Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 781
Otto Papiensis, Ordo iudiciorum ‚Olim‘
Pergament · 1, 76, 1 Bll. · 30 × 21 cm · Frankreich / Bologna (?) · um 1200
- Schlagwörter (GND)
- Kanonisches Recht / Römisches Recht / Prozessrecht.
- Entstehungsort
- Frankreich / Bologna (?).
- Entstehungszeit
- um 1200.
- Typus (Überlieferungsform)
- Codex.
- Beschreibstoff
- Pergament.
- Umfang
- 1, 76, 1 Bll.
- Format (Blattgröße)
- 30 × 21 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- (I-1)1a + 9 IV72 + II76 + (I-1)77*. Vorderspiegel Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von 77*.
- Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
- Römische Foliierung des 17. Jhs. (1–76). Vor- und Nachsatzbl. ungez., weshalb hier Zählung der Digitalisate übernommen wird (1a, 77*).
- Zustand
- Pergament verschmutzt mit zahlreichen Flecken, v.a. auf den ersten Bll., Tinte berieben. Viele Löcher, die allerdings bereits vor der Niederschrift vorhanden waren.
- Schriftraum
- 19,5–23,9 × 12 cm.
- Spaltenanzahl
- 4 Spalten.
- Zeilenanzahl
- 44–55 Zeilen (Textus inclusus).
- Angaben zu Schrift / Schreibern
- Textus inclusus und Glosse wurden von mehreren Händen ausgeführt.
- Buchgestaltung
- Zeilengerüst mit Metallstift vorgezogen. Die für glossierte oberitalienische Rechtshss. entwickelte Seiteneinrichtung mit zweispaltigem Text und umgebender zweispaltiger Klammerglosse, in der Terminologie von Powitz, Textus, S. 84f., Klammerform des Vier-Spalten-Typs, liegt hier zugrunde, wobei diese Form sich gerade erst zu etablieren scheint. Beim ersten Ordo sind die Texte der Glossen noch nicht stringent auf die bereits vorgezeichneten Linien geschrieben, beim zweiten Ordo ist dies bereits wesentlich stärker ausgeprägt. Zuordnung von Textus inclusus und Glosse mittels Verweiszeichen. An den Anfängen rote Lombarden als teilweise eingerückte Initialmajuskeln oder aber als Satzmajuskel mit jeweils vorgeschalteter Rubrik. Im zweiten Ordo nicht mehr konsequent weitergeführt, die farbliche Gestaltung endet mit 67v. Dahingegen sind im zweiten Ordo die Abschnitte mit Buchstaben durchgezählt.
- Buchschmuck
- s. Buchgestaltung.
- Nachträge und Benutzungsspuren
- Aufgrund der unterschiedlichen Hände schwer zu entscheiden, ob nachträglich Glossen eingefügt wurden.
- Einband
- Pergamentband über Pappe, nach Schunke, Einbände 2.2, S. 850, um 1780 in Rom entstanden. Löcher für Schließbänder in den Deckeln noch vorhanden. Aktuelle Signatur in Blau auf Vorderdeckel geschrieben. Gelb-kupferfarbenes Kapital. Auf dem Rücken oben blaues barockes Signaturschild 781, darunter in Blau Pal, schließlich Titel mit Tinte auf Rücken notiert: Summa de edendo, unten blaues Signaturschild Pal. lat. 781.
- Provenienz
- Augsburg / Heidelberg.
- Geschichte der Handschrift
- Modernes blaues Signaturschild der Vaticana Pal. lat. 781 auf dem vorderen Spiegel. Auf Vorsatzbl. 1ar aktuelle Signatur in Blau und mit schwarzer Tinte nebst Altsignatur 757 [durchgestrichen], weitere, 588, auf 1r. Der Codex beinhaltet den Ordo iudiciorum ‚Olim‘ in doppelter Ausführung. Lehmann, Fuggerbibliotheken 2, S. 486 und in der Folge auch Gouron, Sur les formules, S. 49 nahmen Frankreich als Entstehungsraum der Hs. an, was für den Textus inclusus insbesondere aus paläografischer Hinsicht plausibel erscheint. Allerdings hat bereits Fowler-Magerl, Ordo, S. 79 auf die Bologneser Glossen hingewiesen. Darüber hinaus deutet ein weiteres Indiz auf ein Verweilen der Hs. in Bologna hin: Auf 40r werden die beiden Kirchen Uictoris et Johannis de Monte genannt und Kirchen mit just diesen Namen stehen in Bologna und erhielten mehrfach von Päpsten gemeinsam ihre Privilegien in einer Urkunde bestätigt (Iter Italicum, Bd. 1, bearb. von Julius Pflugk-Harttung, Stuttgart 1883, Nr. 771, 818, 850), was auf eine Verbindung der beiden Institutionen schließen lässt. Diese beiden Aspekte sprechen dafür, dass die Glossen in Bologna ergänzt wurden. Späterhin ging die Hs. in das Eigentum des Augsburger Bibliophilen Ulrich Fugger (1526–1584) über. Das zeigt die Signatur auf 1av. Sie steht auf einem Teil des alten und nun eingeklebten Vorsatzblatts pag. 60. F. No. 50 samt dem beigegebenen Titelvermerk Summa te [!] edendo, quae ticitur [!] olim. Bis. Ebendort auch die Capsa-Nummer C. 166., darunter die Allacci-Signatur 737 [durchgestrichen]. Mit dem Ableben des Büchersammlers und gemäß seiner letztwilligen Verfügung ging der Codex in das Eigentum des Pfälzer Kurfürsten über und folglich in die Bibliotheca Palatina ein (s. Einleitung).
