Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 285
Ius canonicum, Acta Graecorum concilii Florentini
Pergament · 1, 153, 1 Bll. · 29,8 × 20,6 cm · Florenz (?) · ca. 1450–1460
- Schlagwörter (GND)
- Theologie / Kirchengeschichte / Konzil Floranz-Ferrara / Ökumene.
- Diktyon-Nr.
- 66017.
1r | Lateinische Inhaltsbezeichnung | |
1v | Schenkungsexlibris | |
1) | 2r–153v | Ius canonicum, Acta Graecorum concilii Florentini |
Kodikologische Beschreibung
- Entstehungsort
- Florenz (?). Siehe Geschichte der Handschrift.
- Entstehungszeit
- ca. 1450–1460. Siehe Geschichte der Handschrift; Gill, S. X: Ende 15 Jh.
- Typus (Überlieferungsform)
- Codex.
- Beschreibstoff
- Pergament.
- Umfang
- 1, 153, 1 Bll.
- Format (Blattgröße)
- 29,8 × 20,6 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- (I-1)1a + 11 + V11 + 17 IV147 + III153 + (I-1)154*. Vorderspiegel ist Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von 154*.
- Foliierung
- Vatikanische Foliierung mit Bleistift (f. 1–153) im Kopfsteg rechts. Die Bezeichnung der ungez. Blätter folgt dem Digitalisat (1a, 154*).
- Lagenzählung
- Lagenzählung nicht erhalten. Am Anfang im Fußsteg rechts unten noch eine Zählung aus lateinischen Buchstaben plus Ziffer (bis c4, f. 23r), die der vatikanischen Bindung zuzuordnen ist.
- Zustand
- Pergament von mittlerer bis schlechter Qualität, faltig und nur schlecht gebleicht, was das Lesen bisweilen erschwert. Rote Tinte zum Teil verblasst. Hs. wurde allem Anschein nach aber nur sehr wenig genutzt.
- Schriftraum
- 20,5 × 12,8 cm.
- Spaltenanzahl
- 1 Spalte.
- Zeilenanzahl
- 30 Zeilen.
- Linierung
- System 1, Leroy 20C1.
- Schriftart
- Antikisierende Schrift, die die Buchminuskel des 11. Jhs. nachahmt. Auf f. 84v–85r kursive Gebrauchsschrift der Entstehungszeit (mit Elementen des sog. Hodegon-Stils).
- Angaben zu Schrift / Schreibern
- Eine Haupthand A (mit stilistischer Nähe zu Iohannes Chrysoloras) sowie eine zeitgleiche, leicht nach rechts geneigte Hand B für f. 84v–85v, lin. 11 (wahrscheinlich Iohannes Skutariotes).
- Buchgestaltung
- Text einspaltig eingetragen. Abschnitte farblich abgesetzt und Redner bzw. Textart entsprechend angegeben. Über den einzelnen Sessionsberichten teils längere Titel. Absätze durch nach links ausgerückte Initialen gekennzeichnet. Bei der Aufteilung von Textfeld und Freiraum auf den Seiten wird der goldene Schnitt eingehalten, was die Hs. wertiger aussehen lässt.
- Buchschmuck
- Kaum Buchschmuck. Mit etwas Fleuronné verzierte, größere Initialen in der Höhe von drei bis vier Zeilen nur am Anfang von bestimmten Sessionsberichten oder von Beschlüssen. Ansonsten nur der Einsatz von karminroter Tinte wohl auch aus ästhetischen Gründen.
- Nachträge und Benutzungsspuren
- Capsa-Nr. C. 121 auf f. 1r, darunter Allacci-Signatur 341. Auf f. 1r Fuggersignatur 285 u. Erwerbervermerk Cyp (von Lehmann, Fuggerbibliotheken, I, S. 112–114 zutreffend mit Hieronymus Tragudiestes Cyprius identifiziert) von der Hand Henri Estiennes. Von letzterem auch die Inhaltsangabe Acta concilij octavi Florentiæ celebrati. Diese ergänzt von Leo Allatius: usq. ad sessionem VII inclusive, außerdem von einem der früheren Herausgeber der Akten (Orazio Giustiniani, a. 1638) der Hinweis editio imperfectiora (da Text bes. am Ende stark gekürzt). Auf f. 1r zweisprachiger Inhaltsvermerk + πρακτικὰ τῆς ἐν φλορεντίᾳ ὀγδόης συνόδου bzw. Acta octaui synodi Florentiæ celebrati in einer zeittypischen griechischen Gelehrtenschrift bzw. einer der lateinischen Kanzleischrift entlehnten Kursive. Stefec 2014, S. 178 sieht darin einen Besitzervermerk des teilnehmenden späteren Kardinals Basileios Bessarion. Dabei handelt es sich aber wohl eher um Iohannes Skutariotes (siehe Geschichte der Handschrift). Außerdem auf f. 1v aufgeklebt die Schenkungsexlibris. Besitzerstempel der BAV (f. 2r, 153v). Auf den Rändern verschiedentlich Hinweise auf die Edition von Leo Allatius, von ihm auch die roten Textunterstreichungen.
