Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 779

Zusammengesetzte Handschrift

Papier · 98, 1 Bll. · 30 × 20,4 cm · Oberdeutschland / Heidelberg (?) / Leipzig (?) · 1430er–1440er Jahre / 1430er Jahre / Mitte 15. Jh.


Schlagwörter (GND)
Römisches Recht / Kanonisches Recht / Verzeichnis / Rechtsbegriff / Corpus iuris civilis / Incipit / Rezeptur / Predigt.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Papier.
Umfang
98, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
30 × 20,4 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
Hs. aus 3 Faszikeln zusammengesetzt (I. Bll. 1–72; II. Bll. 73–84; III. Bll. 85–98). … + (I-1)99*. Vorderspiegel ohne Gegenbl., Hinterspiegel Gegenbl. von 99*.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Römische Foliierung des 17. Jhs. (1–98). Nachsatzbl. ungez., weshalb hier Zählung des Digitalisats übernommen wird (99*).
Zustand
Am oberen Rand leicht stockfleckig. 15–24 leichter Wasserschaden am unteren Rand. Im ersten Faszikel bis auf das erste Bl. kaum Flecken; im Wesentlichen recht gut erhalten. Der zweite Faszikel mit deutlich gebräunterem Papier, stärker verblasster Tinte und mehr Flecken. Im dritten Faszikel zumindest Tinte wieder besser erhalten.


Einband
Pergamentband über Pappe, nach Schunke, Einbände 2.2, S. 850, um 1780 in Rom entstanden. Löcher für Schließbänder in den Deckeln noch vorhanden. Gelb-kupferfarbenes Kapital. Auf dem Rücken oben aufgeklebt blaues Signaturschild, darunter direkt auf den Rücken der Buchtitel notiert, Remissorium aureum, darunter 779.
Provenienz
Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Modernes blaues Signaturschild der Vaticana Pal. lat. 779 auf dem vorderen Spiegel, nebst aktueller Signatur. Auf 1r Capsa-Nummer C. 104., darunter Allacci-Signatur 1835, ferner Altsignaturen 936 [durchgestrichen] und 589 von Hand des 17. Jhs.: Remissorium aureum et cetera. Alle drei Faszikel entstanden zwischen den 1430er und 1450er Jahren, wobei Heidelberg und Leipzig als zwei wahrscheinliche Entstehungsorte angenommen werden können. Die Hand, welche den letzten, wohl in Leipzig entstandenen Faszikel schrieb, fertigte auch einen Teil des zweiten, wohl in Heidelberg geschriebenen Faszikels und versah auch den ersten Faszikel mit Anmerkungen. Demnach dürfte es sich bei dieser Hand um den Eigentümer handeln, der die drei Faszikel vereinigte und bei dem es sich um einen Studenten oder Gelehrten handeln dürfte, der sich in Heidelberg und Leipzig aufhielt.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_lat_779
Literatur
Emil Seckel, Rezension, in: Zentralblatt für Bibliothekswesen 36 (1919), S. 273–279, hier S. 277, Nr. 21; Stevenson, Latini, S. 278.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Faszikel I (Bl. 1–72)

Sachtitel / Inhalt
Remissorium aureum utriusque iuris secundum alphabetum.
Entstehungsort
Oberdeutschland.
Entstehungszeit
1430er–1440er Jahre.
Typus (Überlieferungsform)
Faszikel.
Beschreibstoff
Papier.
Umfang
72 Bll.
Format (Blattgröße)
30 × 20,4 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
6 VI72.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
s. zum Codex.
Wasserzeichen
Ochsenkopf mit Augen sowie zweikonturiger Stange und sechsblättriger Blume und einkonturigem Stern als Oberzeichen, auf Bll. 2-12, 49–72, ähnlich Wzz. von Papieren, die laut WZIS 1437 in Gufidaun beschrieben wurden, DE5580-Clm6489_271; Ochsenkopf mit Augen sowie zweikonturiger Stange und Kleeblatt / Dreiblatt, auf Bll. 13-44, vergleichbar mit Wzz. von Papieren, die laut WZIS 1445 in Ellwangen verwendet wurden, DE8085-PO-69638.

Schriftraum
21,5 × 14 cm.
Spaltenanzahl
2 Spalten.
Zeilenanzahl
40–43 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Von einer Hand in einer flüchtig ausgeführten Bastarda.
Buchgestaltung
Schriftraum mit Tinte vorgezogen. Jeder neue Buchstabe mit Rubrik und roter Lombarde eingeleitet, in der Regel mit Knospenfleuronné im Binnenfeld und ablaufenden Stäben und Fäden. Lemmata rot unterstrichen.
Buchschmuck
s. Buchgestaltung.

