Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 832

Zusammengesetzte Handschrift

Pergament · 1, 93, 1 Bll. · 25,4 × 17,2 cm · Mittel- / Oberrhein (?) / Mainz (?) / Mitteleuropa · 2. Viertel 14. Jh. / um 1338 / Ende 13. Jh.


Schlagwörter (GND)
Geschichte / Geschichtsschreibung / Weltgeschichte / Papst / Kaiser / Palästina / Reise / Wallfahrt / Brief / Segen / Mystik / Interdikt / Exkommunikation / Kurverein von Rhens / Kanonisches Recht / Konzil.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Pergament.
Umfang
1, 93, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
25,4 × 17,2 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
Hs. aus 4 Faszikeln zusammengesetzt (I. Bl. 1-70; II. Bl. 71-83; III. Bl. 84-85; IV. Bl. 86-93). (I-1)1a + … + (I-1)94*.Vorderspiegel Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von 94*.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Römische Foliierung des 17. Jhs. (1–93). Bei ungez. Blättern folgt die Beschreibung dem Digitalisat (1a, 94*).
Zustand
Pergament verschmutzt. Zahlreiche Wurmlöcher in den ersten Blättern. 83r großer Tintenfleck mit Schriftverlust. Tinte phasenweise berieben und verblasst.


Einband
Grünes Pergament über Pappe, Löcher für Schließbänder noch vorhanden. Auf dem Vorderdeckel Wappen Papst Urban VIII., auf dem Hinterdeckel Wappen des Kardinalbibliothekars Francesco Barberini (1597–1679). In Rom zwischen 1626 und 1633 gefertigt. Rücken neu, oben blaues aufgeklebtes Signaturschild der Vaticana mit Pal. lat. 832, darunter schwarzes Signaturschild mit PAL. 832 in Gold, darunter goldgeprägtes Wappen von Pius IX. sowie von Kardinal und Bibliothekar Luigi Lambruschini (1776–1854), gefertigt in Rom zwischen 1846 und 1853 (vgl. Schunke, Einbände 2.2, S. 852). Kapital mit gelb-kupferfarbenen Fäden umwickelt.
Provenienz
Heidelberg / Mainz.
Geschichte der Handschrift
Blaues Schildchen mit aktueller Signatur der Vaticana auf dem Vorderspiegel. Auf 1r durchgestrichene Altsignatur 13[Rest nicht erkennbar] nebst aktueller Signatur, diese auch auf 2r, wo sich oben wohl eine alte Signatur der Mainzer Dombibliothek befindet: P. 9, unten auf der Seite der Eintrag des Domstiftssyndikus Macarius von Buseck (†1482): Iste liber pertinet ad librariam sanctj Martinj ecclesie Maguntine sowie Macarius sindicus scripsit 1479. Es handelt sich demnach um eine Hs. des Mainzer Domstifts, die aufgrund der in fast allen Faszikeln vorkommenden Texte zum Interdikt im Großen und Ganzen zwischen 1324 und 1347 entstanden sein muss, als im Kampf zwischen Ludwig dem Bayer und der Kurie das Interdikt über das Reich verhängt war (vgl. Martin Kaufhold, Gladius spiritualis. Das päpstliche Interdikt über Deutschland in der Regierungszeit Ludwigs des Bayern [1324–1347], Heidelberg 1994 [Heidelberger Abhandlungen zur mittleren und neueren Geschichte, N.F. 6]). Auch die den ersten Faszikel beherrschende Papst-Kaiser-Chronik des Martin von Troppau ist in diesem Kontext zu verorten. Eine der führenden geistigen Köpfe in dieser Auseinandersetzung war Rudolf Losse (um 1310–1364), mit dem der Palatinus in irgendeiner Weise in Verbindung zu stehen scheint. Der gelehrte Rat stand ab 1332 in Diensten Balduins von Luxemburg (um 1285–1354), des Erzbischofs von Trier. Nachdem er wohl die Ergebnisse des Kurvereins von Rhens 1338 abgefasst hatte, setzte er wahrscheinlich noch für den Mainzer Erzbischof das