Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 334

Johannes Damascenus, Expositio fidei (versio inversa)

Papier · 2, 119, 1 Bll. · 23 × 16 cm · Venedig · 1528–1531


Schlagwörter (GND)
Theologie / Patristik / Johannes Damascenus / Expositio fidei.
Diktyon-Nr.
66066.
2ar Schenkungsexlibris
2av vacat
1) 1r–118r Johannes Damascenus, Expositio fidei (versio inversa)
118v vacat

Kodikologische Beschreibung

Entstehungsort
Venedig. Ggf. Verona, siehe Geschichte der Handschrift.
Entstehungszeit
1528–1531. Datierung siehe Geschichte der Handschrift und Angaben zu Schrift / Schreiber.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Westliches Papier. Vor- und Nachsatzbll. neuzeitlich.
Umfang
2, 119, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
23 × 16 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + 12a + VI12 + (VI-8)16 + (VI-2)26 + 5 VI86 + (VI-2)96 + I98 + VI109a + (VI-3)118 + (I-1)119*. In der zweiten Lage (f. 16) des Textes fehlen die beiden Außenblätter sowie sechs Blatt nach f. 14, sie war ursprünglich ebenfalls ein Senio. In der dritten (f. 26) und neunten (f. 96) Lage fehlen jeweils die beiden Außenblätter. Von der zehnten Lage (f. 98) existieren dagegen nur noch die beiden Außenblätter; Blatt 109a der elften Lage ist nicht gezählt, danach fehlt ein ganzer Senio. In der letzten Lage fehlen die beiden Mittelblätter, ein nicht mehr benötigtes Blatt am Ende wurde offenbar entfernt. Die Lagenstruktur war mit 13 Senionen gleichmäßig.
Foliierung
Die Handschrift weist zwei Foliierungen auf. Die jüngere vatikanische (f. 1–109, 110–118), die mit braunschwarzer Tinte eingetragen wurde, befindet sich im Kopfsteg rechts. Diese Foliierung gibt den ursprünglichen Zustand der Handschrift wieder. Im Fußsteg rechts findet sich eine weitere Zählung, die bis f. 156 (= 55 obere Foliierung) reichte. Diese Blattfolge entspräche der einer vollständigen versio fusior des Textes. Kotter, Überlieferung, siehe Literatur, S. 79, sah darin die ursprüngliche Blattfolge der Hs., die zu einem späteren Zeitpunkt umgestellt worden wäre. Für diese Vermutung gibt es jedoch keinen Beweis, zumal eine recht große Zahl an Textzeugen die Existenz der von Kotter so bezeichneten versio inversa belegt und demnach von einem eigenen Überlieferungsstrang ausgegangen werden muss. Außerdem zeigt die doppelte Zählung 28 = 119 im Fußsteg von f. 19r auf, dass sich die Blattfolge der Handschrift nicht umstellen lässt. Man sollte hier vielmehr davon ausgehen, dass im Falle des Palatinus z.B. aus redaktionellen Gründen die Abfolge einer ebenfalls vollständigen, aber nicht so gut belegten Variante des Normtextes der Expositio dargestellt werden sollte. Gleichwohl wird durch die doppelte Zählung deutlich, dass heute wohl 37 Bll. der ursprünglichen Handschrift verloren sind. Die entsprechenden Ausfälle wurden bereits von Friedrich Sylburg vermerkt. Vorderspiegel ist Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von 119*. Die Bezeichnung der ungez. Bll. folgt dem Digitalisat (f. 1a–2a, 109a, 219*).
Lagenzählung
Die griechische Lagenzählung von der Hand des Schreibers befindet sich in der Fußzeile etwa in der Höhe des Textabschlusses. Bei Ausfall der Rahmenblätter einer Lage ist sie natürlich verloren. Über die Zählung lässt sich der Textausfall nach f. 109a ermitteln, da die Lage mit der Ziffer ΙBʹ fehlt. Außerdem sind partiell noch die Textmarken im Falz erkennbar.
Zustand
Die Handschrift ist relativ stark fragmentiert, da heute 37 Bll. fehlen. Das Papier ist von schlechter Qualität und gerade zu den Rändern hin stark nachgedunkelt. Im Bereich des Schriftblocks beginnender Tintenfraß, zum Teil ist aber auch das Papier fleckig. Am Falz liegt etwas Wurmfraß vor. Durchgängig lassen sich partiell stärkere Feuchtigkeitsschäden feststellen. Die Schrift ist stellenweise verwischt, was aber dem Zweck der Handschrift als Exemplar zur Druckvorbereitung geschuldet sein dürfte. Insgesamt jedoch nur wenige Benutzungsspuren.