Nachträge und Benutzungsspuren
Korrekturen und Anmerkungen von mehreren, wohl zeitgenössischen Händen, darunter auch jene, die das medizinische Rezept auf 83v und den dritten Faszikel ausführte. Wenige grafische Verweiszeichen.

Provenienz
Heidelberg.
Geschichte des Faszikels
Die verwendeten Papiere lassen vermuten, dass der Faszikel in den 1430er oder 1440er Jahren in Oberdeutschland entstand.

1) 1ra–72vb Digitalisat

Verfasser
Arnold Gheyloven (GND-Nr.: 102466424).
Titel
Remissorium aureum utriusque iuris secundum alphabetum.
Angaben zum Text
Bricht ab innerhalb des Buchstabens O: (1ra–8rb) Buchstabe A; (8rb–9vb) Buchstabe B; (9vb–19va) Buchstabe C; (19vb–24ra) Buchstabe D; (24ra–38vb) Buchstabe E; (38vb–41vb) Buchstabe F; (41vb–42rb) Buchstabe G; (42rb–44ra) Buchstabe H; (44ra–57rb) Buchstabe I; (57va–62va) Buchstabe L; (62va–69vb) Buchstabe M; (69vb–71va) Buchstabe N; (71va–72vb) Buchstabe O.
Incipit
1ra ›Aa: Aliquando excludit, aliquando includit, ut notat Archidiaconus XXXI. d. Qualiter et deferys
Explicit
72vb … ›Oratoriumhiis an possit missas … [Text bricht ab].

Faszikel II (Bl. 73–84)

Sachtitel / Inhalt
Juristische Texte.
Entstehungsort
Heidelberg (?).
Entstehungszeit
1430er Jahre.
Typus (Überlieferungsform)
Faszikel.
Beschreibstoff
Papier.
Umfang
12 Bll.
Format (Blattgröße)
30 × 20,4 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
VI84.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
s. zum Codex.
Wasserzeichen
Ochsenkopf mit Augen sowie zweikonturiger Stange (Stangenende zweikonturig) und siebenblättriger Blume, auf Bll. 74–78, 84, ähnlich Wzz. von Papieren, die laut WZIS 1431 in Braunschweig beschrieben wurden, DE1335-PO-70064.

Schriftraum
22,5 × 14 cm.
Spaltenanzahl
2 Spalten.
Zeilenanzahl
44–64 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Die Texte wurden von mehreren Händen ausgeführt, wobei sich die erste Hand einer kalligrafisch mit Anspruch behafteten Bastarda bediente (73ra–83va), während die folgenden Texte in einer flüchtig niedergeschriebenen gotischen Gebrauchsschrift gehalten sind. Der Schreiber, welcher für das medizinische Rezept auf 83v verantwortlich zeichnete, führte auch Faszikel III aus.
Buchgestaltung
Schriftraum mit Tinte vorgezogen. Rote Durchstreichungen und Paragrafenzeichen. Auf 84r Quaestiones auf den Seitenrändern in Rot.
Buchschmuck
s. Buchgestaltung.

Nachträge und Benutzungsspuren
Wenige Anmerkungen von anderer zeitgenössischer Hand.

Geschichte des Faszikels
Die Tituli, Beschreibungen der Sammlungen und Rechtssätze des Kanonischen und Römischen Rechts sowie das medizinische Rezept finden sich in ebenjener Abfolge auch in der Freiburger Hs. 163, die zudem einen Bezug zur Universität Heidelberg aufweist (Die lateinischen mittelalterlichen Handschriften der Universitätsbibliothek [Hs. 1–230], beschrieben von Winfried Hagenmaier, Wiesbaden 1974 [Kataloge der Universitätsbibliothek Freiburg im Breisgau 1,1], S. 143–148), weshalb anzunehmen ist, dass auch vorliegender Faszikel in Heidelberg entstanden sein könnte, was entsprechend der Wzz. in den 1430er Jahren geschehen sein dürfte.

2) 73ra–83rb Digitalisat

Titel
Register von Tituli verschiedener Rechtsbücher.
Angaben zum Text
(73ra–75vb) Tituli zum Digestum vetus, Digestum novum und Infortiatum; (75vb–80vb) Tituli zum Codex Iustinianus; (81ra–81rb) Tituli zu den Institutiones Iustiniani; (81va–82vb) Tituli und Collationes zum Authenticum; (83ra–83rb) Tituli zu den Libri feudorum.
Rubrik
73ra ›Jncipiunt tituli legum secundum ordinem alphabeti‹.
Incipit
73r Et primo tituli Digestorum …
Explicit
83rb … vasallo qui contra constitutionem Lotharii feodum alienatum.