im Palatinus überlieferte Schreiben an den Papst auf, das allerdings wohl nie abgeschickt wurde, und ansonsten nur noch in den Materialsammlungen des Rats überliefert ist. 1346 schließlich stieg er zum Dekan des Mainzer Domstifts auf und verlagerte nach dem Tod Erzbischof Balduins 1354 auch seinen Lebensmittelpunkt nach Mainz (vgl. Miriam Elisabeth Spiller, Zeitgenössische Diskurse und Diskutanten über Probleme in der Reichspolitik des deutschen Spätmittelalters, Diss. Gießen 2004 [2006], S. 26–30). Interessant ist, dass auch er ein Chronicon pontificium et imperatorum besaß, das allerdings wohl mit Mainz, Wissenschaftliche Stadtbibliothek, Hs I 634 in Verbindung zu bringen ist (s. dazu die Beschreibung von Christoph Winterer). Im Palatinus selbst ist Losses Hand nicht nachweisbar (zu seinen überlieferten Materialsammlungen s. die einleitenden Kapitel in Nova Alamanniae. Urkunden, Briefe und andere Quellen besonders zur deutschen Geschichte des 14. Jahrhunderts, Bd. 2.2, hrsg. von Edmund E. Stengel unter Mitwirkung von Klaus Schäfer, Hannover 1976). Er muss sich aber bereits während dieser Auseinandersetzungen – zumindest aber einige seiner Faszikel – im Mainzer Domstift befunden haben. Nach Heidelberg gelangte die Hs. wahrscheinlich durch Michael Schütz (1514-1581), genannt Toxites, Balthasar Reisner (s. Drüll, Gelehrtenlexikon, S. 471f.) oder Marcus Wagner († 1579), die im Auftrag des Pfalzgrafen Ottheinrich die Mainzer Dombibliothek in den Jahren 1553–1555 besuchten und mehrere Hss. ausliehen (Falk, Dombibliothek, S. 84–86, der allerdings annimmt, dass die Bücher im Rahmen des 2. Markgrafenkriegs als Kriegsbeute aus der Dombibliothek weggeführt wurden, anders bereits gesehen von Schottenloher, Pfalzgraf Ottheinrich, S. 12). Darunter dürfte sich auch der Palatinus befunden haben, der offenbar – wie andere Codices auch – nicht wieder zurückgegeben wurde und schließlich in die Schlossbibliothek und daraufhin schon bald in die Bibliotheca Palatina eingegangen sein dürfte, wenn sich folgender Eintrag im Katalog derselben Büchersammlung von 1581 auf den Palatinus bezöge, Cronicon Martini ordinis praedicatorum, perment, bretter, alt leder (Pal. lat. 1956, S. 61), der die Rubrik des grundlegenden Texts des ersten Faszikels auf ähnliche Weise wiedergibt.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_lat_832
Literatur
Bartsch, Handschriften, Nr. 372, S. 191f.; Bertram, Kanonisten, S. 12; Bethmann, Nachrichten, S. 343; Anna-Dorothee von den Brincken, Studien zur Überlieferung der Chronik des Martin von Troppau (Erfahrungen mit einem massenhaft überlieferten historischen Text), in: DA 41 (1985), S. 460–531, hier S. 504; Handschriftencensus, https://handschriftencensus.de/10505; Nathanael Busch / P. Oliver Ruggenthaler, Handschriftenfunde im Franziskanerkloster Schwaz / Tirol, in: ZfdA 139 (2010), S. 299–307, hier S. 302; Die Codices Palatini germanici in der Universitätsbibliothek Heidelberg (Cod. Pal. germ. 1–181), bearb. von Karin Zimmermann unter Mitwirkung von Sonja Glauch / Matthias Miller / Armin Schlechter, Wiesbaden 2003 (Kataloge der Universitätsbibliothek Heidelberg 6), S. 242; Rowan Dorin, Corpus Synodalium: Medieval Canon Law in a Digital Age, in: Digital Medieval Studies. Practice and Preservation, hrsg. von Laura K. Morreale / Sean Gilsdorf, Leeds 2022, S. 49–76, hier S. 59; Verena Holzmann, „Ich beswer dich wurm und wyrmin ...