Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 796

Zusammengesetzte Handschrift zum Prozessrecht

Pergament · 3, 119, 3 Bll. · 27,7 × 19,3 cm · Südeuropa / Südfrankreich (?) / Mittel- / Westeuropa · 13. Jh. / Mitte 13. Jh. / 2. Hälfte 13. Jh.


Schlagwörter (GND)
Römisches Recht / Kanonisches Recht / Corpus iuris civilis / Codex Iustinianus / Prozessrecht / Kommentar / Fragment.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Pergament.
Umfang
3, 119, 3 Bll.
Format (Blattgröße)
27,7 × 19,3 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
Hs. aus zwei Faszikeln und einem Fragment zusammengesetzt (I. Bll. A–B, 117; II. Bll. 1–68; III. Bll. 69–116). (II-1)3a + … + (II-1)120*. Vorderspiegel Gegenbl. von 3a, Hinterspiegel Gegenbl. von 118*.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Römische Foliierung des 17. Jhs. (A, B, 1–117). Vor- und Nachsatzbll. ungez., weshalb hier Zählung der Digitalisate übernommen wird (1a–3a, 118*–120*).
Zustand
Pergament verschmutzt, Wurmlöcher auf den ersten und letzten Bll., zahlreiche Löcher und Flecken, Tinte berieben und verblasst. Einige Rasuren.


Einband
Pergamentband über Pappe, nach Schunke, Einbände 2.2, S. 851, um 1780 in Rom entstanden. Löcher für Schließbänder in den Deckeln noch vorhanden. Gelb-kupferfarbenes Kapital. Auf dem Rücken oben blaues barockes Signaturschild 796, darunter blaues Signaturschild Pal. lat. 796, darunter Titel mit Tinte auf Rücken notiert: Summa aurea aduocandi et Brixiensis Quaestiones dominicales.
Provenienz
Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Auf dem vorderen Spiegel modernes blaues Signaturschild der Vaticana Pal. lat. 796. Auf Vorsatzbl. 1ar aktuelle Signatur, samt Altsignaturen 694 [durchgestrichen, darunter weitere unleserliche], auf Ar Capsa-Nummer C. 74. und Altsignatur 478 [durchgestrichen], auf 1r erneut 478, auf 117v kopfständige Signatur 2049. Der Codex beinhaltet zwei Faszikel, die beide aus dem 13. Jh. stammen. Vor- und nachgestellt sind zwei Fragmente aus einer anderen Hs., die aber aus demselben Jh. stammen dürften, die wie der erste Faszikel in Südfrankreich entstanden sein könnten. Da hier diese zusammengestellten Teile alle aus demselben Jh. stammen, ist anzunehmen, dass sie recht zeitnah vereinigt wurden. Womöglich handelt es sich dabei um die im Katalog der Heidelberger Bibliotheken von 1466 in der Bibliothek der oberen Fakultäten befindliche Summa aurea de arte aduocandi in pergameno (Heidelberg, UB, Heid. Hs. 47, 12v).

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_lat_796
Literatur
Bertram, Kanonisten, S. 547f.; BioBib Jurists, Guillelmus de Drogheda (a573); Die Summa aurea des Wilhelmus de Drokeda, hrsg. von Ludwig Wahrmund, Innsbruck 1914 (ND Aalen 1962) (Quellen zur Geschichte des römisch-kanonischen Prozesses im Mittelalter 2,2), S. 10, passim; Manuscripta juridica, Pal. lat. 796; Enzo Mecacci, Un manoscritto senese delle „Quaestiones” di Bartolomeo da Brescia e dei „Brocarda” di Damaso. Ipotesi di descrizione globale di un manoscritto giuridico, in: Scritti di storia del diritto offerti dagli allievi a Domenico Maffei, hrsg. von Mario Ascheri, Padua 1991 (Medioevo e Umanesimo 78), S. 27–65, hier S. 45–51, 61; Montuschi, Le biblioteche, S. 304; OVL, Pal.lat.796; Stanislav Petr, Quaestiones dominicales et veneriales Bartoloměje z Brescie v rukopise knihovny piaristické koleje v Přiboře, in: Studie o Rukopisech 34 (2001), S. 169–213, hier S. 174; Jane E. Sayers, William of Drogheda and the English Canonists, in: Proceedings of the Seventh International Congress of Medieval Canon Law, Cambridge 23–27 July 1984, hrsg. von Peter Linehan, Cambridge 1988 (Monumenta iuris canonici, Series C, Subsidia 8), S. 205–222, hier S. 205 A. 2, 216 A. 47, 219 A. 53; Schunke, Einbände 2.2, S. 851; Stevenson, Latini, S. 283.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Fragment I (Bl. A–B; 117)

Sachtitel / Inhalt
Glosse eines unbekannten Autors zum Codex Iustinianus.
Entstehungsort
Südeuropa.
Entstehungszeit
13. Jh.
Typus (Überlieferungsform)
Faszikel.
Beschreibstoff
Pergament.
Umfang
3 Bll.
Format (Blattgröße)
27,7 × 19,3 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
IB + … + 1117 .
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
s. zum Codex.

