Adler zusammengestellt (* 1510, vgl. Pal. lat. 776, 14r), der ab 1530 am Reichskammergericht in Speyer tätig war (Günther Groh, Personal, S. 9). Von Adler stammen auch das zugehörige Formularbuch Pal. lat. 776, ausserdem Pal. lat. 783 und die deutschsprachigen Sammlungen in Heidelberg, UB, Cod. Pal. germ. 159, Cod. Pal. germ. 178, Cod. Pal. germ. 179, Cod. Pal. germ. 459, Cod. Pal. germ. 460, Cod. Pal. germ. 491, Cod. Pal. germ. 492, Cod. Pal. germ. 493, Cod. Pal. germ. 494, Cod. Pal. germ. 604, Cod. Pal. germ. 783, Cod. Pal. germ. 785, Cod. Pal. germ. 788, Cod. Pal. germ. 824, Cod. Pal. germ. 827, Cod. Pal. germ. 828, Cod. Pal. germ. 829 sowie die kanonistische Sammelhs. Pal. lat. 685. Für einige der Bde. belegen entsprechende Signaturen die Provenienz aus dem Besitz Ulrich Fuggers (Lehmann, Fuggerbibliotheken, Bd. 1, S. 165, Bd. 2, S. 486). Diese Herkunft ist somit auch für Pal. lat. 775 und Pal. lat 776 anzunehmen. Mit der Büchersammlung Ulrich Fuggers nach Heidelberg gelangt. 1623 mit der Heidelberger Palatina nach Rom überführt. ar C. 74/1825 (gestrichen). Entsprechend im Allacci-Register (Pal. lat. 1949, 21v: 1825 Formularium Cancellariae Imperialis 4. C. 74.). Ältere Signaturen der Vaticana: ar 103, 363v 859 (kopfstehend), siehe: Montuschi, Le biblioteche, S. 305. Besitzstempel der BAV: kr, 1r, 361v.
Besonderheiten
Der Bd. ist Teil einer umfangreichen Sammlung von Formularbüchern, zusammengestellt von Johannes Adler (Pal. lat. 776, Pal. lat. 783; Heidelberg, UB, Cod. Pal. germ. 159, Cod. Pal. germ. 178, Cod. Pal. germ. 179, Cod. Pal. germ. 459, Cod. Pal. germ. 460, Cod. Pal. germ. 491, Cod. Pal. germ. 492, Cod. Pal. germ. 493, Cod. Pal. germ. 494, Cod. Pal. germ. 604, Cod. Pal. germ. 783, Cod. Pal. germ. 785, Cod. Pal. germ. 788, Cod. Pal. germ. 824, Cod. Pal. germ. 827, Cod. Pal. germ. 828, Cod. Pal. germ. 829, sowie die kanonistische Sammelhs. Pal. lat. 685).

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_lat_775
Literatur
Bethmann, Nachrichten, S. 342; Gugumus, Erforschung, S. 137; Montuschi, Le biblioteche, S. 305; OVL, Pal.lat.775; Stevenson, Latini S. 277.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

1) ar–ir Digitalisat

Verfasser
Johannes Adler.
Titel
Register.
Angaben zum Text
Alphabetisches Register zu den gesammelten Schriftstücken. Nur sehr wenige Stücke eingetragen, überwiegend nur die Ordnungsbuchstaben. – iv leer.
Incipit
ar Bulla et conservatorium. fol. 1.4.
Explicit
gv … Transsumpt et vidimus. 9.10.

2) krv Digitalisat

Titel
Wappen.
Angaben zum Text
Das Wappen auf kr lässt sich dem Reichskammergerichtssekretär Johannes Adler zuschreiben (vgl. etwa Heidelberg, UB, Cod. Pal. germ. 494, 12r). Das Wappen sowie Anlage und Form der Formularsammlung belegen, dass der Band in eine Reihe mit zahlreichen weiteren Formularbüchern unter den Palatina-Hss. gehört (s. o. zur Geschichte der Handschrift). Das kolorierte Wappen auf kv gehörte Johannes Obernburger (um 1486–1552), der ab 1537 leitender Kanzleisekretär Kaiser Karls V. war.
Edition
Das Wappen Obernburgers abgedruckt in: Alfred F. Wolfert, Aschaffenburger Wappenbuch, Aschaffenburg 1983, S. 236 und Tafel 67.