“. Formen und Typen altdeutscher Zaubersprüche und Segen, Bern u.a. 2001 (Wiener Arbeiten zur germanischen Altertumskunde und Philologie 36), Nr. 220, 238, S. 236–238; Peter Johanek, Studien zur Überlieferung der Konstitutionen des II. Konzils von Lyon (1274), in: ZRG KA 65 (1979), S. 149–216, hier S. 155ff.; Kaeppeli, Scriptores OP 3, S. 122; Konrad von Halberstadt O.P., Chronographia interminata, 1277–1355/59, hrsg. von Rainer Leng, Wiesbaden 1996 (Wissensliteratur im Mittelalter 23), S. 83 A. 345; Ruth Meyer, Magister – Mystiker – Magier? Das Bild Alberts des Großen in volkssprachlichen Texten des Mittelalters, in: Autor – Autorisation – Authentizität. Beiträge der Internationalen Fachtagung der Arbeitsgemeinschaft für germanistische Edition in Verbindung mit der Arbeitsgemeinschaft philosophischer Editionen und der Fachgruppe Freie Forschungsinstitute in der Gesellschaft für Musikforschung, hrsg. von Thomas Bein / Rüdiger Nutt-Kofoth / Bodo Plachta, Tübingen 2004 (Beihefte zur Editio 21), S. 115–130, hier S. 127f.; Heike Johanna Mierau, Die Papst-Kaiser-Chroniken des Spätmittelalters, 2006, https://www.mgh.de/storage/app/media/uploaded-files/mghdigitalangebote-ubersichtpapst-kaiser-chroniken.pdf; Heike Johanna Mierau, Fortsetzungen zur Papst-Kaiser-Chronik Martins von Troppau und zu den Flores temporum (nach unbekannten Enddaten), https://www.mgh.de/storage/app/media/uploaded-files/MGH_digital_Angebote_Fortsetzungen_Papst-Kaiser-Chronik_Flores_temporum.pdf; Mirabile, Città del Vaticano, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 832; Montuschi, Le biblioteche, S. 314; OVL, Pal.lat.832; Petr, Soupis 1, S. 401–406; Burkhard Roberg, Das Zweite Konzil von Lyon (1274), Paderborn 1990, S. XXIII, passim; Reinhold Röhricht, Bibliotheca geographica Palaestinae. Chronologisches Verzeichniss der auf die Geographie des Heiligen Landes bezüglichen Literatur von 333 bis 1878 und Versuch einer Geographie, Berlin 1890, S. 57; Jonathan Rubin, The Manuscript Tradition of Burchard of Mount Sion’s Descriptio Terre Sancte, in: The Journal of Medieval Latin 30 (2020), S. 257–286, hier S. 270, 285; Monika Schulz, Magie oder Die Wiederherstellung der Ordnung, Frankfurt am Main u.a. 2000 (Beiträge zur europäischen Ethnologie und Folklore, Reihe A, Texte und Untersuchungen 5), S. 316 A. 1084, 351 A. 1194; Schunke, Einbände 2.2, S. 852; Carl Selmer, An Unpublished Old German Blood Charm, in: The Journal of English and Germanic Philology 51 (1952), S. 345–354, hier S. 351; Stevenson, Latini, S. 291f.; Stefanie Unger, Generali concilio inhaerentes statuimus. Die Rezeption des Vierten Lateranum (1215) und des Zweiten Lugdunense (1274) in den Statuten der Erzbischöfe von Köln und Mainz bis zum Jahr 1310, Mainz 2004 (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 114), S. 130; Helga Unger, Geistlicher Herzen Bavngart. Ein mittelhochdeutsches Buch religiöser Unterweisung aus dem Augsburger Franziskanerkreis des 13. Jahrhunderts. Untersuchungen und Text, München 1969 (Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters 24), S. 122; Amadeo de Vincentiis, L’Ytalia di Dante e dei fiorentini scellerati: un caso di comunicazione politica nel Trecento, Rom 2021, S. 103f.; Walther, IC, S. 77; Oswald Zingerle, Segen, in: ZfdA 31 (1887), S. 103f.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Faszikel I (Bl. 1-70)

