Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 783

Formularsammlung

Papier · 4, 240, 2 Bll. · 28 × 20 cm · Heidelberg · um 1440–1450, 1540


Schlagwörter (GND)
Formularsammlung / Reichskammergericht.
Entstehungsort
Heidelberg.
Entstehungszeit
um 1440–1450, 1540.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Papier (Bll. 1, 12/13, 24, 25, 35/36, 47, 48, 59/60, 71, 72, 83/84, 95, 96, 107/108, 119, 120, 131/132, 143, 144, 155/156, 167, 168, 179/180, 191, 192, 204, 215, 216, 226/227, 238 Pergament).
Umfang
4, 240, 2 Bll.
Format (Blattgröße)
28 × 20 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(II-1)3a + 14a + 8 XII191 + (XIII-2)215 + XII238 + 1239* + (I-1)240*. 3a bildet mit dem Vorderspiegel ein Doppelbl. Jeweils die äußeren und die inneren Doppelbll. der Lagen aus Pergament. In der 9. Lage wurden 2 Bll. herausgetrennt, eines aus Papier (nach 203) und eines aus Pergament (nach 204), kein Textverlust. 4a und 239* sind ältere Vorsatzbll., 1a–3a und 240* sind die Vorsätze des aktuellen Einbandes. 240* bildet mit dem Hinterspiegel ein Doppelbl.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Tintenfoliierungen des 16. Jhs. (1–31, 31, 33, 33–50), daran anschließend die Foliierung des 17. Jhs. der Vaticana (51–69, 69–220, 221–238). Die Bezeichnung der unfoliierten Bll. folgt dem Digitalisat (1a–4a, 204a, 220a, 239*–240*), ebenso die Ergänzung bei doppelt vorkommender Blattzahl (31a, 33a, 69a). Textreklamanten überwiegend erhalten (z. B. 119v, 143v, 191v).
Zustand
4a und 239* etwas fleckig, 239* mit deutlichen Rostflecken von den eisernen Befestigungsnägeln der Beschläge eines früheren Einbandes. Da 238v einen Reklamanten trägt (ut in processu abbatis ad collonum) ist davon auszugehen, dass am Schluss etwas fehlt.
Wasserzeichen
Bl. 2a–3a Ochsenkopf mit Augen und Nasenlöchern, darüber Buchstabe T auf einkonturiger Stange (ähnlich WZIS DE2925-PO-72656). Bl. 4a Krone mit Dreiblatt (ähnlich WZIS DE6255-PO-50082). Bl. 3–94 Traube, Stil einkonturig (WZIS DE8085-PO-128792, Beschriftung belegt 1447 Stuttgart). Bl. 98, 104–235 Traube, Stil zweikonturig, zwei Varianten (ähnlich WZIS DE4620-PO-129150). Bl. 240* Stern, sechsstrahlig, zweikonturig (ähnlich WZIS IT1650-PO-41581).

Schriftraum
21,8 × 14,7 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
35–42 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Regelmäßig geschriebene Bastarda von einer Hand.
Buchgestaltung
Schriftraumbegrenzungen in Metallstift, oft kaum sichtbar. Die einzelnen Schriftstücke zumeist deutlich voneinander abgesetzt und mit Überschriften bezeichnet. Textbeginn oft mit nur wenig vergrößerten Majuskeln hervorgehoben.
Buchschmuck
4ar Wappen des Johannes Adler (bzw. Aquila) als Federzeichnung. In Heidelberg, UB, Cod. Pal. germ. 491 (Vorderspiegel) sind die hier weißen Flächen in Gelb bzw. Gold tingiert: Im gevierten Schild in Feld 1 und 2 je ein Adlerkopf mit ausgebreiteter Schwinge wechselseitig in Gold und Schwarz, in 3 und 4 von Schwarz und Gold gespalten.

