Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 826

Zusammengesetzte Hs. mit der Chronographia tripertita des Anastasius Bibliothecarius

Papier, Pergament · 2, 164, 3 Bll. · Heidelberg / Augsburg / Mittelitalien · um 1589 / nach 1529 / 4. Viertel 9. Jh.


Schlagwörter (GND)
Geschichte / Geschichtsschreibung / Kirchengeschichte / Stadtrecht.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Papier / Pergament.
Umfang
2, 164, 3 Bll.
Format (Blattgröße)
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
Hs. aus 3 Faszikeln zusammengesetzt (I. Bl. A-D; II. Bl. Ca; III. Bl. 1-159). (I-1)1a + 12a … + 2161* + (I-1)162*. Vorderspiegel Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von 162*.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Vorrömische Foliierung mit Metallstift (1–159). A–C und D nachträglich mit Blei nachgetragen. Bei ungez. Bll. folgt die Beschreibung der Zählung der Digitalisate (1a–2a, Ca, 160*–162*).
Zustand
Pergament stark verschmutzt, diverse Wasserschäden, zahlreiche Bll. entlang senkrechter Blindlinien genäht, manche mit Pergament (?) und Japanpapier restauriert. Tinte verblasst.


Einband
Grünes Pergament über Pappe. Auf dem Vorderdeckel Wappen Papst Urban VIII., auf dem Hinterdeckel Wappen des Kardinalbibliothekars Francesco Barberini (1597–1679). In Rom zwischen 1626 und 1633 gefertigt. Rücken neu, oben neues, blaues aufgeklebtes Signaturschild der Vaticana, darunter goldgeprägtes Wappen von Pius IX., darunter schwarzes Signaturschild mit aktueller Signatur in Gold, darunter goldgeprägtes Wappen des Kardinals und Bibliothekars Angelo Mai (1782–1854), gefertigt in Rom zwischen 1853 und 1854 (vgl. Schunke, Einbände 2.2, S. 852). Kapital mit gelb-kupferfarbenen Fäden umwickelt.
Provenienz
Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Auf Vorderspiegel blaues Schildchen der Vaticana mit aktueller Signatur. Auf 2ar Altsignatur 72 [durchgestrichen]. Bei vorliegender Hs. dürfte es sich um das älteste erhaltene Manuskript der Chronographia tripertita handeln, das wohl im Umfeld des Autors entstand. Diesem Faszikel wurden wahrscheinlich noch in Heidelberg zwei weitere Faszikel vorgebunden. Das legt die Capsa-Nummer auf dem Vorsatzbl. 2ar nahe: C. 180 [durchgestrichen]. Während beim zweiten Faszikel ein Bezug zur Chronographia nicht auszumachen ist und das Bl. wohl eher zufällig in diesen Codex gelangte, verhält sich dies beim ersten Faszikel anders, der das Vorwort der kirchengeschichtlichen Chronik enthaltend, vielleicht im Zuge einer textkritischen Durchsicht im Rahmen der Vorbereitung einer Druckausgabe des Werks in den Palatinus gelangte. Dafür sprechen die textkritischen Anmerkungen einer Hand im ersten wie dritten Faszikel.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_lat_826
Literatur
Bernhard Bischoff, Italienische Handschriften des neunten bis elften Jahrhunderts in frühmittelalterlichen Bibliotheken außerhalb Italiens, in: Il libro e il testo. Atti del convegno internazionale, Urbino 20–23 sett. 1982, Urbino 1984, S. 171–194, hier S. 187f.; Bernhard Bischoff, Katalog der festländischen Handschriften des neunten Jahrhunderts (mit Ausnahme der wisigotischen), Bd. 3, Padua-Zwickau, hrsg. von Birgit Ebersperger, Wiesbaden 2014, S. 416, Nr. 6556; Shane Bobrycki, Translation, Repurposing and Misunderstanding from Egypt to Rome to Ravenna: φορεῖον – phorium – furibum, in: Archivum latinitatis medii