Sachtitel / Inhalt
Martin von Troppau, Chronicon pontificum et imperatorum.
Entstehungsort
Mittel- / Oberrhein (?).
Entstehungszeit
2. Viertel 14. Jh.
Typus (Überlieferungsform)
Faszikel.
Beschreibstoff
Pergament.
Umfang
70 Bll.
Format (Blattgröße)
25,4 × 17,2 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
11 + 8 IV65 + (III-2)69 + (I-1)70.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Auf 9v Reklamant auf dem Fußsteg rechts. 12r–67r verzierter Reklamant auf jeder Seite unten rechts, verweisend auf die übernächste Seite.

Schriftraum
19 × 13,8 cm.
Spaltenanzahl
2 Spalten (1v: 1 Spalte).
Zeilenanzahl
40–41 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Die Chronik und die Dekretale wurden von einer Hand in Textura geschrieben, die beim Buchstaben r den Abstrich vom unteren Ende des Schafts derart rechts des Schafts nach oben zog, dass der Buchstabe einem v ähnelt. Der Kleintext auf 1v wurde von anderer Hand in einer Textualis nachgetragen, die sich der Rotunda annähert, obgleich der Text nördlich der Alpen kopiert worden sein dürfte. Die Fortsetzung der Chronik auf 70va–70vb ist von einer weiteren Hand in einer flüchtigen älteren gotischen Kursive gehalten.
Buchgestaltung
Zeilenraster auf den Rändern durchgenadelt. Zeilengerüst mit Tinte vorgezogen. 12r–67v Pontifices für die Rectoseiten und Imperatores für die Versoseiten, 67v–70r Martinus als Seitentitel. An den Abschnittsanfängen rote Lombarden über meist zwei Zeilen sowie rubrizierte Jahreszahlen. Ferner rote Strichelungen und Paragrafenzeichen zur Strukturierung des Texts, zudem rote Zeilenfüller.
Buchschmuck
s. Buchgestaltung.

Nachträge und Benutzungsspuren
Anmerkungen von mehreren Händen. Wenige grafische Verweiszeichen. 11va–12v auf dem freien Raum, v.a. den unteren Rändern, Erzbischöfe von Mainz von Bonifatius (um 673–754) bis auf Dietrich Schenk von Erbach (1390–1459), wahrscheinlich während letzteren Episkopats, nachgetragen.

Provenienz
Heidelberg.
Geschichte des Faszikels
Aufgrund der Fortsetzungen zur Chronik des Martin von Troppau, die während der Regierungszeit Albrechts I. enden, könnte man annehmen, dass der Faszikel kurz nach 1300 vollendet wurde. Da das erste, freilich späterhin angefügte Bl. das Thema Interdikt berührt, wie weitere Texte in der Hs. auch, ist eine Entstehung während des päpstlichen Interdikts über das Reich zwischen 1324 und 1347 wahrscheinlicher. Als Entstehungsort ist, wie bei den folgenden Faszikeln auch, Mainz nicht unwahrscheinlich.

1) 1v Digitalisat

Beteiligte Personen
Bonifaz VIII. (GND-Nr.: 118513257).
Titel
Dekretale ‚Alma mater‘.
Rubrik
1v ›Bonifatius VIIIus‹.
Incipit
1v Alma mater ecclesia plerumque nonnulla ordinat racionabiliter et consulte
Explicit
1v … ut tempore interdicti modo premisso diebus celebrent supradictis.
Edition
Corpus iuris canonici 2, Sp. 1106f.

2) 1v Digitalisat

Verfasser
Heinrich von Gorze (?).
Titel
Kleintext.
Rubrik
1v ›Hinricus Gorziensis‹.
Incipit
1v Refert enim Iosephus, quia XLII. anno post gloriosam dei hominis assensionem
Explicit
1v …nascentur et regno.

