Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 787

Zusammengesetzte Handschrift mit Summen zum Corpus iuris civilis

Pergament · 4, 10, 1, 122, 3 Bll. · 42 × 25,4 cm · Südfrankreich / Oberitalien (?) / Oberitalien · 2. Hälfte 13. Jh.


Schlagwörter (GND)
Römisches Recht / Corpus iuris civilis / Institutiones Iustiniani / Novellae / Codex Iustinianus / Digesta / Quaestio / Fragment.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Pergament.
Umfang
4, 10, 1, 122, 3 Bll.
Format (Blattgröße)
42 × 25,4 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
Hs. aus 2 Faszikeln zusammengesetzt (I. Bll. 1–104; II. Bll. 105–133). (II-1)2a + 13a + 14a + … + 1134* + (II-1)136*. Vorderspiegel Gegenbl. von 2a, Hinterspiegel Gegenbl. von 135*.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Römische Foliierung des 17. Jhs. (1–133). Vor- und Nachsatzbll. ungez., wie auch ein nachträglich eingefügtes Bl., weshalb hier Zählung der Digitalisate übernommen wird (1a–4a, 134*–136*).
Zustand
Pergament verschmutzt, zahlreiche Flecken, einige Löcher und Risse, Wurmlöcher und Schimmel auf den ersten Bll., Tinte berieben und verblasst. Zahlreiche Rasuren.


Einband
Pergamentband über Pappe, nach Schunke, Einbände 2.2, S. 851, um 1780 in Rom entstanden. Löcher für Schließbänder in den Deckeln noch vorhanden. Gelb-kupferfarbenes Kapital. Auf dem Rücken mit leichten Fraßspuren oben blaues barockes Signaturschild 787, darunter in Blau P., darunter Titel mit Tinte auf Rücken notiert: AZONIS Summa, auf dem unten leicht eingerissenen Rücken blaues Signaturschild Pal. lat. 787.
Provenienz
Augsburg / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Modernes blaues Signaturschild der Vaticana Pal. lat. 787 auf dem vorderen Spiegel. Auf Vorsatzbl. 2ar aktuelle Signatur samt zwei durchgestrichenen Altsignaturen 68 und 714 [?], auf 3ar Capsa-Nummer C. 86., darunter Allacci-Signatur 870, in Rötel Altsignatur 196 sowie Summa Azonis in Codice und ein weiteres Mal 196. Auf 1r Altsignatur 510. Auf 3ar womöglich von derselben Hand des 16. Jhs., die auch die Signatur schrieb: Jn jure. Nachträglich eingeklebter Zettel mit lateinischer Inhaltsangabe auf 4ar. Die Entstehungsorte der beiden Faszikel sind nicht leicht auszumachen (s.u.). Sie dürften aber in etwa zeitgleich entstanden sein und scheinen auch zueinander in Bezug zu stehen. Das zeigen nicht nur die eher nach Südfrankreich denn nach Oberitalien verweisenden Schriften, sondern auch die später angefertigten Anmerkungen, schließlich annotierte mindestens eine Hand in beiden Faszikeln. Dies legt nahe, dass die Faszikel früh miteinander verbunden wurden. Ungeachtet der Qualität der Faszikel fehlen doch immer wieder Teile, sind Texte unvollständig. Späterhin wurde der Codex von Ulrich Fugger (1526–1584) erworben, wie die auffallend vielen Signaturen aus seiner Bibliothek ausweisen, so auf 3ar pag. 159. b. F. No. 6., auf 1r 196. seors, auf 14r und 134*v p. 60. F. No 48, auf 134*v zudem mit Rötel 48. Mit dem Ableben des aus Augsburg stammenden Büchersammlers gingen seine Bücher in das Eigentum des Pfälzer Kurfürsten über und darauf in die Bibliotheca Palatina ein (s. Einleitung).

