Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 320

Sammelhandschrift

Papier · 3, 59, 1 Bll. · 19 × 13 cm · Kreta / Italien? · 15. Jh.


Schlagwörter (GND)
Fürstenspiegel / Justinian I. / Schedographie / Poetik / Gottesgebärerin / Grammatik / Tropen / Rhetorische Figuren / Acrostichum.
Diktyon-Nr.
66052.
1ar-Iv vacant
IIr Schenkungsexlibris
IIv-1r vacant
1) 1v Agapetus Diaconus, Prooemium
2) 2r–40r Agapetus Diaconus, Capitula admonitoria
3) 2v–40v Pseudo-Moschopulus, Scholia in Agapetum
4) 41r–54r [Iohannes Pediasimos], Theotocia VIII iambica
54v–55v vacant
5) 56r–59r Georgius Choeroboscus, De figuris poeticis
6) 59v Anoymus, Carmen iambicum
7) 59v Anoymus, Scholium rhetoricum

Kodikologische Beschreibung

Entstehungsort
Kreta / Italien?
Entstehungszeit
15. Jh.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Westliches Papier.
Umfang
3, 59, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
19 × 13 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + III + IV8 + 2 VI32 + VIII48 + (VI-1)59 + (I-1)60*. Vorderspiegel ist Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von 60*. Nach f. 8 fehlen Bll. Anhand der Länge der Textlücke kann vermutet werden, dass nicht nur eine Lage fehlt. Bl. entfernt nach 57 (kein Textverlust).
Foliierung
Vatikanische Foliierung (f. I-II; f. 1–59). Die Bezeichnung der ungez. Bll. folgt dem Digitalisat (1a, II, 60*).
Lagenzählung
Keine Lagenzählung vorhanden.
Zustand
Zwischen f. 8 und 9 fehlt mindestens eine Lage, was Textverlust zur Folge hat. Bei vielen Blättern wurde die Bindung restauriert. Zahlreiche Stockflecken auf dem Papier, dadurch teilweise Beschädigung des Textes (z.B. 13v).
Wasserzeichen
Aufgrund des kleinen Formates sind die Wasserzeichen nicht digitalisiert worden. Überdies sind sie teilweise durch die Bindung verdeckt. Eine exakte Bestimmung ist daher schwierig. Auf 1r ist undeutlich ein ringförmiges Wasserzeichen zu erkennen, bei dem es sich um eine zweiflossige Meerjungfrau handeln könnte.

Schriftraum
16,4 × 9,5 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
19 Zeilen (Hand 1), 24 Zeilen (Hand 2).
Linierung
10D1 (nur auf wenigen Bll. sichtbar).
Schriftart
Obwohl der Schriftspiegel im Allgemeinen eingehalten wird, wird er von zahlreichen ausgreifenden Linien überschritten, vor allem am rechten und oberen Rand.
Hand 1: Minuskelschrift mit fast senkrechten Buchstaben, wenige Ligaturen, kantige Buchstaben; übergroßes Tau. Möglicherweise kretische oder italienische Herkunft.
Hand 2: gedrängte Schrift, höhere Zeichendichte als bei Hand 1. Von der Hand stammen ab 5r Capitula, Interlinearscholien und grammatische Erklärungen. Dabei gibt es optische Unterschiede in der Ausführung. In den Scholien gibt es sehr viele Abkürzungen.
Hand 3: ähnlich Hand 2; vielleicht auch derselbe Schreiber, aber mit dünnerer Feder.
Hand 4: Sehr elegante Schrift mit verschnörkelten Ligaturen sowie großen Ober- und Unterlängen. Hier sticht vor allem das übergroße Kappa ins Auge.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Es gibt wohl vier Hände: Hand 1: 2r–5r: die Schrift ähnelt der von Iohannes Rhosos (RGK I, Nr. 178 = RGK II, Nr. II = 237 = RGK III, Nr. 298). Hand 2: 5r–59v, Hand 3: 59v unten. Die Interlinearscholien (2r–5r) und das Prooem (1v) wurden von einer separaten Hand (Hand 4) geschrieben.
Buchgestaltung
Die Gestalt der Texte wechselt erheblich: vor allem der Zeilenabstand. Die metrischen Texte sind so geschrieben, dass der Haupttext jede zweite Zeile einnimmt, während die Zeilen dazwischen für Interlinearscholien reserviert sind.
Buchschmuck
In der Hs. treten zahlreiche Rubrizierungen auf: Neben den Glossen betrifft das vor allem Initialen und Überschriften. Es gibt eine einzige Zierleiste auf 41r, aber diese ist auch sehr schlicht gehalten.

Nachträge und Benutzungsspuren
Schenkungsexlibris Kurfürst Maximilians von Bayern an Papst Gregor XV. (IIr). Stempel der BAV auf 2r und 59v; Eintragungen auf Ir: Signatur 320, Provenienzbezeichnung seors., Titel Agapeti Diaconi Libellus paraeneticus ad Justinianum Imperat. Anmerkungen eines Bibliothekars (wahrscheinlich Sylburgs Hand): 9r (Leerseite) nil deest: vacat pagina quia charta combiberat.