3) 2ra–66rb Digitalisat

Verfasser
Martin von Troppau (GND-Nr.: 118782223).
Titel
Chronicon pontificum et imperatorum.
Rubrik
2ra ›Jncipit cronica fratris Martini ordinis fratrum predicatorum domini pape penitentiarii et cappellani‹.
Incipit
2ra [Q]voniam scire tempora summorum pontificum Romanorum nec non et aliorum patrum contemporaneorum
Explicit
66rb … et ibidem in ecclesia sancti Laurencii sepultus existit.Explicit cronica fratris Martini de pontificibus summis‹.
Edition
Martin von Troppau, Chronicon pontificum et imperatorum, hrsg. von Anna-Dorothee von den Brincken, Monumenta Germaniae Historica, https://data.mgh.de/ext/epub/mt/.

4) 66rb–70va Digitalisat

Titel
Fortsetzung des Chronicon pontificum et imperatorum.
Incipit
66rb Nycolaus IIIus nacione Romanus de domo Vrsinorum electus fuit anno domini Mo CCo LXXVIIIo
Explicit
70va … et ad sanctum Petrum sepelitur iuxta sepulchrum Nycolai pape tercii.Explicit cronica. Deo gracias‹.
Edition
SS 22, S. 475–482.

5) 70va–70vb Digitalisat

Titel
Fortsetzung des Chronicon pontificum et imperatorum.
Incipit
70va Post predictum Honorium electus est Nicolaus IIIItus de ordine fratrum minorum
Explicit
70vb … [Schluss unleserlich].

Faszikel II (Bl. 71–83)

Sachtitel / Inhalt
Verschiedene Texte mit religiösen Bezügen.
Entstehungsort
Mittel- / Oberrhein (?).
Entstehungszeit
2. Viertel 14. Jh.
Typus (Überlieferungsform)
Faszikel.
Beschreibstoff
Pergament.
Umfang
13 Bll.
Format (Blattgröße)
25,4 × 17,2 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
IV78 + (III-1)83.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
S. zum Codex.

Schriftraum
19> × 12,5 cm.
Spaltenanzahl
2 Spalten.
Zeilenanzahl
40 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
71r–80r schrieb eine Hand in einer Textura, welche einige Buchstaben der ersten Zeile mit segelartigen Schleifen schmückte, wie sie typisch für die zeitgenössischen Urkundenschriften waren. Die Nähe zur Kanzlei zeigen die folgenden Hände, welche die Texte in einer älteren gotischen Kursive schrieben, die der von Walter Heinemeyer als „Trecento I“ bezeichneten Urkundenschrift entsprechen.
Buchgestaltung
Zeilengerüst mit Tinte vorgezogen. Teilweise Raum für Initialen freigehalten. Zuweilen Initialmajuskeln und Paragrafenzeichen.
Buchschmuck
Ausschmückung mancher Oberlängen in der jeweils ersten Zeile des Blatts.

Nachträge und Benutzungsspuren
Korrekturen und Verweise von ausführenden Händen.

Provenienz
Mainz / Heidelberg.
Geschichte des Faszikels
Der Faszikel dürfte der Schrift nach wie der vorangegangene und der folgende im zweiten Viertel des 14. Jhs. entstanden sein. Die Entstehung der deutschen Texte weist Volker Honemann in den Raum Nordhessen / Erfurt (Johanek, Studien, S. 155), der Handschriftencensus (https://handschriftencensus.de/10505) eher in den südrheinfränkischen Raum.

6) 71ra–80ra Digitalisat

Verfasser
Burchardus de Monte Sion (GND-Nr.: 10093840X).
Titel
Descriptio Terrae Sanctae.
Incipit
71ra [C]vm in veteribus hystorijs legamus, sicut dicit beatus Jeronimus, quosdam lustrasse prouincias
Explicit
80ra … distat autem ab Acon 7 leucas. Deo gracias.
Edition
Burchard of Mount Sion, OP. Descriptio Terrae Sanctae, hrsg. von John R. Bartlett, Oxford / New York 2019.