3) 1r–361v Digitalisat

Beteiligte Personen
Johannes Adler (GND-Nr.: 1021176826) / Karl IV. (GND-Nr.: 118560085) / Friedrich III. (GND-Nr.: 118535773) / Maximilian I. (GND-Nr.: 118579371) / Karl V. (GND-Nr.: 118560093) / Clemens VII. (GND-Nr.: 118723510) / Rüdiger Huzmann (GND-Nr.: 136220231) / Bruno von Saarbrücken (GND-Nr.: 135957699) / Erasmus Desiderius von Rotterdam (GND-Nr.: 118530666) / Alexander Weißenhorn (GND-Nr.: 119865718) / Martín de Salinas (GND-Nr.: 1157647804) / Melchior Pfintzing (GND-Nr.: 100745628) / Johannes Soter (GND-Nr.: 119834731) / Johannes Schott (GND-Nr.: 124577008) / Valentinus Curio (GND-Nr.: 124801277) / Petrus Apian (GND-Nr.: 118645455) / Hartmann Maurus (GND-Nr.: 124617565) / Leopold Dick (GND-Nr.: 124852483) / Johannes Eck (GND-Nr.: 11852870X).
Titel
Formularsammlung.
Angaben zum Text
Die Sammlung umfasst vor allem Stücke aus der kaiserlichen Kanzlei aus der Zeit Kaiser Karls V. und mit Bezug auf diese. Aufgenommen wurden fast durchweg Schreiben in lateinischer Sprache (deutschsprachig: 238r und 239v–241v). Die zahlreichen überwiegend deutschsprachigen Teile der Adlerschen Formularsammlung finden sich heute unter den Codices Palatini germanici der UB Heidelberg (s. o. zur Geschichte der Handschrift). Abschnitte sind zum Teil mit vorgesetzten Titelbll. und Überschriften versehen: (ℓr) BVLLAE AVREAE IMPERIALES. (1r–95r) Verleihung von Privilegien. (52r–63v) PRIVILEGIA calcographorum ad certum tempus. Druckerprivilegien für Johannes Soter, Johannes Schott, Valentinus Curio (Schaffner) und Jacobus Schmydt. Weitere Privilegien für Petrus Apian (Mathematiker, Astrologe) und für Andreas Dietrich (Notar). (64r–78r) Ernennungen zum kaiserlichen comes palatinus für Jakob Merschwein, Leonhard Stockhaimer, Hartmann Maurus, Georg Plaicher. (78r–95r) Privilegien für Bischof Matthias von Seckau, Notariatsprivileg für Marcus Wyld, Leonhard Lang und Leopold Dick (mit eingebundenem Druck und Wappenzeichnung 88rv). – 95v–100v leer. – (101r–149v) Schutzbriefe und Verleihung von Regalien. (113r–135v) Verleihung von Regalien. – 136rv leer. (137r–139r) Schutzprivileg für die Juden Judas filius Calomim, David filius Masulan, Moyses filius Guthihel cum sodalibus, ausgestellt Speyer 1536. (139r–141r) weitere Schutzprivilegien für Speyerer Juden. (141r–144v) Abschriften von Briefen der Speyerer Bischöfe Rüdiger Huzmann (1075–1090) und Bruno (1107–1123), siehe: Gugumus, Erforschung, S. 137. – 145r–148v leer. (149rv) Instrumentum insinuationis, ausgestellt 1512 von einem Johannes Adler, der sich als clericus coniugatus diocesis Herbipolensis bezeichnet, offenbar in seiner Eigenschaft als Notar. Es handelt sich wohl nicht um den Urheber der Formularsammlungen, sondern wahrscheinlich um seinen Vater (vgl. Pal. lat. 776, 122ar und 219rv). – (150r–158v) Schutz- und Geleitbriefe. – 159r–167v leer. – (168r–173r) Schreiben in Erbschaftsangelegenheiten. – 173v–179v leer. – (180r–243v) Schreiben in Pfründenangelegenheiten. Unter anderem: (187r–193r) NOMINATIONES Imperiales wg. Pfründen für Melchior Pfintzing. Dazwischen: (212v–224r) Breve von Papst Clemens VII., 18. Nov. 1530. (243r) Ablassbrief, Pergamentdruck von 1502, handschriftliches Datum: 5. April. (244r–260v) Legitimationes. – 261r–263v leer. – (264r–286v) Vidimus-Urkunden verschiedener Herrscher. – 287r–289v leer. – (290r–309v) INSTRVMENTA ET DOCVMENTA. Darin auch Briefe: (304v–305r) EPISTOLA Erasmi ad Caesarem. Vt fateor, me tue Maiestati plurimum debere … . Druck in: Desiderius Erasmus, Opus epistolarum, Basel 1529, S. 733 (und öfter). (305r–307r) RESPONSIO Caesaris ad Erasmum. Honorabilis devote dilecte … . – (310r–361v) MISSIVAE. Darin u. a.: (324r–325r) Originalschreiben an Martín de Salinas, Orator des Römischen Königs, 1521. (330r–333r) Druck: PROTESTATIO CAESAREE MAIEstatis coram papa et cardinalibus publice facta contra regem Franciae. VD16 D 1113. (350v–351v) SVPPLICATIO IOANNIS Eckij theologipro privilegio Alexandro Weissenhorn impressori decernendo. (360r–361v) INSTRVMENTUM insinuationis imperialis provisionis vel laycalis praebendae. Darunter Eintrag des Notars Cornelius de Cappella mit Notariatssignet. TELOS.
Incipit
1r In nomine sanctae et individuae trinitatis foeliciter. Amen. Karolus quartus […] Et si imperialis benignitatis clementia
Explicit
361v … in fidem et testimonium praemissorum regatus et requisitus et cetera.


Bearbeitet von
Dr. Wolfgang Metzger, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 775. Beschreibung von: Dr. Wolfgang Metzger (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.


Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.