aevi 74 (2016), S. 37–54, hier S. 51 A. 82; Catalogus translationum et commentariorum. Mediaeval and Renaissance Latin Translations and Commentaries, Annotated Lists and Guides, Bd. 11, hrsg. von Greti Dinkova-Brunn / Julia Haig Gaisser / James Hankins, Toronto 2016, S. 222; Paolo Chiesa, Sulla tradizione indiretta di testi mediolatini, in: Filologia classica e filologia romanza: esperienze ecdotiche a confronto, Atti del Convengno, Roma, 25–27 maggio 1995, hrsg. von Anna Ferrari, Spoleto 1998 (Incontri di studio 2), S. 103–120, hier S. 108 A. 12; CSLMA auct. Ital., S. 19f.; Réka Forrai, The Interpreter of the Popes. The Translation Project of Anastasius Bibliotecarius, Diss. Budapest 2008, S. 49, 78; Réka Forrai, Anastasius Bibliotecarius and his Textual Dossiers. Greek Collections and their Latin Transmission in 9th Century Rome, in: L’antiquité tardive dans les collections médiévales. Textes et représentations VIe–XIVe siècle, hrsg. von Stéphane Gioanni / Benoît Grévin, Rom 2008 (Collection de l’École Française de Rome 405), S. 319–335, hier S. 326; Krämer, Handschriftenerbe 1.2, S. 529; MGH Epp. 7, S. 419; Mirabile, Città del Vaticano, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 826; Montuschi, Le biblioteche, S. 314; OVL, Pal.lat.826; Antonio Rigo, Saracenica di Friedrich Sylburg (1595). Una raccolta di opere bizantine contro l’Islâm, in: I Padri sotto il torchio. Le edizioni dell’antichità cristiana nei secoli XV–XVI. Atti del Convegno di studi Certosa del Galluzzo, Firenze, 25–26 giugno 1999, hrsg. von Mariarosa Cortesi, Florenz 2002 (Millennio Medievale 35, Atti di convegni 10), S. 289–310, hier S. 309; Ekkehart Rotter, Mohammed in Bamberg. Die Wahrnehmung der muslimischen Welt im deutschen Reich des 11. Jahrhunderts, in: Aufbruch ins zweite Jahrtausend. Innovation und Kontinuität in der Mitte des Mittelalters, hrsg. von Achim Hubel / Bernd Schneidmüller, Ostfildern 2004 (Mittelalter-Forschungen 16), S. 283–344, hier S. 325 A. 209; Schunke, Einbände 2.2, S. 852; Stevenson, Latini, S. 288f.; TeTra 2, S. 102; Theophanis Chronographia, Bd. 2, hrsg. von Carl De Boor, Leipzig 1885, S. 425f.; Matthias M. Tischler, Eine fast vergessene Gedächtnisspur. Der byzantinisch-lateinische Wissenstransfer zum Islam (8.–13. Jahrhundert), in: Knotenpunkt Byzanz. Wissensformen und kulturelle Wechselbeziehungen, hrsg. von Andreas Speer / Philipp Steinkrüger, Berlin 2012 (Miscellanea mediaevalia 36), S. 167–195, hier S. 188 A. 78; Jesse W. Torgerson / Mike Humphreys, Chronicles, Histories, and Letters, in: A Companion to Byzantine Iconoclasm, hrsg. von Mike Humphreys, Leiden / Boston 2021, S. 191–229, hier S. 204 A. 61; Jesse W. Torgerson, The Chronographia of George the Synkellos and Theophanes. The Ends of Time in Ninth-Century Constantinople, Leiden / Boston 2022 (Brill’s Series on the Early Middle Ages 28), S. 365–377.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Faszikel I (Bl. A–C)

Sachtitel / Inhalt
Anastasius Bibliothecarius, Chronographia tripertita.
Entstehungsort
Heidelberg.
Entstehungszeit
um 1589.
Typus (Überlieferungsform)
Faszikel.
Beschreibstoff
Papier.
Umfang
4 Bll.
Format (Blattgröße)
32,5 × 20 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(II+1)D. Bei dem dem Binio beigebundenen Bl. handelt es sich um Ca, das als folgender Faszikel behandelt wird.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
S. zum Codex.

