Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 776

Formularsammlung

Papier · 1, 353 Bll. · 16,4 × 13,5 cm · Speyer · um 1530–1552


Schlagwörter (GND)
Formularsammlung / Urkunde / Königsurkunde / Papsturkunde.
Entstehungsort
Speyer.
Entstehungszeit
um 1530–1552.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Papier (Bl. 7a, 8a–9a, 122a, 168, 178a, 219 Pergament).
Umfang
1, 353 Bll.
Format (Blattgröße)
16,4 × 13,5 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1+1)2a + II6a + 17a + I9a + VI10 + V12 + (XIII-2+I)18 + (VI+I)31 + (VI+1)44 + VI56 + (V+I)67 + (VI+I)80 + (VIII+I)95 + VIII109 + (VIII+1+I)125 + (IV+I)134 + (V144+I+I)146 + (VI+I)159 + (IV+1)168 + (V+I)178a + VII192 + VI204 + (VII+I)219 + VI231 + (VI+1)244 + 4 VI292*. Zur Blattzählung s. u. Bl. 1a ist zwischen dem Vorderspiegel und dem Vorsatzbl. 2a befestigt (siehe Nachträge). 2a bildet mit dem Vorderspiegel ein Doppelbl. Größere eingebundene Stücke wurden zumeist als äußeres Doppelbl. um eine Lage gelegt und mit dieser gebunden. 117a (an einem schmalen Papierfalz befestigt) und 117b/117c sind in die Lagenmitte geheftet. Doppelbll. sind: 3[abis]/12[bis]a, 7[bis]/9[bis]a, 18a/31, 31a/44, 56a/67, 67a/80, 80a/95, 117b/117c, 125a/134, 134a/145, 134b/146, 146a/159, 168a/178a, 204a/219. Bl. 95a und 109 wurden zu einem Doppelbl. zusammengeklebt. Der Heftfalz von 122a ist zwischen 112 und 113 zu sehen, der von 168 vor 160r.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Die Tintenfoliierung des 16. Jhs. ist nicht konsistent: Nach den unbezeichneten Bll. des Registers (3a–9a) folgen die Bll. 1–9 sowie zwei unfoliierte Bll. (9b–9c). Nach nur einem bezeichneten Bl. (10) folgen 9 unbezeichnete (10a–10i) und mit Bl. 12 wieder ein foliiertes. Nach 12a–12e (unbezeichnet) kommen die foliierten Bll. 14–15 (letzteres trägt zudem die Nr. 1). Ab dem folgenden Bl. 2[bis] läuft die Foliierung des 16. Jhs. dann im Wesentlichen stringent weiter bis 220, wobei nicht alle eingehefteten Einzelbll. berücksichtigt wurden und alle unvollständigen Seiten (Gegenbll. und Heftfälze der eingefügten Stücke) unbezeichnet blieben. Gefaltete Bll. z. T. auf der Versoseite foliiert. Von 221 bis 290 schließt sich die übliche Tintenfoliierung der Palatini latini an, auch das zunächst wohl nicht bezeichnete Bl. 218 wurde so foliiert (Rom, 17. Jh.). Die Bezeichnung der nicht foliierten Bll. folgt dem Digitalisat (1a–9a, 9b–c, 10a–10i, 12a–12e, 31a, 56a, 67a, 80a–80b, 94a, 95a, 105a, 117a–117c, 122a, 125a, 128a, 134a–134b, 146a, 168a, 178a, 204a, 291*–292*) ebenso die entsprechenden Ergänzungen bei doppelt vergebenen Zahlen (2[bis], 3[abis], 4[bis]–9[bis], 9[bis]a–9[bis]b, 10[bis], 12[bis], 12[bis]a, 14[bis]–15[bis]). 220r–281r liegt eine Lagenzählung vor (A–F, jeweils erste Rectoseite unten rechts). Dieser Abschnitt dürfte ursprünglich zu Pal. lat. 775 gehört haben, wo die Lagenzählung ℓr mit G beginnt.
Zustand
sauber und stabil.
Wasserzeichen
Aufgrund des kleinen Formats der Hs. zumeist nicht aufgenommen. Wzz. größerer, gefaltet eingebundener Bll.: Bl. 1a Bär um 90° gedreht, mit Zunge, mit Halskontur, Pranken (vergleichbar WZIS: DE2610-PO-84137). Bl. 31, 80, 145 Wappen, Buchstabe G und Kreuz (einkonturig), darüber Buchstabe: Minuskel-r (ähnlich WZIS: DE8085-PO-27910). Bl. 44, 95 Ochsenkopf ohne Gesichtsmerkmale, darauf Sichel (WZIS: DE2610-PO-63419, Beschriftung belegt für 1531, Speyer). Bl. 67, 117a Bügelkrone zweikonturig, Bügel mit Perle und Blatt, Bogen ohne Perlen (ähnlich WZIS: DE5400-PO-52002). Bl. 134r Bär um 90° gedreht, mit Zunge, Pranken (ähnlich WZIS: DE8085-PO-83982).

