Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 268

Eusebius Caesariensis, In laudibus Constantini opera

Papier · 1, 205, 1 Bll. · 22,0 × 15,5 cm · Byzantinisches Reich · 1. Drittel 14. Jh.


Schlagwörter (GND)
Alte Kirche / Patristik / Konstantinus I, imp. / Eusebius Caesariensis.
Diktyon-Nr.
66000.
1) 1r–121v Eusebius Caesariensis, De vita Constantini
2) 121v–155v Eusebius Caesariensis, Constantini imperatoris oratio ad coetum sanctorum
3) 155v–205v Eusebius Caesariensis, De laudibus Constantini

Kodikologische Beschreibung

Entstehungsort
Byzantinisches Reich. Nordöstlicher Mittelmeerraum, möglicherweise Konstantinopel oder Athosregion (siehe Geschichte der Handschrift).
Entstehungszeit
1. Drittel 14. Jh. Datierung aufgrund der Schrift.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Westliches Papier.
Umfang
1, 205, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
22,0 × 15,5 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + 18 IV144 + V154 + 6 IV202 + (I+1)205 + (I-1)206*. Vorderspiegel ist Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von 206*.
Foliierung
Vatikanische Foliierung (f. 1–205) mit Bleistift rechts oberhalb des Schriftblocks. Nur die Bll. 1–4 wurden nochmals mit schwarzer Tinte gezählt.Die Bezeichnung der ungez. Bll. folgt dem Digitalisat (1a, 206*).
Lagenzählung
Wohl aufgrund von wiederholtem Bindebeschnitt ist keine Lagenzählung mehr erkennbar.
Zustand
Die Handschrift befindet sich in einem sehr schlechten Zustand, was in erster Linie dem minderwertigen Beschreibstoff und Lagerungsschäden geschuldet sein dürfte. Das Papier ist inzwischen sehr brüchig, dazu kommt zum Teil starker Wurmbefall (bisweilen mit Textverlust). Insbesondere an den Außenrändern wurden größere Schadstellen zur Stabilisierung der Blätter wohl bereits in der frühen Neuzeit mit Japanpapier hinterlegt. Das Papier ist stark vergilbt und von den Rändern her stockfleckig. Dazu kommen Lesespuren, die auf eine regelmäßige Nutzung der Handschrift schließen lassen.

Schriftraum
17,5 × 10,0 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
23–28 Zeilen.
Schriftart
Es handelt sich um eine auf gute Lesbarkeit bedachte Buchschrift, die zwar noch einige Elemente der Minuskeln des späteren 13. Jahrhunderts zeigt (wie etwa die Vergrößerung runder Buchstabenelemente). Insgesamt ist sie aber bereits sehr vom antikisierenden Metochitesstil beeinflusst, wie er seit dem frühen 14. Jahrhundert anzutreffen war. Dabei steht der Schriftduktus sehr dem des sog. Metochitesschreibers Michael Klostomalles nahe (vgl. dazu Erich Lamberz, Das Geschenk des Kaisers Manuels II. an das Kloster Saint-Denis und der ‚Metochitesschreiber‘ Michael Kostomalles, in: Birgit Borkopp/Thomas Steppan [Hrsg.], ΛΙΘΟΣΤΡΩΤΟΝ. Studien zur byzantinischen Kunst und Geschichte. Festschrift für Marcell Restle, Stuttgart 2000, S. 158–159), ist in der Ausführung jedoch nicht identisch. Die Handschrift ist daher in das frühere 14. und nicht in das 13. Jahrhundert zu datieren.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Ein Schreiber, auf den auch die Rand- und Interlinearglossen zurückgehen, sowie ein Rubrikator für die dekorativen Elemente und Initialbuchstaben.
Buchgestaltung
Einspaltiger Texteintrag mit wechselnder Zeilenzahl. Dennoch wirkt das Schriftbild sehr homogen. Der Schreiber nahm für die Titel keinen Schriftwechsel vor. Die Textgrenzen sind in der Regel gut erkennbar. Der Eintrag der nach links ausgerückten Werk- und Kapitelinitialen (letztere befinden sich mitunter auch im fortlaufenden Text) mit karminroter Tinte erfolgte im Nachgang, wurde aber nur bis f. 143r ausgeführt. Dies erschwert im Folgenden die Erkennung der Text- und Abschnittsgrenzen. Die Zitatkennung erfolgte durch einfache Anführung auf den Außenstegen. Dort finden sich auch einzelne Textnachträge sowie Semeisoseis und Graphetai-Noten mit entsprechenden Vermerken sowie Interlinearglossen, die von der Hand des Schreibers stammen.
Buchschmuck
Die Handschrift weist so gut wie keine schmückenden Elemente auf. Am Beginn findet sich ein einfaches rotes Seilband mit drei Kreuzen darüber, zwei weitere Kreuze darunter rahmen den Platz für die nicht mehr ausgeführte Überschrift. Ähnlich gestaltet sind die Buchgrenzen innerhalb von Text 1, weiteres Dekor wurde an den zu erwartenden Stellen (siehe etwa f. 156v) nicht mehr ausgeführt.