Nachträge und Benutzungsspuren
4ar Wappen des zeitweiligen Besitzers der Hs. (s. Buchschmuck, s. Geschichte der Handschrift).

Einband
Weißes Pergament auf Pappe. Rom, um 1780. Beide Deckel mit Spuren von je zwei textilen Schließenbändern (entfernt). Rücken mit drei erhabenen Doppelbünden. Oben altes Signaturschild der BAV, Kupferstichkartusche, darin in Rot: 783. Rückenbeschriftung: Formularium procurationum et aliorum instrumentorum. Von späterer Hand in blauem Farbstift: Pal. 783. Unten das blaue Signaturschild der BAV. Kapital mit braunen und gelben Seidenfäden umwickelt. Schunke, Einbände 2,2, S. 850, vgl. ebd. Bd. 1, S. 256. Zu Spuren eines früheren Einbandes s. Zustand.
Provenienz
Speyer / Augsburg / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Die Hs. entstand um 1440–1450 (vgl. Wasserzeichen) im unmittelbaren Umfeld der Heidelberger Universität (s. Inhalt). Die Mustersammlung von Instrumenten, Verträgen und anderen juristischen Schreiben gelangte dann, wie Wappen und Besitzeintrag 4ar bezeugen, wohl im Jahr 1540 in den Besitz von Johannes Adler in Speyer: SVM IOANNIS ADLERI nec muto possessorem. Darunter das Wappen Johannes Adlers mit der Jahreszahl Anno Mo DXL und der Ortsangabe SPIRA (s. Buchschmuck). Adler (* 1510, vgl. Pal. lat. 776, 14r) war ab 1530 am Reichskammergericht in Speyer tätig (Groh, Personal, S. 9). Aus seinem Buchbesitz stammen auch die zusammengehörigen Formularbücher Pal. lat. 775 und Pal. lat. 776, die entsprechenden deutschsprachigen Sammlungen in Heidelberg, UB, Cod. Pal. germ. 159, Cod. Pal. germ. 178, Cod. Pal. germ. 179, Cod. Pal. germ. 459, Cod. Pal. germ. 460, Cod. Pal. germ. 491, Cod. Pal. germ. 492, Cod. Pal. germ. 493, Cod. Pal. germ. 494, Cod. Pal. germ. 604, Cod. Pal. germ. 783, Cod. Pal. germ. 785, Cod. Pal. germ. 788, Cod. Pal. germ. 824, Cod. Pal. germ. 827, Cod. Pal. germ. 828, Cod. Pal. germ. 829 sowie die kanonistische Sammelhs. Pal. lat. 685. Während es sich bei den Formularbüchern jedoch weit überwiegend um Abschriften von und für Adler sowie einzelne Originale handelt, ist Pal. lat. 783 älter und in seinem Aufbau und Erscheinungsbild einheitlicher. Für einige der Bde. Adlers aus der Palatina belegen entsprechende Signaturen die Provenienz aus dem Besitz Ulrich Fuggers. Diese Herkunft ist für Pal. lat. 783 auch durch das Inventar in Pal. lat. 1921 belegt, dort 101r: Formularium contractuum et instrumentorum (Lehmann, Fuggerbibliotheken, Bd. 1, S. 164f., Bd. 2, S. 486). Mit der Büchersammlung Ulrich Fuggers in die Heidelberger Palatina überführt. 1623 mit dieser in die vatikanische Bibliothek verbracht. 4ar Capsa-Nummer: C. 93/1721. Entsprechend im Allacci-Register nachweisbar (Pal. lat. 1949, 21v: 1721 Formularium instrumentorum. fol. C. 93.). Ältere Signaturen: 1ar: 762 (gestrichen); 4ar: 69. Besitzstempel der BAV: 1r, 238v.
Besonderheiten
Der Bd. ist Teil einer umfangreichen Sammlung von Formularbüchern, zusammengestellt von Johannes Adler (Pal. lat. 775, Pal. lat. 776 sowie die kanonistische Sammelhs. Pal. lat. 685; Heidelberg, UB, Cod. Pal. germ. 159, Cod. Pal. germ. 178, Cod. Pal. germ. 179, Cod. Pal. germ. 459, Cod. Pal. germ. 460, Cod. Pal. germ. 491, Pal. germ. 492, Cod. Pal. germ. 493, Cod. Pal. germ. 494, Cod. Pal. germ. 604, Cod. Pal. germ. 783, Cod. Pal. germ. 785, Cod. Pal. germ. 788, Cod. Pal. germ. 824, Cod. Pal. germ. 827, Cod. Pal. germ. 828, Cod. Pal. germ. 829).