Schriftraum
20,6 × 16 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
zumeist 17–27 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Humanistica cursiva in wechselnder Ausprägung und von mehreren Händen. 122ar, 219rv Bastarda cursiva von der Hand Johannes Adlers d.Ä. (wie Pal. lat. 775, 149rv).
Buchgestaltung
Ohne erkennbare Textraumbegrenzungen und Zeilenlinien. Die Urkundenabschriften kopieren oftmals Gestaltungselemente von Originalurkunden (z. B. 236r, 257v, 258v). Eingefügte Originale wurden oftmals gestürzt und gegebenenfalls gefaltet eingebunden.
Buchschmuck
Die Titelbll. der thematischen Abschnitte zuweilen mit kalligraphischem Schmuck (z. B. 290r). Gelegentlich wurden Schmuckelemente der kopierten Schreiben in vereinfachter Form wiedergegeben (z. B. 360r). 8ar und 221r finden sich kleine figürliche Zeichnungen. Die Stadtansicht mit Stadtmauer und einer Kirche mit spitz bekröntem Turm 221r erinnert etwas an Motive in den Stadtansichten von Speyer von der Rheinseite, wie sie sich etwa in den publizierten Ansichten von Sebastian Münster und Matthäus Merian dem Älteren finden.

Nachträge und Benutzungsspuren
Die zahlreichen leeren Seiten sollten offenbar zur Aufnahme weiterer Mustertexte dienen. Ob die eingetragenen Texte in einem Arbeitsgang zusammengefügt wurden oder sukzessive, ist nicht ersichtlich. Das heute direkt nach dem Vorderspiegel befestigte Bl. 1a war lose zwischen Bll. 120 und 121 vorgefunden worden und wurde hier gesichert (Vorderspiegel: trovato tra i ff. 120–121). Das Konzeptbl. mit zahlreichen Streichungen und Einfügungen ist ein Fragment, der Anfang fehlt, 1av datiert: Augsburg, 8. Okt. 1547. Das Schriftstück 128arv, wohl auch ein Konzept, wurde als Einzelbl. eingeheftet und ist ebenfalls 1547 datiert, so wie der Nachtrag 55v–56r. Das Doppelbl. aus Pergament 8–9 trägt die Jahreszahl 1545. Diese Stücke entstanden später als der Großteil der Sammlung, jedoch früher als das nachgetragene Wappen von Johannes Adler 14r (vgl. etwa Heidelberg, UB, Cod. Pal. germ. 494, 12r und Pal. lat. 775, kr). Adler setzte dort unter die Wappenbilder das Jahr 1552 und den Zusatz Aetatis 42 aus dem sich sein Geburtsjahr 1510 ableiten lässt. An einigen der eingebundenen Originale finden sich Spuren entfernter Siegel (7av, 31v, 95av, 145v).