Schriftraum
25,5 × 15 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
22 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Gut lesbare humanistische Kursive, von der Hand, die auch 5r–50v von Pal. lat. 429bis schrieb, eine Abschrift des von Friedrich Sylburg (1536–1596) erstellten Catalogus librorum Graecorum manuscriptorum Bibliotecae Palatinae, an dessen Abfassung sich auch die hier vorgenommene Datierung orientiert. Auf Ar wurde mit Metallstift oberhalb des Textes [Melissi manu.] nachgetragen. Ob es sich tatsächlich um die Hand des Paul Melissus (1539–1602) handelt, der zeitweilig auch der Bibliotheca Palatina vorstand (Jörg-Ulrich Fechner / Hans Dehnhard, Art. Melissus, Paulus, in: NDB 17, Berlin 1994, S. 15 f.), lässt sich kaum entscheiden. Der Vergleich mit den zur Verfügung stehenden Schriftproben schließt dies nicht aus, erhärtet aber diese Annahme auch nicht.
Buchgestaltung
Überschrift, Incipit und Explicit in Capitalis quadrata.

Nachträge und Benutzungsspuren
Von zwei Händen Anmerkungen in humanistischer Kursive, die eine davon ist Friedrich Sylburg zuzuweisen.

Provenienz
Heidelberg.
Geschichte des Faszikels
Ob es sich bei dem hier wiedergegebenen Prolog tatsächlich um eine Abschrift des Paul Melissus handelt, kann nicht endgültig entschieden werden. Da die Hand allerdings auch den Katalog der griechischen Handschriften der Bibliotheca Palatina von Friedrich Sylburg kopierte, der wiederum diesen und den dritten Faszikel mit Anmerkungen versah und die Chronographia tripertita für seine Saracenica verwendete (Rigo, Saracenica, S. 309), könnte diese Abschrift der Einleitung im Zusammenhang mit den philologischen Arbeiten Sylburgs entstanden sein, der 1591 nach Heidelberg kam und 1595/1596 die Bibliotheca Palatina leitete (Friedrich Koldewey, Sylburg, Friedrich, in: ADB 37 [1894], S. 282–285).

1) Ar–Cv Digitalisat

Verfasser
Anastasius Bibliothecarius (GND-Nr.: 118965808).
Titel
Praefatio Chronographiae tripertitae.
Angaben zum Text
Vorwort von Hand des ausgehenden 16. Jhs., laut einer Randbemerkung mit Metallstift des Paul Melissus. Eine andere in Tinte verweist auf den Druck Historiae miscellae a Pavlo Aqvilegiensi diacono primvm collectae […], Basel 1569, S. 1–4.
Rubrik
Ara ›Præfatio Anastasii Bibliothecarii svmmæ ac apostolicæ sedis‹.
Incipit
Ara ›Ecclesiasticam, karissime frater et digne Christi levita Johannes
Explicit
Cv … quod ei secundum vires offertur.Explicit prologvs‹.
Edition
Theophanis Chronographia, Bd. 2, hrsg. von De Boor, S. 31–35.

Faszikel II (Bl. Ca)

Sachtitel / Inhalt
Franz Kötzler, Stadtgerichtsbuch von 1529.
Entstehungsort
Augsburg.
Entstehungszeit
nach 1529.
Typus (Überlieferungsform)
Faszikel.
Beschreibstoff
Papier.
Umfang
1 Bl.
Format (Blattgröße)
33 × 22 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(II+1)D. Ca wurde als einzelnes Bl. dem Binio beigebunden, der als Faszikel I behandelt wurde.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Das Bl. blieb ungez. und wird hier gemäß dem Digitalisat als Ca bezeichnet.

Schriftraum
32,5 × 21 cm.
Spaltenanzahl
2 Spalten.
Zeilenanzahl
45-50 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Der Schreiber bediente sich einer flüchtig geschriebenen gotischen Kursive, die allerdings auch viele Elemente der humanistischen Kursive in sich birgt, vor allem bei der Ausführung der Majuskeln.
Buchgestaltung
Überschrift unterstrichen, zweispaltiger Fließtext.

Nachträge und Benutzungsspuren
Vielfache Streichungen, wohl von Hand des Schreibers.