Schriftraum
24,5 × 19,3 cm.
Spaltenanzahl
2 Spalten.
Zeilenanzahl
mindestens 60 Zeilen (Textverlust).
Angaben zu Schrift / Schreibern
Von einer Hand in einer Textura, die in ihrem breiten Duktus und den kaum gebrochenen Schäften nach Südeuropa verweist.
Buchgestaltung
Kapitel mit Rubrik eingeleitet. Zu kommentierende Begriffe unterstrichen. Verweise in Form von Buchstaben in den Marginalien. Korrekturen von Hand des Schreibers auf den Rändern.
Buchschmuck
s. Buchgestaltung.

Nachträge und Benutzungsspuren
Kaum nennenswerte grafische Verweiszeichen.

Provenienz
Heidelberg.
Geschichte des Fragments
A, B und 117 gehörten wohl zu einer Hs., die einen Kommentar zum Codex Iustinianus enthielt und wahrscheinlich in Südfrankreich oder Italien hergestellt wurde. Bl. A könnte vor einer neuen Bindung als Vorderspiegel gedient haben.

1) Ar–Bv Digitalisat

Titel
Glosse zum Codex Iustinianus.
Angaben zum Text
Kommentar eines unbekannten Autors zu Cod. 4.21.20–4.24.11 (Ara unleserlich, der Kommentar zu 4.21.20 setzt auf Arb ein).
Incipit
Arb In semet ipsum. Id est aduersus se
Explicit
Bv … id est condicio … [Text bricht ab].

2) 117ra–117vb Digitalisat

Titel
Glosse zum Codex Iustinianus.
Angaben zum Text
Kommentar eines unbekannten Autors zu Cod. 4.21.3–4.21.19.
Incipit
117ra Si adversarius: Reuocaretur: Quid si scriptura aduersarii in dubium non reuocabatur
Explicit
117rb … repetere volebant eum dicebant se tantum … [Text bricht ab].

Faszikel II (Bl. 1–68)

Sachtitel / Inhalt
Wilhelm von Drogheda, Summa aurea.
Entstehungsort
Südfrankreich (?).
Entstehungszeit
Mitte 13. Jh.
Typus (Überlieferungsform)
Faszikel.
Beschreibstoff
Pergament.
Umfang
68 Bll.
Format (Blattgröße)
27,7 × 19,3 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
5 VI60 + IV68 .
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
s. zum Codex. Bis 60v Reklamanten auf der letzten Versoseite der Lage auf dem Fußsteg rechts.

Schriftraum
20,5 × 13,5 cm.
Spaltenanzahl
2 Spalten.
Zeilenanzahl
45–47 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Womöglich von einer Hand, die Elemente der in den mediterranen Ländern gebräuchlichen Textualis aufweist, wie die ungebrochen auf der Grundlinie stehenden Schäfte oder der auf der Grundlinie aufsetzende Bogen des h, gleichzeitig aber auch Elemente der weiter nördlich gebräuchlichen Textura verinnerlicht hat, so das h mit dem unter die Grundlinie geführten Bogen oder das lange s am Ende der Wörter, das in seiner c-Form an jenes der Littera Parisiensis erinnert, was nahelegt, dass der Schreiber in Südfrankreich gewirkt haben könnte.
Buchgestaltung
Zeilengerüst mit Metallstift vorgezogen. Rubriken, auf 1v–2r rote Lombarden in Zeilenhöhe, ansonsten rote Paragrafenzeichen zur Strukturierung des Texts. Angaben für Rubrikator teilweise noch vorhanden.
Buchschmuck
s. Buchgestaltung.

Nachträge und Benutzungsspuren
Korrekturen, wohl von Hand des Schreibers.