Einband
Weißes Pergament auf Pappe. Rom, um 1780. Beide Deckel mit Spuren von je zwei textilen Schließenbändern (entfernt). Rücken mit drei erhabenen Doppelbünden. Oben altes Signaturschild der BAV, Kupferstichkartusche, darin in Rot: 776. Darunter in brauner Tinte 497 (gestrichen), dann die Rückenbeschriftung: Regulae cancellariae imperialis (vgl. Rückenbeschriftung Pal. lat. 775). Unten das blaue Signaturschild der BAV. Kapital mit braunen und gelben Seidenfäden umwickelt. Schunke, Einbände 2,2, S. 850, vgl. ebd. Bd. 1, S. 256.
Provenienz
Augsburg / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Auch diese Formelsammlung wurde von Johannes Adler zusammengestellt (* 1510, s. Nachträge), der ab 1530 am Reichskammergericht in Speyer tätig war (Groh, Personal, S. 9). Von Adler stammen auch das zugehörige Formularbuch Pal. lat. 775, ausserdem Pal. lat. 783 und die deutschsprachigen Sammlungen in Heidelberg, UB, Cod. Pal. germ. 159, Cod. Pal. germ. 178, Cod. Pal. germ. 179, Cod. Pal. germ. 459, Cod. Pal. germ. 460, Cod. Pal. germ. 491, Cod. Pal. germ. 492, Cod. Pal. germ. 493, Cod. Pal. germ. 494, Cod. Pal. germ. 604, Cod. Pal. germ. 783, Cod. Pal. germ. 785, Cod. Pal. germ. 788, Cod. Pal. germ. 824, Cod. Pal. germ. 827, Cod. Pal. germ. 828, Cod. Pal. germ. 829 sowie die kanonistische Sammelhs. Pal. lat. 685. Für einige der Bde. belegen entsprechende Signaturen die Provenienz aus dem Besitz Ulrich Fuggers (Lehmann, Fuggerbibliotheken, Bd. 1, S. 165, Bd. 2, S. 486). Diese Herkunft ist somit auch für Pal. lat. 775 und Pal. lat. 776 anzunehmen. Bei zwei eingefügten Stücken aus dem Jahr 1508 merkte Adler an, dass sie von der Hand seines Vaters geschrieben wurden (122ar hec scriptura continet literas amantissimi patris; 219rv manu et scriptura olim patris). Von der selben Hand stammt eine auf 1509 datierte Urkunde in Pal. lat. 775 (149rv), die von dem Notar und clericus coniugatus der Diözese Würzburg Johannes Adler ausgestellt wurde. Zusammen mit der Unterschrift unter dem Wappen des Titelbl. 14r 1552 aetate sua 42, ergeben sich somit einige Informationen zur Person des Kammergerichtssekretärs Johannes Adler. Mit der Büchersammlung Ulrich Fuggers in die Heidelberger Palatina überführt. 1623 mit dieser in die vatikanische Bibliothek verbracht. 3ar Capsa-Nummer: C. 68. Im Allacci-Register (Pal. lat. 1949, 45v: 1063 Regulae cancelleriae imperialis. 4. C. 68). Ältere Signaturen der Vaticana: 2ar 732 [gestrichen] darüber die aktuelle Signatur, am unteren Seitenrand: 457. Auf 4av und 292*v: 855 (jeweils kopfstehend). Besitzstempel der BAV: 1ar, 7av, 8ar, 2r, 19r, 58r, 61v, 68v, 75r, 82r, 96r, 104v, 109r, 111r, 119v, 120r, 121r, 128v, 128ar, 134r, 138r, 146v, 159r, 168r, 170r, 173v, 174r, 178ar, 219r, 232r, 236r, 243r, 245r, 254v, 257r, 273r, 289v, 290r. Die zahlreichen Besitzstempelabdrücke lassen darauf schließen, dass die Hs. bis zum Neueinband (s. o. Einband) aus losen oder doch nicht fest verbundenen Faszikeln und Einzelbll. bestand.
Besonderheiten
Der Bd. ist Teil einer umfangreichen Sammlung von Formularbüchern, zusammengestellt von Johannes Adler (Pal. lat. 775 und Pal. lat. 783; Heidelberg, UB, Cod. Pal. germ. 159, Cod. Pal. germ. 178, Cod. Pal. germ. 179, Cod. Pal. germ. 459, Cod. Pal. germ. 460, Cod. Pal. germ. 491, Cod. Pal. germ. 492, Cod. Pal. germ. 493, Cod. Pal. germ. 494, Cod. Pal. germ. 604, Cod. Pal. germ. 783, Cod. Pal. germ. 785, Cod. Pal. germ. 788, Cod. Pal. germ. 824, Cod. Pal. germ. 827, Cod. Pal. germ. 828, Cod. Pal. germ. 829 sowie die kanonistische Sammelhs. Pal. lat. 685.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_lat_776
Literatur
Bethmann, Nachrichten, S. 342; Gugumus, Erforschung, S. 137; OVL, Pal.lat. 776; Stevenson, Latini, S. 277.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