Provenienz
Augsburg / Heidelberg.
Geschichte des Faszikels
Da das Rechtsbuch des Franz Kötzler eine Reform des Augsburger Stadtrechts zum Ziel hatte und auch nur handschriftlich in Augsburg überliefert ist (Eugen Liedl, Gerichtsverfassung und Zivilprozeß der freien Reichsstadt Augsburg, Augsburg 1958 [Abhandlungen zur Geschichte der Stadt Augsburg 12], S. 53), dürfte dieses Bl. auch in Augsburg beschrieben worden sein. Die flüchtige Schrift und der kurze Text vermitteln den Eindruck eines im Umfeld der Augsburger Stadtadministration angefertigten Exzerpts, das irgendwann dem Palatinus beigelegt und schließlich beigebunden wurde.

2) Car–Cav Digitalisat

Verfasser
Franz Kötzler.
Titel
Exzerpt aus dem Stadtgerichtsbuch von 1529.
Angaben zum Text
Es handelt sich hier offenbar um ein Exzerpt aus der privaten Kompilation des Augsburger Gerichtsschreibers Franz Kötzler aus dem Jahr 1529, in der er eine Reform des Stadtrechts unter Einbezug des Römischen Rechts anstrebte. In mehreren Hss. überliefert (Liedl, Gerichtsverfassung, S. 53), beschrieben in Ulrich-Dieter Oppitz, Deutsche Rechtsbücher des Mittelalters, Bd. 2, Beschreibung der Handschriften, Köln / Wien 1990, S. 708, Nr. 1117; Ulrich-Dieter Oppitz, Ergänzungen zu „Deutsche Rechtsbücher des Mittelalters und ihre Handschriften“, in: ZRG GA 132 (2015), S. 463–478, hier S. 470, Nr. 1117.
Rubrik
Car ›Frantzen Kötzlers Stattgrichtbuch 1529‹.
Incipit
Cara Der lorber ist gandtner vber essende pfand, alls roß, oxen et cetera
Explicit
Cava … Item von den gwalthabern, gegen iren parthayen vnd anderen selbschulten zu sein.

Faszikel III (Bl. 1–159)

Sachtitel / Inhalt
Anastasius Bibliothecarius, Chronographia tripertita.
Entstehungsort
Mittelitalien.
Entstehungszeit
4. Viertel 9. Jh.
Typus (Überlieferungsform)
Faszikel.
Beschreibstoff
Pergament.
Umfang
159 Bll.
Format (Blattgröße)
34 × 24,9 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
19 IV152 + (IV-1)159.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
S. zum Codex. Durchgängig Kustoden auf der letzten Versoseite der Lage auf dem Fußsteg mittig mit q samt Kürzungszeichen für quaternio und römischer Ziffer.

Schriftraum
26 × 18 cm.
Spaltenanzahl
2 Spalten.
Zeilenanzahl
29–32 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Karolingische Minuskel von einer Hand. Majuskelbuchstaben aus der Capitalis rustica.
Buchgestaltung
Zeilengerüst blindliniiert. Abschnittsanfänge mit Rubriken in Capitalis rustica und roten Majuskelbuchstaben in Capitalis rustica als Versalien kenntlich gemacht, meist über zwei Zeilen, mit der Zeit verstärkt auf die rote Ausschmückung verzichtet. Satzanfänge mit Majuskelbuchstaben gekennzeichnet.
Buchschmuck
7r rote P-Silhouetteninitiale mit Blättern an den beiden Enden des Schafts. Genealogische Schaubilder auf 6v und 21r.

Nachträge und Benutzungsspuren
Kapitel nachträglich in arabischen Ziffern durchnummeriert. Verschiedene Hände trugen über Jahrhunderte vor allem Verweise, allerdings wenige Anmerkungen nach. Einige grafische Verweiszeichen. Nachtrag auf 155r über die Eroberung Jerusalems 1099, nach Bischoff, Italienische Handschriften, S. 187f. bereits in Deutschland niedergeschrieben. Den Verweis auf 47r mit Metallstift brachte die Hand an, die wohl auch durchfoliierte. Sie nimmt Bezug auf die Ausgabe von 1569, die auch auf Ar erwähnt wird. Eine weitere Hand ist Friedrich Sylburg zuzuweisen, der ebenfalls den ersten Faszikel mit textkritischen Anmerkungen versah (s. Geschichte des Faszikel I) und vorliegenden Faszikel für seine Arbeiten an der 1595 publizierten Saracenica verwendete (Rigo, Saracenica, S. 309).