7) 80va–81ra Digitalisat

Verfasser
Pseudo-Ambrosius (GND-Nr.: 11850245X).
Titel
Epistola de moribus et honesta vita ad Florianum.
Rubrik
80va ›Incipit epistola beati Ambrosij archiepiscopi de moribus et honesta vita‹.
Incipit
80va Dilecte fili, dilige lacrimas, noli differre eas
Explicit
81ra … quod legendo respicis, viuendo contempnas.
Edition
Migne PL 17, Sp. 749–752.

8) 81ra–82va Digitalisat

Verfasser
Pseudo-Bernhard-von-Clairvaux (GND-Nr.: 118509810).
Titel
Epistola ad Raymundum dominum Castri Ambrosii.
Rubrik
81ra ›Epistola beati Bernhardi ad quemdam nobilem militem de cura et modo rei familiaris‹.
Incipit
81ra Gracioso et felici militi R[aymundo] [unten nachgetragen: domino Castri Ambrosij] Bernhardus in senium ductus salutem
Explicit
82va … ad quem ipsam perduxit sua dampnabilis senectus.
Edition
Migne PL 182, S. 645–651.

9) 82va–83ra Digitalisat

Titel
Kleintexte.
Incipit
82va Duodecim sunt abusiones, quibus tota iusticia suffocatur …
Weiteres Initium
82va Ave Ihesu Christe, fili virginis, agnus dei ; 82vb Ave Ihesu Christe, lumen coeli, precium mundi ; 82vb Nota, quod sex sunt leges ; 82vb Ars esurit, decreta tument, lex lucra ministrat ; 82vb Si quis ad senectutem pervenerit ; 83ra Tria sunt, quae ducunt hominem ad regnum coelorum ; 83ra Quod deus est scimus.
Explicit
83ra … simpliciter credere bonum est.

10) 83ra–83rb> Digitalisat

Titel
Wassersegen.
Incipit
83ra Ich gesene dich hude, dv vermaledite wunde
Explicit
83rb … vnd die ander von vnsers herren funf wonden.
Edition
Holzmann, Formen, Nr. 220, S. 236f.

11) 83rb–83va Digitalisat

Titel
Pfeilsegen.
Incipit
83rb In dem namen dez vaders vnd dez sons
Explicit
83va … vnd hutte dich vor frawen an dem selben dage, so hilfet dir got.
Edition
Holzmann, Formen, Nr. 223, S. 238.

12) 83va–83vb Digitalisat

Verfasser
Pseudo-Engelhart-von-Ebrach (GND-Nr.: 10257121X).
Weitere beteiligte Personen
Albertus Magnus (GND-Nr.: 118637649).
Titel
Die neun Punkte.
Incipit
83va Bischof Albrecht sprichet achte wort. Daz erste ist: Wer da gibet eynen phennig
Explicit
83vb … wi si got alle [… Textverlust] hat.
Edition
Wolfgang Stammler, Prosa der deutschen Gotik. Eine Stilgeschichte in Texten, Berlin 1933 (Literarhistorische Bibliothek 7), Nr. 26, S. 47f.; Gottsuchende Seelen. Prosa und Verse aus der deutschen Mystik des Mittelalters, hrsg. von Wolfgang Stammler, München 1948 (Germanistische Bücherei 1), S. 24 (nach dem Palatinus).

Faszikel III (Bl. 84–85)

Sachtitel / Inhalt
Texte zum Interdikt, Kurverein von Rhens.
Entstehungsort
Mainz (?).
Entstehungszeit
um 1338.
Typus (Überlieferungsform)
Faszikel.
Beschreibstoff
Pergament.
Umfang
2 Bll.
Format (Blattgröße)
25,4 × 17,2 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
I85.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
S. zum Codex.

Schriftraum
19,5 × 15 cm; .
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
39–40 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Während die ersten beiden Texte auf 84v, beide von derselben Hand stammend, noch stärker der Textualis verpflichtet sind, ist das darauf folgende Schreiben an den Papst, wohl von anderer Hand, bereits eindeutig der älteren gotischen Kursive zuzurechnen.
Buchgestaltung
Auf 84v Schriftraum mit Tinte vorgezogen. Dort auch Raum für Initiale freigelassen.

Nachträge und Benutzungsspuren
Mit Blei auf dem oberen Rand von 85r: Electorum imperij epistola ad pontificem Romanum circa Ludovico IV. imperatore.