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_lat_787
Literatur
Caprioli, Tre capitoli, S. 299 A. 342; Emanuele Conte, Coloni e manentes tra servitù e libertà. Spunti canonistici, in: Proceedings of the Ninth International Congress of Medieval Canon Law, Munich, 13–18 July 1992, hrsg. von Peter Landau, Vatikanstadt 1997 (Monumenta iuris canonici, Series C, Subsidia 10), S. 591–637, hier S. 611ff.; Lehmann, Fuggerbibliotheken 2, S. 107, 487; Manuscripta juridica, Pal.lat.787; Nardi, Studi, S. 57 A. 107; OVL, Pal.lat.787; Andrea Padovani, Il titolo De Summa Trinitate et fide catholica (C. 1. 1) nell’esegesi dei glossatori fino ad Azzone. Con tre interludî su Irnerio, in: Manoscritti, editoria e biblioteche dal medioevo all’età contemporanea, Studi offerti a Domenico Maffei per il suo ottantesimo compleanno, Bd. 3, hrsg. von Mario Ascheri / Gaetano Colli / Paola Maffei, Rom 2006, S. 1075–1123, hier S. 1090; Giovanni Santini, Università e società nel XII secolo: Pillio da medicina e lo studio di Modena. Tradizione e innovazione nella scuola dei Glossatori, Modena 1979 (Pubblicazioni della Facoltà di Giurisprudenza della Università di Modena, 143 = N.S. 78), S. 220; Schunke, Einbände 2.2, S. 851; Stevenson, Latini, S. 280.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Faszikel I (Bl. 1–104)

Sachtitel / Inhalt
Summen des Azo zum Corpus iuris civilis.
Entstehungsort
Südfrankreich / Oberitalien (?).
Entstehungszeit
2. Hälfte 13. Jh.
Typus (Überlieferungsform)
Faszikel.
Beschreibstoff
Pergament.
Umfang
10, 1, 93 Bll.
Format (Blattgröße)
42 × 25,4 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
V10 + 313 + V23 + IV31 + 6 V91 + (VII-1)104. Bl. 11 aus Papier nachträglich eingefügt.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Durchgehend verzierte Reklamanten auf der letzten Versoseite der Lage auf dem Fußsteg rechts.

Schriftraum
28 × 16 cm.
Spaltenanzahl
2 Spalten.
Zeilenanzahl
71–73 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Die Texte bis 103v schrieb eine Hand in einer Textualis mit vielen Brechungen und mit einem h, dessen Bogen unter die Grundlinie gezogen ist. Die Schriften des Rubrikators, des Korrektors und desjenigen, der die Additiones des Odofredo hinzufügte, zeichnen sich hingegen durch einen deutlich breiteren und runderen Duktus aus.
Buchgestaltung
Zeilengerüst mit Metallstift vorgezogen. Korrekturen von anderer Hand in den Marginalien nachgetragen. An den Abschnittsanfängen Rubriken und alternierend blaue und rote Lombarden mit Fleuronné in Gegenfarbe. Zur Unterteilung der Sinnabschnitte alternierend blaue und rote Paragrafenzeichen.
Buchschmuck
s. Buchgestaltung.

Nachträge und Benutzungsspuren
Glossen und Anmerkungen von mehreren Händen. Kaum grafische Verweiszeichen, v.a. in Form von Kreuzen. Nachgetragen auch die Quaestiones auf 104v.

Provenienz
Augsburg / Heidelberg.
Geschichte des Faszikels
Eindeutig lässt sich der Entstehungsort des Faszikels kaum ohne tiefergehende Forschungen lokalisieren. Die verschiedenen Hände in ihrer Vielgestaltigkeit geben Anlass, an eine Herkunft aus Südfrankreich zu denken. Möglich wäre auch, dass an ihm in Oberitalien weitergearbeitet wurde, wie die im Duktus runderen Schriften des Korrektors und Rubrikators suggerieren.