- Einband
- Roter Ledereinband der BAV aus der Zeit von Kardinalbibliothekar Francesco Saverio de Zelada und Papst Pius VI.; späterer Rücken mit goldenen Wappenstempeln von Papst Pius IX. (oben) und Kardinalbibliothekar Angelo Mai (unten), vgl. Schunke, Einbände, II, S. 909.
- Provenienz
- Augsburg / Heidelberg.
- Geschichte der Handschrift
- Terminus post quem für die Entstehung der Hs. ist der
Abschluss der die byzantinisch-griechischen Angelegenheiten des Konzils
betreffenden Verhandlungen mit der Unionsbulle vom 6. Juli 1439. Als Verfasser
der griechischen Akten benannte Gill, S. LXIII–LXIX mit
leichten Zweifeln den Erzbischof Dorotheus von Mithylene (u.a. auf der
Grundlage notarielle Mitschriften). Da Dorotheus mit Ks. Johannes VIII. noch
1439 nach Konstantinopel zurückkehrte und die vorhandene Überlieferung
ausschließlich in westl. Hss. vorliegt, muss die Verschriftung noch im Sommer
1439 erfolgt sein. Die Machart des Pal. gr. 285 (einzige Pergamenths. der
Konzilsakten) erinnert jedoch sehr stark an die Codices, die Iohannes
Skutariotes für Giannozzo Manetti angefertigt hat. Skutariotes selbst war an
ihrer Erstellung jedoch nur marginal beteiligt. Welche Textvorlage man
heranzog, ist nicht ermittelbar (in etwa inhaltsgleich, wenn auch nicht
identisch, ist nur der etwas jüngere florentinische Cod. gr. conv. soppr. 3).
Auftraggeber dürfte im vorliegenden Fall noch Manetti gewesen sein, der die
Inhaltsverzeichnisse seiner Hss. in byzantinischer Weise – wie im vorliegenden
Fall auch – immer auf der Rückseite des Deckblattes anbringen ließ. Die von
Stefec vorgetragene These, Kardinal Bessarion sei zwischenzeitlich Eigentümer
der Hs. gewesen, ist nicht beweisbar. Es wäre in diesem Fall auch zu erwarten
gewesen, dass die Akten einer großen Synode, an der er selbst federführend
beteiligt war, in seiner Bibliothek verblieben und nach seinem Tod mit in die
Biblioteca Marciana übertragen worden wäre, zumal in Venedig die vollständigen
griechischen Konzilsakten fehlen. Die umfangreiche Bibliothek Manettis († 27.
Okt. 1459) befand sich noch bis 1529 im Besitz seiner Familie (dazu
Biedl, Beiträge, S. 22). Der Verkauf u.a.
der griechischen Hss. an Ulrich Fugger wäre nach Biedl in die Zeit zwischen
1548 u. 1555 zu datieren, wobei sich der Pal gr. 285 nach dem provisor.
Inventar des BAV, Pal.
lat. 1925, f. 124r, im Jahr 1555 auch tatsächlich bereits im
fuggerschen Besitz befand.
Nach seiner Vertreibung aus Augsburg gelangte sie 1567 als Teil seiner Bibliothek nach Heidelberg. Ob sie bereits damals in der Heiliggeistkirche aufgestellt wurde, ist nicht bekannt. Spätestens nach Fuggers Tod im Februar 1584 rechtsgültiger Übergang in den Bestand der Bibliotheca Palatina. 1622/23 als Geschenk des bayerischen Herzogs Maximilian an Papst Gregor XV. über München nach Rom. Seither Aufbewahrung in der BAV.
- Literatur
- Stevenson, Graeci, S. 160; Quae supersunt Actorum Graecorum concilii Florentini necnon
descriptione cuiusdam eiusdem ad fidem manuscriptorum ed. Iosephus
Gill, S.I. I: Res Ferrariae gestae, Rom
1953, S. IX–X; Stefec 2014, S. 178.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur
Inhalt
1) 2r–153v
- Titel
- Ius canonicum, Acta Graecorum Concilii Florentini.
- TLG-Nummer
- 3274.004 u. 005.
- Angaben zum Text
- Text weicht ab, bietet zum Teil aber auch zusätzliche patristische Testimonien.
- Titel (Vorlage)
- 2r + πρακτικὰ τῆς ἁγίας καὶ οἰκουμενικῆς ὀγδόης συνόδου τῆς γενομένης παρὰ τοὺ εὐσεβεστάτου καὶ φιλοχρίστου βασιλέως ἡμῶν ἰωάννου καὶ αὐτοκράτορος ῥωμαίων τοῦ παλαιολόγου.
- Edition
- Quae supersunt Actorum Graecorum concilii Florentini necnon descriptione cuiusdam eiusdem ad fidem manuscriptorum ed. Iosephus Gill, S.I. I: Res Ferrariae gestae, Rom 1953, S. 27–34, 379-4710, 49–885, 8922-2134 [= f. 87, l. 14]; II: Res Florentiae gestae, Rom 1953, S. 239–38722, 4323-4343 (diese Hs. Sigle P = Nr. 25; ältester erhaltener Textzeuge der Familie I).
- Bearbeitet von
- Dr. Lars Hoffmann, Universitätsbibliothek Heidelberg, 20.02.2020.
- Katalogisierungsrichtlinien
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