Provenienz
Heidelberg.
Geschichte des Faszikels
Zentrales Stück dieses Faszikels ist das Konzept eines Schreibens, in dem die Beschlüsse des Kurvereins von Rhens dem Papst mitgeteilt werden sollten. Die Autorschaft wird Rudolf Losse zugeschrieben, in dessen Materialsammlung das Konzept, dessen Reinschrift wohl nie abgeschickt wurde, ein weiteres Mal überliefert ist. Initiator des Schreibens war wohl Heinrich III. von Virneburg (um 1295–1353), Erzbischof von Mainz (Edmund E. Stengel, Avignon und Rhens. Forschungen zur Geschichte des Kampfes um das Recht am Reich in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, Weimar 1930 [Quellen und Studien zur Verfassungsgeschichte des Deutschen Reiches in Mittelalter und Neuzeit 6,1], S. 140–147). Seine Amtsvorgänger zeichneten für die Ausstellung jenes Schriftstücks verantwortlich, das dem zuvor wiedergegebenen Text zugrunde lag und die Entstehung des Faszikels in Mainz als sehr wahrscheinlich erscheinen lässt. Es handelt wie die auf derselben Seite niedergeschriebene Dekretale Clemens V. vom Interdikt. Da der Brief an den Papst auf 1338 zu datieren ist, dürften die beiden vorgelagerten Texte zwischen 1324, der Verhängung des Interdikts über das Reich, und 1338 kopiert worden sein.

13) 84va–84vb Digitalisat

Beteiligte Personen
Clemens V. (GND-Nr.: 118723529).
Titel
Dekretale ‚Ex frequentibus‘.
Rubrik
84va ›Clemens Vus in concilio Viennensi‹.
Incipit
84va Ex frequentibus prelatorum querelis accepimus
Explicit
84vb … in nullo volumus suffragari.
Edition
Corpus iuris canonici 2, Sp. 1191f.

14) 84vb Digitalisat

Beteiligte Personen
Gerhard I. von Dhaun (GND-Nr.: 139399240).
Titel
Exzerpt aus einer Verordnung des Mainzer Erzbischofs Gerhard I.
Incipit
84vb Gerhardus archiepiscopus Moguntinus statuit quod et papa confirmauit
Explicit
84vb … quod corpora mortuorum ad ecclesiasticam sepulturam nullatenus admittantur.
Edition
Der gesamte Text der Urkunde ist ediert in: Concilia Germaniae, Bd. 3, hrsg. von Johann Friedrich Schannat / Joseph Hartzheim, Köln 1760, S. 586f.

15) 85r–85v Digitalisat

Verfasser
Rudolf Losse (?) (GND-Nr.: 102501297).
Weitere beteiligte Personen
Heinrich III. von Virneburg, Erzbischof von Mainz (GND-Nr.: 124807534) / Balduin von Luxemburg, Erzbischof von Trier (GND-Nr.: 11850617X) / Walram von Jülich, Erzbischof von Köln (GND-Nr.: 139141367).
Titel
Die Kurfürsten melden Papst Benedikt XII. die Beschlüsse des Kurvereins und des Weistums von Rhens.
Angaben zum Text
Die Forschung geht davon aus, dass es sich bei diesem Schreiben um ein Konzept handelt, dessen Reinschrift allerdings nicht an den Papst übersendet wurde (Spiller, Diskurse, S. 74 A. 50), namentlich genannt werden von den Kurfürsten auch nur die drei rheinischen Erzbischöfe. Bereits Edmund E. Stengel hat die Urheberschaft des aufgesetzten Schreibens dem Kurtrierer Rat Rudolf Losse zugeschrieben (Stengel, Avignon und Rhens, S. 146f.), das in dessen Unterlagen ein weiteres Mal überliefert ist (s. Edition). Erstmals von Marquard Freher im Jahr 1600 publiziert, wohl nach dem Palatinus, in: Germanicarum rerum scriptores aliquot insignes hactenus incogniti, Bd. 1, hrsg. von Marquard Freher, Frankfurt am Main 1600, S. 427f.
Incipit
85r Sanctissimo in Christo patri ac domino et cetera. Vestri deuoti filii, Henricus dei et apostolice sedis gracia archiepiscopus Maguntinensis
Explicit
85v … vestram clemenciam petimus adhiberi.
Edition
Nova Alamanniae. Urkunden, Briefe und andere Quellen besonders zur deutschen Geschichte des 14. Jahrhunderts, Bd. 1.1, hrsg. von Edmund E. Stengel, Berlin 1921, Nr. 546, S. 362–365 (unter Berücksichtigung des Palatinus).