Provenienz
Mainz / Heidelberg.
Geschichte des Faszikels
Der Entstehungskontext der hier dargebotenen Chronographia tripertita ist umstritten. Zwar scheint die räumliche Zuweisung nach Mittelitalien einhellig anerkannt zu sein, die zeitliche Einordnung schwankt allerdings zwischen dem 10. (so zuletzt TeTra 2, S. 102) und dem Ende des 9. Jhs. (beispielsweise Bischoff), wobei im letzteren Fall die Herstellung sehr nah an den Entstehungskontext der Chronik selbst herangerückt wird. Für letztere Meinung spricht die in der Forschung bisher nicht beachtete ältere Richterliste, welche die sieben römischen Pfalzrichter aufführt und mit den entsprechenden Ämtern am byzantinischen Hof vergleicht, die am Ende des Chroniktextes von anderer Hand nachgetragen wurde. Percy Ernst Schramm hat mit guten Gründen die Entstehung des Textes in die Zeit verlegt, in der Anastasius Bibliothecarius das Amt des Bibliothekars der apostolischen Kanzlei bekleidete. Seinem Umkreis rechnet er auch den Verfasser der Liste zu (Percy Ernst Schramm, Studien zu frühmittelalterlichen Aufzeichnungen über Staat und Verfassung, in: ZRG GA 49 [1929], S. 167–232, hier S. 205–207). Da diese Liste ansonsten in ganz unterschiedlichen Hss. überliefert wurde, deren Texte keinerlei Bezug zu Anastasius Bibliothecarius aufweisen, kann dieser Eintrag an dieser Stelle kaum als Zufall eingeschätzt werden, sodass davon auszugehen ist, dass dieser Nachtrag dem direkten Umfeld des Anastasius Bibliothecarius zuzuordnen ist und deshalb auch der ganze Faszikel diesem Kreis entstammen dürfte. Wie der Nachtrag zur Eroberung Jerusalems auf 155r nahelegt, scheint die Chronographia tripertita im hohen Mittelalter bereits in Mitteleuropa, vielleicht schon in Mainz gewesen zu sein, wo sie Ende des 15. Jhs. nachweisbar ist. Das zeigt der Besitzvermerk auf 1r Jste liber pertinet ad librariam sancti Martinj ecclesie Maguntine sowie der Vermerk des Domstiftssyndikus Macarius von Buseck (†1482) Macarius sindicus scripsit 1479, gefolgt von der zweimal vermerkten, wohl Mainzischen Signatur h 16, wobei das h für ‚historia‘ stehen dürfte, und einer weiteren am unteren Rand: E I. Nach Heidelberg gelangte die Hs. wahrscheinlich durch Michael Schütz (1514-1581), genannt Toxites, Balthasar Reisner (s. Drüll, Gelehrtenlexikon, S. 471f.) oder Marcus Wagner († 1579), die im Auftrag des Pfalzgrafen Ottheinrich die Mainzer Dombibliothek in den Jahren 1553–1555 besuchten, um mehrere Hss. auszuleihen (Falk, Dombibliothek, S. 84–86, der allerdings annimmt, dass die Bücher im Rahmen des 2. Markgrafenkriegs als Kriegsbeute aus der Dombibliothek entwendet worden wären, anders bereits gesehen von Schottenloher, Pfalzgraf Ottheinrich, S. 12). Darunter dürfte sich auch der Palatinus befunden haben, der offenbar – wie andere Codices auch – nicht wieder zurückgegeben wurde und daraufhin wohl in die Schlossbibliothek einging, ehe er mit den beiden anderen Faszikeln vereinigt wurde. Im Katalog der Bibliotheca Palatina von 1581 schließlich findet sich der Nachweis einer Anastasij Bibliothecarij historia ecclesiastica, geschrieben, perment, in folio, bretter, weiß leder, ketten (Pal. lat. 1956, S. 19).