Einband
Hochroter Ledereinband über Pappe der BAV aus der Zeit von Kardinalbibliothekar Francesco Saverio de Zelada und Papst Pius VI.; Rücken mit goldenen Wappenstempeln von Papst Pius IX. (oben) und Kardinalbibliothekar Angelo Mai (unten); vgl. Schunke, Einbände, II, S. 909.
Provenienz
Augsburg / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Die Hs. kam als Einzelstück an Ulrich Fugger (vgl. Eintrag seors. auf Ir und Katalog der Fuggerbibliothek: BAV, Pal. lat. 1950, f. 183r). Fugger übersiedelte mit seiner Bibliothek 1567 nach Heidelberg und vermachte sie nach seinem Tod 1584 an Kurfürst Friedrich IV. Im Dreißigjährigen Krieg wurde sie als Kriegsbeute nach Rom gebracht, wo sie sich seit 1623 befindet.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_gr_320
Literatur
Stevenson, Graeci, S. 186–187; Antonio Bellomo, Agapeto Diacono e la sua scheda regia, Bari 1906, S. 33–34 und 43 (Hs. herangezogen als Sigle e´´18; John C. Keany, Moschopulea, in: Byzantinische Zeitschrift 64, 1971, S. 313 und 320; Franca Fusco Paciarelli, Per l’edizione degli scolî alla «Scheda regia» di Agapeto Diacono, in: Koinonia rivista dell’Associazione internazionale di studi tardoantichi 2, 1978, S. 199–210, hier S. 205–206; Carlo Gallavotti, Nota sulla schedografia di Moscopulo e suoi precedenti fino a Teodoro Prodromo, Bollettino dei Classici 4, 1983, S. 8, 35; Renate Frohne, Agapetus Diaconus. Untersuchungen zu den Quellen und zur Wirkungsgeschichte des ersten byzantinischen Fürstenspiegels, Tübingen 1985; Nousia, S. 81, Anm. 165.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Inhalt

1) 1v Digitalisat

Verfasser
Agapetus Diaconus (GND-Nr.: 118920898).
Titel
Prooemium.
Angaben zum Text
Das Prooemium findet sich in dieser Form in den meisten Hss., in einigen in verkürzter Form, in anderen fehlt es ganz.
Incipit
1v ἔκθεσις κεφαλαίων παραινετικῶν σχεδιασθεισα πρὸς τὸν βασιλεα ιουστινιανὸν παρὰ ἀγαπητοῦ ἐλαχιστου διακόνου τῆς αγιωτάτης τοῦ θεοῦ μεγάλης ἐκκλησίας.
Explicit
1v ὧν ἡ ἀκροστιχὶς: ὦδέ πως εχει τῷ θεοτάτῳ καὶ εὐσεβεστάτῳ βασιλεῖ ἡμῶν ἰουστινιανῷ ἀγαπητὸς ὁ ἐλάχιστος διάκονος:.
Schrift / Schreiber
Hand 4.
Edition
Antonio Bellomo, Agapeto Diacono e la sua scheda regia, Bari 1906, S. 43 (Hs. herangezogen als Sigle e´´18).

2) 2r–40r Digitalisat

Verfasser
Agapetus Diaconus (GND-Nr.: 118920898).
Titel
Capitula admonitoria.
TLG-Nummer
2817.001.
Angaben zum Text
CPG 6900. - In der Hs. fehlen die Kapitel: 6–15 (nach 8v, S. 28–34).
Incipit
2r Τιμῆς ἁπάσης, ὑπέρτερον.
Weiteres Initium
9r Σφόδρα μοι δοκεῖ.
Explicit
8v πραγμάτων εὐσεβῶν προσφορὰν.; 40r ὁ βασιλεὺς βασιλευόντων καὶ βασιλευομένων, εἰς τοὺς αἰώνας τῶν αἰώνων ἀμήν.
Textgestaltung
Der eigentliche Text ist mit schwarzer Tinte geschrieben, wobei jede zweite Zeile für eine rubrizierte Interlinearübersetzung reserviert ist. Ein Kommentar ist in schwarz nach dem Ende jedes Kapitels geschrieben. Die Initialbuchstaben der einzelnen Textkapitel bilden akrostichisch den Satz Τῷ θειοτάτῳ καὶ εὐσεβεστάτῳ βασιλεῖ ἡμῶν Ἰουστινιανῷ Ἀγαπητὸς ὁ ἐλάχιστος διάκονος.
Edition
Rudolf Riedinger, Agapetos Diakonos. Der Fürstenspiegel für Kaiser Iustinianos, Ἑταιρεία Φίλων του Λαοῦ. Κέντρον Ἐρεύνης Βυζαντίου 4, Athen 1995, S. 26–28, 36–78 (Hs. erwähnt als Sigle 320).