1) 6ar–1r Digitalisat

Titel
Register.
Angaben zum Text
Die vorgesetzten leeren Bll. sollten sehr wahrscheinlich ein alphabetisches Register zu den gesammelten Schriftstücken aufnehmen (vgl. Pal. lat. 775, ar–ir). Darauf deuten auch die eingetragenen Ordnungsbuchstaben auf 6ar und 8ar hin (das A auf 3av ist ein Abklatsch). Es wurden jedoch keine Eintragungen vorgenommen. 7a und 8a sind Versatzstücke, die hier eingebunden wurden: (7arv) Urkunde datiert: Konstanz 1525, genannt: Wolfgang Schaff. Spuren eines entfernten Siegels, Federproben. (8ar) Memento mori et in aeternum non peccabis [Sir 7,40], 1545 Wor[matia(?)], darunter in hebräischer Schrift: ברוה אליי. Das Aleph und das Lamed sind wohl als Ligatur geschrieben. Die Zeichen sind vokalisiert: unter dem Beth ein qamats gadol, über dem Vaw ein cholem, über dem He wahrscheinlich ein rafe, unter dem Aleph ein zere. Der Sinn bleibt jedoch unklar.

2) 1v–290r Digitalisat

Beteiligte Personen
Johannes Adler (GND-Nr.: 1021176826) / Niklas Ziegler (GND-Nr.: 119532565) / Sigismund (GND-Nr.: 118614185) / Kaspar Schlick (GND-Nr.: 118795139) / Friedrich II. (GND-Nr.: 118535765) / Karl IV. (GND-Nr.: 118560085) / Maximilian I. (GND-Nr.: 118579371) / Karl V. (GND-Nr.: 118560093).
Titel
Formularsammlung.
Angaben zum Text
Die Sammlung umfasst vor allem Stücke aus der kaiserlichen Kanzlei. Die datierten Schreiben stammen überwiegend aus der Zeit von 1530 bis 1541. Einzelne Stücke geben jedoch auch Urkunden des 13. bis 15. Jhs. wieder (s. u.), an drei Stellen finden sich die Jahre 1545 und 1547. 55v–56r dürfte ein Nachtrag sein, das Schriftstück 128arv, wohl ein Entwurf, wurde als Einzelbl. eingeheftet. Aufgenommen wurden ausschließlich Schreiben in lateinischer Sprache. Die zahlreichen deutschsprachigen Teile der Adlerschen Formularsammlung finden sich heute unter den Codices Palatini germanici der UB Heidelberg (s. zur Geschichte der Handschrift). Pal. lat. 776 weist eine thematische Ordnung auf, die zumeist an den Zwischenüberschriften ablesbar ist: (1v–12ev) Titulaturen und Anredeformeln für Briefe; (14r) Titelbl. mit Wappenzeichnung (s. zur Geschichte der Hs.). FORMVLAE et regulae cancelleriae imperialis; (1r/15r–56v) Citationes; (57r–67v) Inhibitiones; (68r–80v) Compulsoriales, ad aedendum acta et cetera; (81r–95av) Commissiones; (96r–109v) Executoriales; (110r–134v) Mandata poenalia; (135r–146v) Promotoriales; (147r–168v) LITERAE INDVLTI ET COMPASSVS; (169r–219v) LITERAE sentenciarum; (220r–221v) Literae armorum; (222r–231v) Melioratio armorum cum scuto (unter diesem Titel keine Einträge); (232r–290r) Confirmationes privilegiorum. Bestätigungen von Privilegien für Personen und Institutionen, auch vergangener Jahrhunderte, z. T. mit Nachzeichnung der Monogramme: (245rv) Kaiser Sigismund für seinen Kanzler Kaspar Schlick; (257rv) Kaiser Friedrich II.; (258rv) Kaiser Karl IV.; (259r–260r) Kaiser Karl IV., 1385; (263v–290r) weitere Bestätigungen von Maximilian I. bis Karl V.
Incipit
1v Anno domini M.D.XXo die vero XXVII mensis Octobris, illustrissimus
Explicit
290r … ad mandatum domini regis in consilio, Nicelas Ziegler.


Bearbeitet von
Dr. Wolfgang Metzger, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 776. Beschreibung von: Dr. Wolfgang Metzger (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.


Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.