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_lat_783
Literatur
Bethmann, Nachrichten, S. 342; OVL, Pal.lat. 783; Stevenson, Latini, S. 279.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

1) 1r–238v Digitalisat

Beteiligte Personen
Eugen IV. (GND-Nr.: 118531328) / Johannes Adler (GND-Nr.: 1021176826).
Titel
Formularsammlung.
Angaben zum Text
Formularsammlung, hauptsächlich Verträge und Instrumente. In nomine domini. Amen et cetera. Constitutus honorabilis vir talis citra revocacionem aliorum suorum procuratorum … – … Processus de prioratu vacante. Venerabili in Christo patri domino dei gracia abbati et religiosismonasterii eidem diocesis Scholinen etc. – Darin als Einschub: (9v–11r) Auszug aus der ‚Ars notariatus‘. [N]otariatus est ars scribendi et dictandi per quem humane fragilitatis negocia roborantur … – … et impubes postquam factus est vii annorum potest stipulari. Der Text erschien ab etwa 1474 mehrfach als Inkunabeldruck (GW 2636–2662), er endet hier unvollständig mit Kapitel 12 der Druckausgabe. Vgl. auch Pal. lat. 685, 36r–37v.
Die gesammelten Schriftstücke sind überwiegend anonymisierte und teilweise anonymisierte Abschriften von Vorlagen der Jahre um 1430–1440. Als amtierender Papst wird häufig Eugen IV. genannt. Dazu kommen immer wieder auch ältere Stücke aus dem späteren 14. Jh. (z. B. 213rv). Ein erheblicher Teil der Vorlagen war offenbar im Umkreis der Heidelberger Universität entstanden, so geht es häufig um Pfründen von Universitätsangehörigen. Genannt werden etwa Otto de Lapide (Drüll, Gelehrtenlexikon, S. 427f.), Wilhelm Marquardi von Wallstadt (Drüll, Gelehrtenlexikon, S. 556) und Konrad Degen (Drüll, Gelehrtenlexikon, S. 97f.). Die Sammlung dürfte zum Gebrauch durch einen Notar (s. 9v–11r) oder eine Kanzlei angelegt worden sein. – 4ar Besitzeintrag mit Wappen: SVM IOANNIS ADLERI nec muto possessorem. Darunter das Wappen Johannes Adlers mit der Jahreszahl Anno Mo DXL und der Ortsangabe SPIRA. Speyer 1540 (s. zum Buchschmuck).
Incipit
1r In nomine domini. Amen et cetera. Constitutus honorabilis vir talis citra revocacionem aliorum suorum procuratorum
Weiteres Initium
9v Notariatus est ars scribendi et dictandi per quam humanae fragilitatis negotia roborantur …
Explicit
238v … monasterii eidem diocesis Scholinensis et cetera.

2) 4ar Digitalisat

Titel
Besitzeintrag mit Wappen.
Angaben zum Text
Wohl 1540 nachgetragenes Wappen des zeitweiligen Besitzers der Hs. (s. Buchschmuck). – 4av leer.


Bearbeitet von
Dr. Wolfgang Metzger, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 783. Beschreibung von: Dr. Wolfgang Metzger (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.


Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.