1) 1ra–91vb Digitalisat

Verfasser
Azo (GND-Nr.: 119033372).
Titel
Summa Codicis Iustiniani.
Angaben zum Text
Die Summa des Azo mit den Additiones des Odofredo (†1265). Es fehlen Liber 2 und 3, der Anfang von Liber 4 und der Schluss von Liber 9: (1ra–1vb) Prooemium; (1vb–10vb) Liber 1; (10vb) Liber 2, Text endet in ‚De edendo‘; (11r–11v) leer; (12rb–19va) Liber 4, beginnt in ‚De positi‘; (19va–31vb) Liber 5, der Text endet in ‚Qui dare tutores vel curatores et qui dare possunt vel non‘; (32rb–55rb) Liber 6, Text beginnt in ‚Si in fraudem patroni alienatio a liberto facta est‘; (55rb–71va) Liber 7; (71va–86vb) Liber 8; (86vb–91vb) Liber 9, Text endet in ‚De crimine sacrilegi‘ (Cod. 9.29).
Rubrik
1ra ›Jncipit proemium domini Açonis ad Summam Codicis conponendam. Rubrica. Jn nomine domini nostri Ihesu Christi‹.
Incipit
1ra ›Cvm‹ [… Text unleserlich] scientie super [… Text unleserlich] successiuis [… Text unleserlich] …
Explicit
91vb … hoc est quod dicit lex … [Text bricht ab].
Edition
Der Text liegt in keiner modernen Edition vor, erschien aber bereits 1482 als Wiegendruck (GW 3144–3148).

2) 92ra–95vb Digitalisat

Verfasser
Azo (GND-Nr.: 119033372).
Titel
Summa Institutionum.
Angaben zum Text
Beginnt in ‚De actionibus‘ und endet in ‚De publicis iudiciis‘.
Incipit
92ra … uel in mistum tollatur
Explicit
95vb … per singulos tres … [Text bricht ab].
Edition
Der Text liegt in keiner modernen Edition vor, erschien aber bereits 1482 als Inkunabel (GW 3144–3148).

3) 96ra–103vb Digitalisat

Verfasser
Azo (GND-Nr.: 119033372).
Titel
Summa Digestorum.
Angaben zum Text
Beginnt in ‚De statu hominum‘. – 104r leer.
Incipit
96ra … dic ut jnfra, eodem, libertini sunt. Nec distinguimus
Explicit
103vb … et sine mero imperio, ut dixi in Summa Codicis De officio comitis rerum priuatorum.
Edition
Es liegt keine moderne Edition vor, der Text erschien aber bereits 1484 als Wiegendruck (GW 3145–3148).

4) 104va Digitalisat

Verfasser
Hubertus de Bobbio (GND-Nr.: 115599223).
Titel
Quaestio.
Incipit
104va Pone: Sententia lata est die dominico …
Explicit
104va … sed ex ui pacti, ff. De pactis l. Si unus § ultimo. Ubertus de Bobio.

5) 104va Digitalisat

Verfasser
Guido da Suzzara (GND-Nr.: 100944191).
Titel
Quaestio.
Incipit
104va Questio talis est: Duo litigabant ad inuicem coram aliquo judice
Explicit
104va … non excludit suum genus, ff. De manumissis testamento l. Si peculium. Guido de Suzaria.

Faszikel II (Bl. 105–133)

Sachtitel / Inhalt
Summen zum ‚Corpus iuris civilis‘.
Entstehungsort
Oberitalien.
Entstehungszeit
2. Hälfte 13. Jh.
Typus (Überlieferungsform)
Faszikel.
Beschreibstoff
Pergament.
Umfang
29 Bll.
Format (Blattgröße)
42 × 25,4 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
VI116 + V126 + III132 + 1133. 132 und 133 zur Hälfte herausgerissen.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Durchgehend verzierte Reklamanten auf der letzten Versoseite der Lage auf dem Fußsteg rechts.

Schriftraum
27 × 16 cm.
Spaltenanzahl
2 Spalten.
Zeilenanzahl
57–59 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Von einer Hand, die im Duktus an die Rotunda gemahnt, allerdings diverse Elemente der südfranzösischen Textualis aufweist, wie das unter die Grundlinie gezogene runde r oder die con-Abkürzung in Form einer 9 auf der Grundlinie stehend (vgl. Derolez, Palaeography, S. 116f.).
Buchgestaltung
Zeilengerüst mit Metallstift vorgezogen. Korrekturen in den Marginalien nachgetragen. An den Abschnittsanfängen Rubriken und alternierend blaue und rote Lombarden mit Fleuronné in Gegenfarbe. Zur Unterteilung der Sinnabschnitte alternierend blaue und rote Paragrafenzeichen.
Buchschmuck
s. Buchgestaltung.

Nachträge und Benutzungsspuren
Glossen und Anmerkungen von mehreren Händen. Kaum grafische Verweiszeichen, v.a. in Form von Kreuzen.