3) 83rb–83vb Digitalisat

Titel
Beschreibungen der Sammlungen und Rechtssätze des Kanonischen und Römischen Rechts.
Incipit
83rb Nota: Ecclesiastica constitutio quando dicitur canon quando Decretum
Explicit
83vb … qui dicitur Clementina.

4) 83vb Digitalisat

Titel
Initien juristischer Texte.
Rubrik
83vb ›Jnjcia liberorum‹.
Incipit
83vb Apparatus Innocencij incipit: Legitur in Ezechahele
Explicit
83vb … Nouella Johannis Andree super Sexto incipit: Cum eram paruulus, loquebar ut paruulus, cum autem factus sum vir evacuaui que erant paruuli, j Ad Chorinthos xiij.

5) 83vb Digitalisat

Titel
Medizinisches Rezept.
Incipit
83vb Si crus est jnflatum et non wlneratum
Explicit
83vb … per noctem et mane continua.

6) 84ra–84v Digitalisat

Titel
Conclusiones iuridice.
Incipit
84r ›Questio prima: In ciuitate. Conclusio prima: Census realis ut in domo ante contractum constitutus
Explicit
84va … seu pecunia.

Faszikel III (Bl. 85–98)

Sachtitel / Inhalt
Predigten.
Entstehungsort
Leipzig (?).
Entstehungszeit
Mitte 15. Jh.
Typus (Überlieferungsform)
Faszikel.
Beschreibstoff
Papier.
Umfang
14 Bll.
Format (Blattgröße)
30 × 20,4 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
VI96 + I98.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Ursprüngliche zeitgenössische Foliierung noch vorhanden (15–26), nebst der römischen des 17. Jhs. (s. zum Codex).
Wasserzeichen
Ochsenkopf mit Augen und rundem Kinn sowie zweikonturiger Stange und sechsblättriger Blume, auf Bll. 85-97, vergleichbar mit Wzz. von Papieren, die laut WZIS 1448 in St. Emmeram Verwendung fanden, DE5580-Clm14810_18/19.

Schriftraum
23,5 × 17,5 cm.
Spaltenanzahl
2 Spalten.
Zeilenanzahl
55–57 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Relativ flüchtig ausgeführte gotische Kursive von einer Hand, die auch das medizinsche Rezept auf 83v und den ersten Faszikel u. a. mit Anmerkungen versah.
Buchgestaltung
Schriftraum mit Tinte vorgezogen. Jede Predigt mit roter Lombarde eingeleitet, in der Regel mit Knospenfleuronné im Binnenfeld und ablaufenden Stäben und Fäden. Ferner rote Paragrafenzeichen und Unterstreichungen, Letztere auch in Schwarz. Einzelne Abschnitte auf den Seitenrändern mit Buchstaben durchgezählt.
Buchschmuck
s. Buchgestaltung.

Provenienz
Heidelberg.
Geschichte des Faszikels
Die nachgetragene Predigt dürfte an der Universität Leipzig gehalten worden sein, so heißt es auf 98r: alma nostra Lipcensis vniuersitas, weshalb anzunehmen ist, dass dieser Faszikel auch dort entstand.

7) 85r–98r Digitalisat

Titel
Predigten.
Angaben zum Text
(85r–95v) Predigten (davon nachweisbar bei Schneyer: [86v] 9, 405; [86v–87r] 4, 263; [87r–87v] 7, 402; [88r] 4, 264; [89v] 9, 402); (96r–98r) Inhaltsverzeichnis.
Incipit
85r … [Anfang verloren] diligit fratrem suum
Weiteres Initium
85r Dico vobis quia plorabitis et flebitis vos mundus autem gaudebit, Iohannes xvio. Meritum et
Explicit
95v … qui placet deo effugiet eam. Amen.

8) 98r–98v Digitalisat

Titel
Predigt.
Angaben zum Text
An der Universität Leipzig gehaltene Predigt.
Incipit
98r Aue Maria, gratia plena, dominus tecum. Reverendissime pater et domine gratiose auribus nostris audiuimus et celebri fama wlgatum est …
Explicit
98v … et vitam conferat sempiternam Ihesus Christus Marie filius, qui est deus in secula benedictus. Amen.


Bearbeitet von
Dr. Thorsten Huthwelker, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 779. Beschreibung von: Dr. Thorsten Huthwelker (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.


Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.