Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 784

Prosdocimo Conti, Lectura in secundum librum decretalium

Papier · 3, 274, 1 Bll. · 33,8 × 24 cm · Padua (?) / San Floriano · 1447


Schlagwörter (GND)
Kanonisches Recht / Dekretalensammlung / Dekretalen / Liber extra / Vorlesung.
Entstehungsort
Padua (?) / San Floriano.
Entstehungszeit
1447.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Papier.
Umfang
3, 274, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
33,8 × 24 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + I3a + 8 V80 + IV88 + II92 + 9 V182 + VI194 + 8 V274* + (I-1)275*. Vorderspiegel Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von 275*.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Römische Foliierung des 17. Jhs. (1–273). Vor- und Nachsatzbll. wie auch letztes Bl. der letzten Lage ungez., weshalb hier Zählung der Digitalisate übernommen wird (1a–3a, 274*–275*), Reklamanten auf der letzten Versoseite der Lage auf dem Fußsteg rechts, ebenso wie die Lagenfoliierung mit Minuskeln und lateinischen oder arabischen Ziffern meist durch Beschnitt verloren gegangen.
Zustand
Leicht stockfleckig, v.a. an den Rändern, Wurmlöcher auf den ersten und letzten Bll. (nicht im römischen Vor- und Nachsatzbl. 1a und 275*), Papier im Schriftraum leicht gebräunt, Tinte leicht verblasst, wenige Flecken, im Wesentlichen gut erhalten.
Wasserzeichen
Dreiberg, als Beizeichen einkonturige Stange in einem Kreuz endend, in zwei Varianten, auf Bl. 2-189, 196-200, 204, 210, 222, 232, 239, 267-268, annähernd identisch mit Wzz. von Papieren, die laut WZIS im 2. Drittel des 15. Jhs. in Oberitalien, womöglich Padua, Verwendung fanden, DE5580-Clm6718_58; auf Bl. 194, 201, 205-207, 211-221, 223-229, 234-235, 242-263, 270-273, annähernd identisch mit Wzz. von Papieren, die laut WZIS 1444 in Padua beschrieben wurden, DE5580-Clm6572_284; Dreiberg ohne Beizeichen, Grundlinie einfach, auf Bl. 274*, ähnlich Wzz. von Papieren, die laut WZIS zwischen 1439 und 1444 in Italien verwendet wurden, DE5580-Clm184_161b.

Schriftraum
25 × 14 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
50–55 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Beide Texte von der Hand des Adam Nicolai Wannemacher, entsprechend der Systematik des Albert Derolez in einer italienischen Semitextualis (Derolez, Palaeography, S. 119–121).
Buchgestaltung
Schriftraum mit Metallstift vorgezogen. Tituli in einer Rotunda als vergrößerte Auszeichnungsschrift über die gesamte Breite des Schriftraums gezogen, zudem mit roten Strichen ober- und unterhalb hervorgehoben. Capituli beginnen mit einer roten Lombarde mit Fleuronnéverzierungen, ebenfalls in einer Rotunda als vergrößerte Auszeichnungsschrift mit roter Umrandung. Ferner zur Strukturierung des Texts rote Paragrafenzeichen.
Buchschmuck
Auf 2r rote Lombarde mit türkisfarbener Umrandung und braunem, symmetrisch angelegtem Knospenfleuronné im Binnenfeld, zudem Perlenbesatz, mit und ohne Kerne, am oberen ablaufenden Ende Lanzettblätter in Türkis, ansonsten ablaufende Fäden mit Rosetten in Türkis und Braun.

Nachträge und Benutzungsspuren
Korrekturen von Schreiberhand auf den Rändern. Wenige Anmerkungen von anderen Händen, wobei das Gros von einer Hand in einer Bastarda gehalten ist, die ebenfalls von Adam Nicolai Wannemacher stammen könnte, so auch der eingelegte Zettel auf 61r. Kaum grafische Verweiszeichen.