Nachträge und Benutzungsspuren
Signaturensignet auf dem Rücken. Signaturenmarke der BAV auf dem Vorderspiegel. Im Kopfsteg von f. 1r die Capsa-Nr. C. 17 und die Allacci-Signatur 120. Daneben Registervermerk der Fuggerbibliothek Eusebij Constantini vita mit wiederholter Fuggersignatur 268 und dem Sammlungssignet eg(natius). Im Freiraum unterhalb des Seilbands auf f. 1r die wohl altkastilische Invokation patren depende Gratia(s) in einer Kursive des 16. Jahrhunderts. Bibliotheksstempel der BAV (f. 1r, 205v). Im Kopfsteg von f. 1v bis 183r der bereits von Stevenson aufgenommene Besitzervermerk νικόλ(αος) λουπί, der ohne Zusatzangaben kaum identifizierbar ist. Auffällig ist zuletzt die mit zinnoberroter Tinte nachträglich vorgenommene Kapitelzählung auf f. 1r–2v. Vergleichbares findet sich etwa im Cod. Pal. graec. 43 und könnte auf einen verkaufsfördernden Manipulationsversuch hindeuten. Denn eine höhere Anzahl von vermeintlichen Einzelwerken führte in Zeiten, in denen ältere griechische Handschriften immer rarer wurden, zu einem höheren Verkaufserlös.