- Literatur
- Fowler-Magerl, Ordo, S. 73–80,
333; André Gouron, Sur les formules dites de Stintzing,
in: André Gouron, Droit et coutume en France aux XIIe et
XIIIe siècles, Great Yarmouth 1993, V, S. 39–54, hier S. 49; Lehmann, Fuggerbibliotheken 2, S.
486; Manuscripta
juridica, Pal.lat.781; Mirabile, Pal.lat.781; Mirabile, Ordo „Olim edebatur“; Mirabile, Rodoicus Modicipassus, Ordo „Olim edebatur“; OVL, Pal.lat.781; Schunke, Einbände 2.2, S.
850; Emil Seckel, Ueber neuere Editionen juristischer
Schriften aus dem Mittelalter. I, in: ZRG RA 21 (1900), S. 212–338, hier
S. 307; Stevenson, Latini, S. 279; Vernet, L’histoire, S. 307.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur
1) 1ra–39va
- Verfasser
- Otto Papiensis (GND-Nr.: 10283900X).
- Titel
- Ordo iudiciorum ‚Olim‘.
- Angaben zum Text
- Von André Gouron (André Gouron, Qui a écrit l’ordo „Olim edebatur“?, in: André Gouron, Pionniers du droit occidental au Moyen Âge, Aldershot 2006, XIII, S. 65–84) wurde Rodoicus Modicipassus (um 1200) als möglicher Autor ins Spiel gebracht, zuletzt aber von Martin Bertram verworfen (Martin Bertram, Rodoicus Modicipassus und der Praecentor von Sens. Wer war der Verfasser der Dekretsummen Omnis qui iuste iudicat [Lipsiensis], Et est sciendum und des Ordo iudiciarius Olim edebatur?, in: Mittelalter. Interdisziplinäre Forschung und Rezeptionsgeschichte 3 (2020), S. 120–153 (https://doi.org/10.26012/mittelalter-25967). Laut Fowler-Magerl, Ordo, S. 78 enthält der Text als Glosse den ‚Libellus conventionalis‘ aus dem Ordo ‚Si quis de re‘.
- Rubrik
- 1rb ›Jncipit summa de edendo que dicitur olim‹.
- Incipit
- 1rb ›Olim‹ edebat actor et per scripturam et sine scriptura …
- Explicit
- 39va … quando prouocare necesse non est. Cum non eo.
- Edition
- Summa Othonis de ordine iudicario, per Iustinum Goblerum LL. Licentiatum nunc primum evulgata, Mainz 1536, auch in: Pilii Medicinensis Questiones sabbatine, Turin 1967 (Corpus glossatorum juris civilis 4). Zur Problematik der Edition s. Fowler-Magerl, Ordo, S. 76.
2) 40rb
- Titel
- Dekret, die Kirchenzucht der Kanoniker der Kirchen von San Vittore und San Giovanni in Monte betreffend.
- Incipit
- 40rb Cum non in ecclesiis sanctorum Uictoris et Johannis de Monte …
- Explicit
- 40rb … diligentiam reformetur.
3) 40v
- Titel
- Aufzeichnungen über Zinseinnahmen.
4) 41ra–76ra
- Verfasser
- Otto Papiensis (GND-Nr.: 10283900X).
- Titel
- Ordo iudiciorum ‚Olim‘.
- Rubrik
- 41r ›De edendo summa‹.
- Incipit
- 41rb Cum sit frequens in cautos quoslibet …
- Weiteres Initium
- 41rb Olim edebatur accio et per scripturam et sine scriptura …
- Explicit
- 76ra … quando prouocare necesse non est. Cum non eo.
- Edition
- s. Text 1.
5) 76rb
- Titel
- Juristische Kleintexte.
- Bearbeitet von
- Dr. Thorsten Huthwelker, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.
Zitierempfehlung:
Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 781. Beschreibung von: Dr. Thorsten Huthwelker (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.
- Katalogisierungsrichtlinien
- Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.