Faszikel IV (Bl. 86-93)

Sachtitel / Inhalt
Konstitutionen des 2. Konzils von Lyon (1274).
Entstehungsort
Mitteleuropa.
Entstehungszeit
Ende 13. Jh.
Typus (Überlieferungsform)
Faszikel.
Beschreibstoff
Pergament.
Umfang
8 Bll.
Format (Blattgröße)
25,4 × 17,2 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
IV93.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
S. zum Codex.

Schriftraum
16 × 13,5 cm.
Spaltenanzahl
2 Spalten.
Zeilenanzahl
29 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Textualis von einer Hand, von weiterer Hand die nachgetragenen Texte auf 93v.
Buchgestaltung
Schriftraum mit Tinte vorgezogen. Konstitutionen mit Lombarden über zwei Zeilen eingeleitet, ferner Paragrafenzeichen zur Strukturierung des Texts.
Buchschmuck
s. Buchgestaltung.

Nachträge und Benutzungsspuren
Korrekturen von wohl mehreren Händen. Auf 93v später nachgetragene Kleintexte.

Provenienz
Mainz / Heidelberg.
Geschichte des Faszikels
Peter Johanek hat die Entstehung der Konstitutionen zu Ende des 13. Jhs. in der Mainzer Kirchenprovinz (Johanek, Studien, S. 155) vermutet, dem in der Forschung gefolgt worden ist. Er hat seine Annahme auf die Überlieferung des Texts in vorliegender Hs. gestützt, die eindeutige Bezüge nach Mainz aufweist und aus der dortigen Dombibliothek stammt. Das mag für den vorangegangenen Faszikel auch zutreffen, dieser bringt allerdings erst in den späterhin nachgetragenen Kleintexten zum Interdikt zumindest einen Hinweis, dass er – stellt man die Zusammenschau mit den anderen Faszikeln und deren Bezug zur Auseinandersetzung von Kaiser und Papst und der Verhängung des Interdikts über das Reich in Rechnung – zumindest im Reich entstanden sein könnte. Eigentliche Hinweise auf eine Verbindung mit Mainz finden sich allerdings nicht.

16) 86ra–93va Digitalisat

Beteiligte Personen
Gregor X. (GND-Nr.: 118718681).
Titel
Constitutiones a Gregorio X. in concilio Lugdunensi promulgata.
Rubrik
86ra ›Gregorius Xus in generali concilio Lugdunensi‹.
Incipit
86ra Gregorius episcopus seruus seruorum dei, vniuersis Christi fidelibus presentes litteras inspecturis salutem et apostolicam benedictionem. Infrascriptas constitutiones
Weiteres Initium
86ra Ubi periculum maius intenditur.
Explicit
93va … … nullius penitus sit momenti.
Edition
Conciliorum oecumenicorum decreta, hrsg. von Giuseppe Alberigo u.a., Bologna 31973, S. 314–331.

17) 93va–93vb Digitalisat

Titel
Kleintexte.
Incipit
93va Petrus discipulum unum Marcialem nomine
Weiteres Initium
93va Dispensatio est iuris relaxatio ; 93va Graciae, quae generaliter optinentur tempore interdicti ; 93vb Qui celebrat in loco interdicto.
Explicit
93vb … solus canonizat sanctos … [Text bricht ab].


Bearbeitet von
Dr. Thorsten Huthwelker, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2016.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 832. Beschreibung von: Dr. Thorsten Huthwelker (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2016.


Katalogisierungsrichtlinien
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Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.