Einband
Roter Ledereinband der BAV aus der Zeit von Kardinalbibliothekar Francesco Saverio de Zelada und Papst Pius VI.; späterer Rücken mit goldenen Wappenstempeln von Papst Pius IX. (oben) und Kardinalbibliothekar Angelo Mai (unten), vgl. Schunke, Einbände, II, S. 909.
Provenienz
Venedig / Augsburg / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Während die Datierungsfrage über den verwendeten Schrifttyp noch recht gut zu lösen ist, fällt die räumliche Zuordnung der Handschrift aufgrund des Fehlens jedweder Notizen nicht leicht. Die recht große Ähnlichkeit des Schriftbildes mit dem des Michael Klostomalles könnte ein Argument dafür sein, die Erstellung des Palatinus in die Athosregion zu verorten. Denn von dort stammte die Familie Klostomalles (vgl. PLP 11863–11874), und die Schlichtheit der Handschrift lässt in Verbindung mit dem häufig verwendeten Kreuzelement mit Sicherheit auf eine Entstehung in einem Kloster schließen. Weiter zeigt ein Blick auf die Überlieferung der Eusebius-Texte, dass die Athos-Bibliotheken dabei eine nicht unerhebliche Rolle spielen (siehe Eusebius Werke, I, Heikel, S. XIV–XVII). Unmittelbare Vorlage des Pal. gr. 268 war allem Anschein nach der Cod. Marc. gr. Z 340, der etwa aus der Mitte des 13. Jahrhunderts stammt und gleichfalls schwer zu verorten ist. Die große Nähe beider Codizes führte in der editorischen Aufbereitung des Texts dazu, durch Wasserschäden zerstörte Stellen des eigentlich besseren Marcianus mit Hilfe des Palatinus zu ergänzen. Aber auch Konstantinopel kommt durchaus als Entstehungsort in Frage, da es im 14. Jahrhundert kaum noch andere Zugriffsmöglichkeiten auf die erforderlichen Textvorlagen gab. Dabei lässt sich der bereits erwähnte Metochitesstil sehr gut mit der byzantinischen Hauptstadt verbinden. Nach einer ersten bibliothekarischen Bestandsauffüllung, die durch die Ereignisse um den vierten Kreuzzug erforderlich geworden war, erfolgten um das Jahr 1330 eine ganze Reihe von Abschriften der im Pal. gr. 268 überlieferten Eusebius-Texte (siehe etwa der Vat. gr. 2205 oder der Par. gr. 1431), ein Vorgang, der vielleicht mit den historiographischen Bemühungen der Zeit von Personen wie Nikephoros Gregoras oder Johannes Kantakuzenos in Verbindung gebracht werden kann und daher nach Konstantinopel gehört. Die Entstehung der Handschrift, in der es um die scheinbar von Gottes Gnaden veranlasste Gründung und den durch den richtigen Glauben (vgl. hier den sog. Hesychastenstreit um Gregorios Palamas) abzusichernden Fortbestand des mittlerweile arg bedrängten byzantinischen Reiches geht, spielte sich also nicht ohne einen historischen Zusammenhang ab. Wie der Palatinus allerdings in den Westen und in die Bibliothek Giovanni Battista Cipellis (sein akademischer Beiname war Egnazio, siehe f. 1r), seines ersten historisch nachweisbaren Eigentümers gelangte, ist nicht bekannt. Nicht sicher identifizierbar bleibt dabei jener Niccolo Lupi, der sich im Kopfsteg des Palatinus als Vorbesitzer zu erkennen gibt. Die aus Bergamo stammende Familie Lupi stellte im Lauf des 15. Jahrhunderts zahlreiche Beamte in höheren Chargen, wozu etwa ein Canonicus Niccolo Lupi (siehe Niccola Palma, Storia ecclesiastica e civile della Regione più settentrionale del Regno di Napoli, IV, Teramo 1834, S. 78) im Umfeld des Kardinals Niccolò Ridolfis gehörte. Jedoch dürfte es weitere Personen gleichen Namens gegeben haben. Ebenso wird nicht mehr zu klären sein, wie jene altkastilische Invokation von f. 1r in die Handschrift gelangte. Nach Cipellis Tod im Sommer 1553 wurde der Palatinus als Teil seines Legats mit Wirkung des 6. Oktobers 1553 an Ulrich Fugger verkauft (vgl. entsprechenden Eintrag im BAV, Pal. lat. 1925, f. 104v, Nr. 11) und in dessen Bibliothek integriert. Im Zuge der Vertreibung Ulrich Fuggers aus Augsburg und seiner Übersiedlung gelangte im Jahr 1567 seine Bibliothek nach Heidelberg. Vertraglich vereinbart wurde deren Übergang in die Verfügungsgewalt der pfälzischen Kurfürsten und die Aufstellung in der Heiliggeistkirche (vgl. dazu den entsprechenden Eintrag im Heidelberger Inventar des BAV, Pal. lat. 1916, f. 538r). Mit Ulrich Fuggers Tod im Februar 1584 erfolgte der rechtsgültige Übergang der bereits verpfändeten Bibliothek in den Besitz der pfälzischen Kurfürsten und in den Bestand der Bibliotheca Palatina. Im Zuge der Eroberung Heidelbergs 1622/23 gelangte die Bibliothek als Geschenk des bayerischen Herzogs Maximilian an Papst Gregor XV. über München nach Rom, seither gehört die Handschrift zum Bestand der BAV.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_gr_268
Literatur
Stevenson, Graeci, S. 146; Eusebius Werke, I: Über das Leben Constantins. Constantins Rede an die Heilige Versammlung. Tricennatsrede an Constantin. Hrsg. im Auftr. d. Kirchenväterkomm. … v. Ivar A. Heikel, Leipzig 1902, S. X, XVII; Eusebius Werke; I, 1: Über das Leben des Kaisers Konstantin. Hrsg. v. Friedhelm Winkelmann. Zweite, durchges. Aufl. Berlin 1991, S. XIII; Lehmann, Fuggerbibliotheken, II, S. 88; Friedhelm Winkelmann, Die Textbezeugung der Vita Constantini des Eusebius von Caesarea, Berlin 1962, S. 8.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Inhalt