Einband
Pergamentband über Pappe, nach Schunke, Einbände 2.2, S. 850, um 1780 in Rom entstanden. Löcher für Schließbänder in den Deckeln noch vorhanden. Gelb-kupferfarbenes Kapital. Auf dem Rücken oben blaues barockes Signaturschild 784, darunter blaues Signaturschild Pal. lat. 784, schließlich Titel mit Tinte auf Rücken notiert: LECTVRÆ IVDICALES, darunter in Blau Pal.
Provenienz
Mainz / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Modernes blaues Signaturschild der Vaticana Pal. lat. 784 auf dem vorderen Spiegel. Auf Vorsatzbl. 1ar aktuelle Signatur, Pal. in Blau, Altsignaturen 787 und 4 [beide durchgestrichen], auf 2ar Capsa-Nummer C. 121., darunter Allacci-Signatur 1486 [durchgestrichen], nebst Altsignatur 583. Auf 274*v kopfständige Signatur 1596 [durchgestrichen]. Wie der Besitzeintrag auf 1r ausweist, wurde die Hs. von Adam Nicolai Wannemacher aus Arheilgen bei Darmstadt geschaffen (Adam Wannemecher de Arhelgen). Dieser studierte ab 1437 in Erfurt, wo er zum Bakkalar promoviert wurde (laut 1r 1436: Anno domini millesimo quadringentesimo credit trigesimo sexto prope festum [durchgestrichen: sancti] natiuitatis virginis gloriose Marie transtulit se ad studium Erfordensem et factus baccalarius) und das er 1438 wieder verließ (1r: recessit ab Erfordia anno domini et cetera trigesimo octavo in quadragesima). Womöglich studierte er ab 1440 in Heidelberg (auf 1r ist davon nicht die Rede, bei Toepke, Matr. Heidelberg, S. 229 immatrikulierte sich in besagtem Jahr ein Adam de Arheylligen cler. Mogunt. Dyoc.). 1442 nahm er das Studium in Padua auf (1r: Jtem postea anno domini Mccccxlijo [durchgestrichen: trans] circa festum sancti Michaelis [zwei weitere durchgestrichene Wörter] transtulit se ad Ytaliam ad studium Paduanum), wo er 1450 zum Lizentiaten im Kanonischen Recht promoviert wurde, ehe er erneut die Alpen überquerte und bis zum Dekan der Kirche St. Mauritius zu Mainz aufstieg, wo er zwischen 1466 und 1472 gestorben sein dürfte (zu allen über 1r hinausgehenden Angaben s. RAG, Adam Nicolai). Unseren Codex dürfte er während seines Studiums in Padua geschrieben haben, laut Kolophon auf 270v vollendete er zumindest den Haupttext 1447 in San Floriano (Gem. San Pietro in Cariano bei Verona), wohin er sich aufgrund der grassierenden Pest zurückgezogen hatte. Dafür, dass die Hs. später über Ulrich Fugger (1526–1584) in die Bestände der Bibliotheca Palatina gelangt sei, wie Lehmann, Fuggerbibliotheken 2, S. 486 vermutet, gibt es im Codex keinerlei Hinweise. Wahrscheinlicher ist dann doch, dass die Hs. über die persönlichen Verbindungen des Adam Nicolai Wannemacher an die Heidelberger Universität gelangte. So könnte er den Heidelberger Gelehrten Johannes von Albig (†1451/52) gekannt haben, in dessen Bücherlegat zugunsten der Alma Mater aus dem Januar 1452 eine pars Prodogotsmi [!] super 2o genannt wird (Jeudy, Handschriften, S. 9), die sich mit der pars Prodogotsmi [!] super secundo decreta in papiro gleichsetzen lässt, die sich im Katalog der Heidelberger Bibliotheken von 1466 und hier im Teil zu den oberen Fakultäten befindet (Heidelberg, UB, Heid. Hs. 47, 13r).

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_lat_784
Literatur
Lehmann, Fuggerbibliotheken 2, S. 486; OVL, Pal.lat.784; Schunke, Einbände 2.2, S. 850; Stevenson, Latini, S. 279.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

1) 1r–270v Digitalisat

Verfasser
Prosdocimo Conti (GND-Nr.: 1011392127).
Titel
Lectura in secundum librum decretalium.
Angaben zum Text
271r–271v leerer Schriftraum.
Rubrik
1r ›De iudicijs. Rubrica‹.
Incipit
1r Continuatur ad totum librum precedentem secundum Goffridum [expungiert: ex]. Expeditis preparatoriis iudiciorum ad iudicia ueniendum erat
Explicit
270v … quia non est periurus iurans falsum credens probabiliter id uerum esse xxii. q. ii Per totum. Prosdocimus de Comitibus.Amen‹. Gracias refero deo qui regnat trinus Olimpo. Finita per me Adam Arhelgen in uilla sancti Floriani prope Veronam [durchgestrichen: quo tempore ibi] anno domini Moccccxlvij [durchgestrichen: q] in [durchgestrichen: autp] autumpno, quo tempore ibi morabar ad certum tempus, [durchgestrichen: j] quia uiguit tunc pestilencia in ciuitate Paduana.

2) 272r–273v Digitalisat

Verfasser
Thomas von Aquin (GND-Nr.: 118622110).
Titel
Summa contra gentiles (Auszüge aus Liber 3).
Angaben zum Text
(272r) Caput 63 [ed.: Corpus Thomisticum, Thomas de Aquino, Summa contra Gentiles, lib. 3 cap. 1–63 (corpusthomisticum.org)]; (272v–273v) Caput 159–162 [ed.: Corpus Thomisticum, Thomas de Aquino, Summa contra Gentiles, lib. 3 cap. 111–163 (corpusthomisticum.org)]. – 274*r–274*v leerer Schriftraum.
Rubrik
272r ›Jhesus, Maria. Qualiter in illa vltima felicitate completur hominis desiderium. Capitulum [durchgestrichen: xl] lxim‹.
Incipit
272r Ex premissis apparet quod in illa felicitate
Explicit
273v … sequitur nunc capitulum clx et ultimum 3ij libri de predestinacione, reprobacione et eleccione diuina.
Edition
s.o.


Bearbeitet von
Dr. Thorsten Huthwelker, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 784. Beschreibung von: Dr. Thorsten Huthwelker (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.


Katalogisierungsrichtlinien
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Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.