3) 1ra–154vb Digitalisat

Verfasser
Anastasius Bibliothecarius (GND-Nr.: 118965808).
Weitere beteiligte Personen
Theophanes (GND-Nr.: 118801864) / Nikephoros I. (GND-Nr.: 118734881) / Georgios Synkellos (GND-Nr.: 118716980).
Titel
Chronographia tripertita.
Angaben zum Text
Von Anastasius Bibliothecarius († 879), dem Gegenpapst Anastasius III., zwischen 871 und 874 verfasste Kirchengeschichte, basierend auf den Werken des Theophanes (um 760–818), Nikephoros I. (757/758–828) und Georgios Synkellos († nach 810), die wohl Johannes Hymmonides (um 825–zwischen 880 und 882) als Grundlage seiner nicht ausgeführten Kirchengeschichte dienen sollte (vgl. Forrai, Anastasius, S. 325f.). Der Palatinus stellt neben Montecassino (Frosinone), Archivio dell’Abbazia (Biblioteca Statale del Monumento Nazionale), 6 eine der beiden ältesten Manuskripte des Textes dar.
Rubrik
1ra ›Praefatio Anastasii Bibliothecarii summae ac apostolicae sedis‹.
Incipit
1ra Ecclesiasticam, karissime frater et digne Christi leuita Iohannes
Explicit
154vb … reuersus est et obsessam Adrianopolim cepit.
Edition
Theophanis Chronographia, Bd. 2, hrsg. von De Boor, S. 31–340 (der Palatinus ist eine der beiden für die Edition verwendeten Leithandschriften).

4) 154vb Digitalisat

Titel
De nominibus septem graduum.
Angaben zum Text
Notiz über die sieben römischen Pfalzrichter, in der diese und der Bibliothekar der päpstlichen Kanzlei mit den entsprechenden Ämtern am byzantinischen Hof verglichen werden, verfasst wahrscheinlich zwischen 867 und 877, auch als ältere Liste der römischen Pfalzrichter bezeichnet, die im Umkreis des Anastasius Bibliothecarius entstanden sein soll, wie Schramm, Studien, S. 198–218 nachwies, der den Palatinus nicht kannte.
Rubrik
154vb ›Incipit de nomina [!] septem gradora [!] quomodo nominatur [!] apud Grecos et Latinos‹.
Incipit
154vb Primicerius, id est prima manus …
Explicit
154vb …Protosycriti, id est protoscriniarius.
Edition
Schramm, Studien, S. 203f.

5) 155ra–159vb Digitalisat

Titel
Anhang zur Chronographia tripertita.
Angaben zum Text
Lebens-, Wirkungs- und Regierungsjahre biblischer wie historischer Personen, sowie eine Auflistung biblischer Bücher mit Anzahl der Verse.
Rubrik
155ra ›Est collectio annorum ut subinfertur‹.
Incipit
155ra Adam annos CCXXX.
Weiteres Initium
156vb Et quotquot regnaverunt in decem tribubus Israelis ; 156vb Hieroboam, servus Salomonis, qui unctus est ; 157rb Et quotquot summi sacerdotes fuerunt in Israel ; 157rb Aaron septimus, Abraham duos filios dereliquit ; 158ra Et qui fuerunt patriarchae in Hierusalem a Christo ; 158ra Iacobus frater domini annos praefuit XXVI ; 158rb Usque ad nos fuerunt ex paganis imperatores ; 158rb Macarius qui in prima synodo annos XX ; 158va Usque ad hunc ex paganis imperatores ; 158va Achillas anno I ; 158vb Et qui fuerunt episcopi Antiochiae a Christo ; 158vb Petrus apostolus annos ; 158vb Usque ad hunc ex gentis imperatores ; 159ra Vitalius annos VI ; 159rb Haec sunt libri divinae scripturae ; 159rb Genesi versus IIII CCC ; 159va Haec autem sunt Novi Testamenti ; 159va Evangelium secundum Matthaeum versus II D ; 159va Simul veteris quidem Testamenti ; 159vb Et quibus novi contradicitur ; 159vb Apocalypsis Iohannis versus IV ; 159vb Et quae sunt Apocrypha Veteris ; 159vb Enoch versus IV ; 159vb Et que Novi sunt Apocrypha ; 159vb Itinerarium Pauli versus III DC.
Explicit
159vb Itinerarium Iohannis versus I DC.
Edition
Teilweise ediert in: Theophanis Chronographia, Bd. 2, hrsg. von De Boor, S. 340–346.


Bearbeitet von
Dr. Thorsten Huthwelker, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2016.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 826. Beschreibung von: Dr. Thorsten Huthwelker (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2016.


Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.