1) 1r–121v Digitalisat

Verfasser
Eusebius Caesariensis (GND-Nr.: 118531425).
Titel
De vita Constantini.
TLG-Nummer
2018.020.
Angaben zum Text
CPG 3496; BHG 0361x. - F. 1r–2v Pinax libri I; f. 2v–30r Liber I; f. 30r–32r Pinax libri II; f. 32r–57v Liber II; f. 57v–59v Pinax libri III; f. 59r–92r Liber III; f. 92r–94v Pinax libri IV; f. 94v–121v Liber IV. - Der Folgetext wird hier wie auch in einem größeren Teil der Überlieferung als Liber V der Vita Constantini geführt.
Titel (Vorlage)
1r Κεφάλαια τοῦ κατὰ βίον τοῦ μακαρίου κωνσταντίνου τοῦ βασιλέως.
Incipit
2v Λόγος πρῶτος. Ἄρτι μὲν τῷ μεγάλῳ βασιλεῖ …
Textgestaltung
Innerhalb der einzelnen Bücher werden die Kapitelüberschriften dem betreffenden Text vorangestellt.
Edition
Eusebius Werke, I, 1: Über das Leben des Kaisers Konstantin, Hrsg. v. Friedhelm Winkelmann. Zweite, durchges. Aufl. Berlin 1991, S. 3–151 (dies Hs. nur fallweise herangezogen, da mit dem Cod. Marc gr. 340 ihr Prototypon bekannt ist).

2) 121v–155v Digitalisat

Verfasser
Eusebius Caesariensis (GND-Nr.: 118531425).
Titel
Constantini imperatoris oratio ad coetum sanctorum.
TLG-Nummer
2018.021.
Angaben zum Text
CPG 3497; BHG 0361y. - F. 121v–123r Pinax; f. 123r–155v Constantini oratio. - In einem Teil der Überlieferung wird dieser Text als Liber V der Vita Constantini geführt, daher der o.g. Titel.
Titel (Vorlage)
121v Τοῦ πέμπτου λόγου τά κεφάλαια (siehe Text 1).
Incipit
121v Τὸ προοίμιον τοῦ πάσχα …
Edition
Eusebius Werke, I: Über das Leben Constantins. Constantins Rede an die Heilige Versammlung. Tricennatsrede an Constantin. Hrsg. im Auftr. d. Kirchenväterkomm. … v. Ivar A. Heikel, Leipzig 1902, S. 152–192 (diese Hs. Sigle N, zur philolog. Bewertung siehe Text 1).

3) 155v–205v Digitalisat

Verfasser
Eusebius Caesariensis (GND-Nr.: 118531425).
Titel
De laudibus Constantini.
TLG-Nummer
2018.021.
Angaben zum Text
CPG 3498; BHG 0361z.
Titel (Vorlage)
155v Πρόλογος τῶν εἰς τὸν κωνσταντῖνον ἐπαίνων; u. Werktitel auf 156v <Ε>ὐσεβίου τοῦ παμφίλου εἰς κωνσταντῖνον τὸν βασιλέα τριακονταετηρικός.
Incipit
155v Ἀλλ᾿ οὐ ἐγὼ μύθους …
Edition
Eusebius Werke, I: Über das Leben Constantins. Constantins Rede an die Heilige Versammlung. Tricennatsrede an Constantin, Hrsg. im Auftr. d. Kirchenväterkomm. … v. Ivar A. Heikel, Leipzig 1902, S. 195–259 (diese Hs. Sigle N, zur philolog. Bewertung siehe Text 1).


Bearbeitet von
Dr. Lars Hoffmann, Universitätsbibliothek Heidelberg, 19.11.2021.
Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Gefördert durch
The Polonsky Foundation Greek Manuscripts Project: a Collaboration between the Universities of Cambridge and Heidelberg – Das Polonsky-Stiftungsprojekt zur Erschließung griechischer Handschriften: Ein Gemeinschaftsprojekt der Universitäten Cambridge und Heidelberg.