Provenienz
Heidelberg.
Geschichte des Faszikels
Der paläografische Befund spricht für eine Entstehung des Faszikels im 13. Jh. in Südfrankreich. Nach Auffassung von Jane E. Sayers handelt es sich um die am besten erhaltene Hs. der Summa aurea, wobei sie hinsichtlich der Überlieferung der ältesten bekannten am nächsten steht, die einer wohl in Worcester entstandenen und auf 1231 datierbaren ähnlich zu sein scheint (Sayers, William of Drogheda, S. 205 A. 2, S. 216 A. 47; Andrew G. Watson, Catalogue of Dated and Datable Manuscripts. C. 700–1600 in the Department of Manuscripts, London 1979, Bd. 1, S. 153, Nr. 882, Bd. 2, plate 135), weshalb eine Datierung in die Mitte des 13. Jhs. als wahrscheinlich erscheint.

3) 1ra–68rb Digitalisat

Verfasser
Wilhelm von Drogheda (GND-Nr.: 100944493).
Titel
Summa aurea.
Angaben zum Text
68v leer.
Rubrik
1r ›Jncipit Summa aurea continens artem aduocandi, resspondendi [!] et conponendi, consulendi et intelligendi et discernendi et distinguendi uerum a falso, a magistro Guilielmo de Drofeda [!] Oxonie conposita‹.
Incipit
1r Cum omne artificium per exercicium …
Explicit
68r … et dixi supra in q. viii.Dextra scriptoris petit promissa laboris. Explicit Summa aurea. Scripturam corrige, lector‹.
Edition
Die Summa aurea, hrsg. von Wahrmund. Ediert u. a. nach vorliegender Hs.

Faszikel III (Bl. 69–116)

Sachtitel / Inhalt
Bartholomäus von Brescia, Quaestiones dominicales et veneriales.
Entstehungsort
Mittel- / Westeuropa.
Entstehungszeit
2. Hälfte 13. Jh.
Typus (Überlieferungsform)
Faszikel.
Beschreibstoff
Pergament.
Umfang
48 Bll.
Format (Blattgröße)
27,7 × 19,3 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
V78 + 3 IV102 + V112 + II116 .
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
In erster Lage auf den Versoseiten Lagenfoliierung in roten Minuskeln. 87r und 95r Kustoden in römischen Ziffern auf der ersten Seite der Lage auf dem Unterrand mittig.

Schriftraum
21,5 × 13,5 cm.
Spaltenanzahl
2 Spalten.
Zeilenanzahl
48–54 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Textualis von womöglich mehreren Händen.
Buchgestaltung
Zeilengerüst mit Metallstift vorgezogen. An den Anfängen einer jeden Quaestio alternierend blaue und rote Lombarden mit Fleuronné in Gegenfarbe. Rote und schwarze Paragrafenzeichen wie auch rote Strichelungen zur Strukturierung des Texts.
Buchschmuck
s. Buchgestaltung.

Nachträge und Benutzungsspuren
Korrekturen vielleicht von anderer Hand nachgetragen, wie auch Schlagworte in den Marginalien.

Provenienz
Heidelberg.
Geschichte des Faszikels
Der paläografische Befund spricht für eine Entstehung des Faszikels im 13. Jh. Ohne weitere Forschungen lässt sich über eine nähere Eingrenzung der Herkunftsregion allerdings nur mutmaßen.

4) 69ra–116ra Digitalisat

Verfasser
Bartholomäus von Brescia (GND-Nr.: 100937365).
Titel
Quaestiones dominicales et veneriales.
Angaben zum Text
Vom Autor selbst als ‚Brevis summula quaestionum dominicalium et brevior veneralium‘ bezeichnet. Ein Verzeichnis der Quaestionen mit Incipits, wobei auch vorliegende Hs. für den kritischen Apparat kollationiert wurde, bietet Petr, Quaestiones, S. 177–205.
Incipit
69ra ›Adhonorem omnipotentis dei et ecclesie Romane, cui presidet Gregorius XI. [!] …
Weiteres Initium
69ra Quidam habens uxorem condemnatus est de crimine capitali.
Explicit
116ra … per iura superius allegata. Expliciunt Questiones Bartolomei [von anderer Hand nachgetragen:] Brixiensis dominicales.
Edition
Volumen XVII tractatuum ex variis iuris interpretibus collectorum […], Lyon 1549, 31v–60v. Edition des Prologs bei Bertram, Kanonisten, S. 547f.; s. Angaben zum Text.


Bearbeitet von
Dr. Thorsten Huthwelker, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 796. Beschreibung von: Dr. Thorsten Huthwelker (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.


Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.