Provenienz
Augsburg / Heidelberg.
Geschichte des Faszikels
Wie die Pecienvermerke, so z.B. auf 109vb finit ij., nahelegen, dürfte der Faszikel in einer oberitalienischen Universitätsstadt entstanden sein, dem angewandten System nach wahrscheinlich in Bologna.

6) 105ra–118rb Digitalisat

Verfasser
Johannes Bassianus.
Weitere beteiligte Personen
Accursius (GND-Nr.: 100956599).
Titel
Summa Authentici.
Angaben zum Text
Die Summa des Johannes Bassianus mit Zusätzen des Accursius.
Rubrik
105ra ›Incipit prohemium ad Summam Autenticorum domini Açonis‹.
Incipit
105ra ›Liberiste quem donante domino lecturi sumus
Explicit
118rb … quod est c. Super l. Generali.
Edition
Es liegt keine moderne Edition vor, der Text erschien aber bereits 1484 als Wiegendruck (GW 3145–3148).

7) 118rb–119vb Digitalisat

Verfasser
Placentinus (GND-Nr.: 100958583).
Titel
Summa trium librorum Codicis Iustiniani.
Angaben zum Text
Nach Manuscripta juridica unvollständig. Die von Placentinus vorgenommene Summa zu den Büchern 10–12 des Codex Iustinianus blieb unvollendet und wurde von Pillius de Medicina fortgeführt, s.u. (vgl. Hermann Lange, Römisches Recht im Mittelalter, Bd. 1, Die Glossatoren, München 1997, S. 212).
Rubrik
118rb ›Incipit proemium super Summa trium librorum. Rubrica‹.
Incipit
118rb ›Credidiquondam debere sufficere Codicis summas a Frogerio initiatas
Explicit
119vb … que non est, ueritatem nature perimit.
Edition
Es liegt keine moderne Edition vor, der Text erschien aber bereits 1484 als Wiegendruck (GW 3145–3148).

8) 119vb–131va Digitalisat

Verfasser
Pillius de Medicina (GND-Nr.: 100958540).
Titel
Summa trium librorum Codicis Iustiniani.
Angaben zum Text
Die Fortsetzung der obigen Summa des Placentinus.
Rubrik
119vb ›Jncipit prohemium Pilleij‹.
Incipit
119vb ›Cumessem Bononie, ibique iuris precepta
Explicit
131va … ff. De administratione rerum ad ciuitates pertinentium ultima l.
Edition
Es liegt keine moderne Edition vor, der Text erschien aber bereits 1484 als Wiegendruck (GW 3145–3148).

9) 131vb–132rb Digitalisat

Verfasser
Azo (GND-Nr.: 119033372).
Titel
Kommentar zu Dig. 24.3 aus der Summa Digestorum.
Angaben zum Text
Kommentar zu Dig. 24.3 ‚Soluto matrimonio quemadmodum dos petatur‘. – 132v Notizen.
Rubrik
131vb ›ff. Soluto matrimonio l. i. Nota quod sequitur‹.
Incipit
131vb ›Dotiscausa: Quia dotis repetitione est tra[expungiert: di]ctaturus
Explicit
132rb … quod dic ut notauimus c. … [Text fehlt aufgrund des ausgerissenen Blattteils. In der folgenden Zeile, wohl als Beginn eines Kolophons, noch zu lesen:] Deus
Edition
s. Fasz. I, Text 3.

10) 133r–133v Digitalisat

Verfasser
Paterius (GND-Nr.: 102518890) / Gregor I. (GND-Nr.: 118541838).
Titel
Genesiskommentar, Kap. 43–44; Homiliarum in evangelia libri duo, Homilia 15, 4–5 (Fragmente).
Angaben zum Text
Geschrieben in karolingischer Minuskel. 133r aus dem Genesiskommentar des Paterius, Kap. 43–44, Migne PL 79, Sp. 700–701; 133v aus Gregor des Großen Homiliarum in evangelia libri duo, Homilia 15, 4–5, Migne PL 76, Sp. 1133f.


Bearbeitet von
Dr. Thorsten Huthwelker, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 787. Beschreibung von: Dr. Thorsten Huthwelker (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.


Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.