3) 2v–40v Digitalisat

Verfasser
Pseudo-Moschopulos (GND-Nr.: 118785044).
Titel
Scholia in Agapetum.
Angaben zum Text
Grammatische Analyse der Capitula admonitoria. Die These, dass diese Scholien von Manuel Moschopulos stammen, hat Keany, S. 319–320, widerlegt. Eine Edition existiert noch nicht. Ein ähnlicher Kommentar kann in der Hs. BAV, Vat. gr. 1745, ab f. 63 gefunden werden.
Incipit
2v Υπέρτερον λέγεται τὸν κρεῖττον καὶ ἔστιν ὄνομα συγκριτικὸν.
Explicit
40v ὄντως ζωωσεῖ.
Textgestaltung
siehe Text 1 Die Scholien enden in Gestalt eines Botryonum formulae.

4) 41r–54r Digitalisat

Verfasser
[Iohannes Pediasimos] (GND-Nr.: 100968937).
Titel
Theotocia VIII iambica.
Angaben zum Text
Der Text enthält acht Gedichte in jambischem Versmaß zu je 8–11 Versen: 1. f. 41r inc. ὥσπερ προεῖπε προ χρόνων ἠσαίας; 2. f. 43r–v inc. Ὑπὲρ φύσιν τὸ θαῦμα πῶς τίκτες κόρη; 3. f. 45v–46r inc. Τὴν σὴν σύλληψιν, οὐκ ἔχω; 4. f. 47r–v, inc. Ἐλπὶς μόνη πάναγγε πιστῶν παρθένε; 5. f. 48r–v inc. Ναὸν πύλην οἶκον σε καὶ θρόνον πάλαι; 6. f. 49v–50r inc. Ὑπὸ σκέπην δέσποινα σὴν πεπεφευγότες; 7. f. 51r–v inc. Γυνὴ κλαπεῖσα τῆ κακῆ παραινέσει; 8. f. 53r–v inc. [Τ]ί τοῦτο καὶ πῶς· ἀγνοῶ γὰρ τὸν τρόπον. Ein Autor ist nicht genannt, aber Gallavotti, S. 35 verweist auf Hs. Neap. gr. 105, wo derselbe Text Johannes Pediasimos zugeschrieben wird.
Titel (Vorlage)
41r ἀρχὴ τῶν θεοτοκίων· διὰ μέτρων ἰαμβικῶν.
Incipit
41r ὥσπερ προεῖπε προ χρόνων ἠσαίας, τίκτει κόρη νῦνκαὶ πάλιν.
Explicit
54r ἐπέγνω γὲ θέσει μακρὰς, περισπωμένως οὐ τίθεται.
Textgestaltung
Gestaltung in Nummer 2): Gedicht mit Interlinear-Scholien, nach jedem Abschnitt folgt ein weiterer Kommentar.

5) 56r–59r Digitalisat

Verfasser
Georgius Choeroboscus (GND-Nr.: 100967876).
Titel
De figuris poeticis.
TLG-Nummer
4093.010.
Angaben zum Text
Siehe auch UB Heidelberg, Cod. Pal. graec. 40, 248v–251v (zwischen beiden Hss. scheint aber kein direktes Abhängigkeitsverhältnis vorzuliegen).
Titel (Vorlage)
56r Γεωργίου τοῦ χοιροβοσκοῦ περὶ τρόπων: Ποιητικοὶ τρόποι εἰς κζ’.
Incipit
56r Ἀλληγορία μὲν ἐστὶν λέξις.
Explicit
59r γὰρ βιοῖ τίς καὶ οὕτω τελειοῦται.
Textgestaltung
Zu Beginn sind alle zu erklärenden Tropen und Figuren aufgezählt, es folgen die Erklärungen. Zunächst sind die Initialen rubriziert, außerdem die Stichworte in margine mit roter Tinte eingetragen; ab 57r ist beides nicht mehr erfolgt.
Edition
Leonhard von Spengel, Rhetores Graeci, Vol. 3, Leipzig 1865, S. 244–255.

6) 59v Digitalisat

Verfasser
Anonymus.
Titel
Carmen iambicum.
Incipit
59v [Ὁ] δημηουργ. Τῶν ὅλων θεοῦ λόγος.
Explicit
59v ῶν ἡ φύσις δέδωκε τ[ῷ] βροτ[ῷ] γένει.

7) 59v Digitalisat

Verfasser
Anonymus.
Titel
Scholium rhetoricum.
Incipit
59v Σημείωσαι ὅτι ἄλλο περίφρασις, καὶ ἄλλο ἀντίφρασις.
Explicit
59v καὶ τὸ ἄειδε αὐτὸ […].


Bearbeitet von
Vinzenz Gottlieb, Universitätsbibliothek Heidelberg, 12.05.2021.
Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Gefördert durch
The Polonsky Foundation Greek Manuscripts Project: a Collaboration between the Universities of Cambridge and Heidelberg – Das Polonsky-Stiftungsprojekt zur Erschließung griechischer Handschriften: Ein Gemeinschaftsprojekt der Universitäten Cambridge und Heidelberg.