Schriftraum
14,4–15,5 × 9,0–11,5 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
20–21 Zeilen.
Linierung
Das Papier wurde nicht eigens liniert.
Schriftart
Es handelt sich um eine nur ganz leicht nach links geneigte, individuelle, hier aber auf gute Lesbarkeit bedachte Kopistenschrift, wie sie ab dem späten 15., besonders aber in der ersten Hälfte des 16. Jahrhundert gebräuchlich war. Die Demetrios Zenos zuweisbaren Handschriften zeigen in der Regel ein flüssigeres, schneller geschriebenes Schriftbild.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Der Schreiber, auf den auch die Titel und wenige Randglossen zurückgehen (z.B. f. 13r), wurde von Ernst Gamillscheg mit Demetrios Zenos (Ζῆνος) identifiziert (siehe RGK III, Nr. 161 u. RGK I, Nr. 94), Referenzhandschrift ist der von Zenos nicht selbst subskribierte Cod. Esc. T. II. 18, f. 166r. Außerdem waren ein Rubrikator für die Zierleiste auf f. 1r und zwei nicht sehr viel älterer Scholiasten beteiligt (einer nahm auch interlineare Einträge mit schwarzer Tinte vor), die die redaktionelle Nachbearbeitung des Textes leisteten. Die Initialen gehen auf Zenos selbst zurück (über dessen Publikationstätigkeit in Venedig Elisa Bianchi derzeit eine Studie vorbereitet).
Buchgestaltung
Einspaltiger Texteintrag mit breiten Korrekturrändern. Oberhalb des Textes befindet sich ein schlichter Zierstreifen, es folgt die sorgfältig geschriebene Hauptüberschrift, vor dem Text die einfache Werkinitiale. Die einzelnen Kapitel werden durch die farblich variierenden Überschriften gekennzeichnet und beginnen mit einer nach links ausgerückten Initiale.
Buchschmuck
Sehr schlichte Ausführung. An verzierenden Elementen sind nur der Zierstreifen auf. f. 1r zu nennen (das Seilband war ursprünglich partiell rot ausgefüllt), wenige florale Elemente an den Initialen sowie der strukturierende Tintenwechsel für die Überschriften.

Nachträge und Benutzungsspuren
Signaturensignet der BAV auf dem Rücken sowie dem Vorderspiegel. Schenkungsexlibris auf f. 2a aufgeklebt. Fuggersignatur und Erwerbersigle cyp(rius) im Kopfsteg von f. 1r. Bibliotheksstempel der BAV (1r, 118v). Unten auf f. 1r wurde ein Zettel auf blauem Löschblatt mit dem Eintrag in Kanzleischrift des 16. Jahrhunderts 415 (?) B. Joh. Damasceni ex-plicatio de orthod(ox)a fide in den Buchblock eingebunden (siehe Geschichte der Handschrift) Darunter vatikanischer Signaturvermerk sowie Hinweis auf den Blattverlust in der gesamten Handschrift von Friedrich Sylburg. Zahlreiche Korrekturen u. auch längere Textnachträge (f. 74r) von nur einer Hand auf den Seitenstegen sowie innerhalb des Textblocks. Außerdem wurde mit einem dickeren Kalamos die geläufige Kapitelzählung der Expositio fidei ergänzt.

Einband
Roter Ledereinband der BAV aus der Zeit von Kardinalbibliothekar Francesco Saverio de Zelada und Papst Pius VI.; späterer Rücken mit goldenen Wappenstempeln von Papst Pius IX. (oben) und Kardinalbibliothekar Angelo Mai (unten), vgl. Schunke, Einbände, II, S. 909.
Provenienz
Augsburg / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Im Fall des Pal. gr. 334 genügt ein kurzer Blick auf das Textfeld mit den auffälligen Korrekturen, um festzustellen, dass es sich bei der Handschrift um ein Redaktionsexemplar handelt, das ganz zeittypisch im Rahmen einer Druckvorbereitung erstellt wurde. Schreiber war, wie oben gesehen, Demetrios Zenos. Ein Verkauf solcher Exemplare erfolgte zumeist im Nachgang des Drucks. Der auch als Literat tätige Schreiber Zenos kam im Jahr 1524 nach Venedig. Damit ist ein erster fester Zeitpunkt benannt, nach dem der Palatinus geschrieben worden sein muss. Durch die lateinische Textausgabe der Expositio fidei, die 1504 bei Henri Estienne I. mit weiteren Texten des Johannes v. Damaskus verlegt worden war, erfuhr der Text eine größere Verbreitung im westlichen Europa. Äußerer Anlass für den Druck des griechischen Textes waren nunmehr die Vorbereitungen für das Konzil von Trient, die Gian Matteo Giberti, dem Bischof von Verona, etwa ab 1522 oblagen. Zu diesem Zweck lud er die in Venedig mittlerweile erfolgreichen Verleger Stefano und Pietro da Sabbio nach Verona ein und beauftragte sie mit dem Druck zentraler Texte aus dem Bereich der griechischen Patristik. Pietro da Sabbio nahm den Auftrag an, als eine seiner Ausgaben erschien 1531 der griechische Erstdruck der Expositio als Ἰωάννου τοῦ Δαμασκηνοῦ ἔκδοσις τῆς ὀρθοδόξου πίστεως. Τοῦ αὐτοῦ περὶ τὼν ἐν πίστει κεκοιμημένων.Joannis Damasceni editio Orthodoxae fidei. Eiusdem De iis qui in fide domierunt, Veronae apud Stephanum et fratres Sabios 1531 (diese Ausgabe wurde für die Migne PG übernommen). Demetrios Zenos zählte bereits bald nach seiner Ankunft in Venedig, wo ausreichend Zugriffsmöglichkeiten auf griechische Texte bestanden, zu den Mitarbeitern der Brüder Da Sabbio. Es war zu dieser Zeit bereits philologisch-editorischer Standard, für die Textkonstitution auch divergierende Überlieferungszweige zu berücksichtigen. Dies dürfte zur Erstellung der vorliegenden Handschrift geführt haben (siehe Caterina Carpinato, Sull’attività editoriale di Dimitrios Zinos presso la tipografia dei Da Sabbio, in Sydesmos. Studi in onore di Rosario Anastasi, I, Catania 1991, S. 193–207, zur Auftragsarbeit für Gian Matteo Giberti siehe ebd. S. 200), die wohl ein Abkömmling des Par. gr. 1121 (oder des Marc. gr. Z 500) ist (vgl. Kotter, Überlieferung, siehe Literatur, S. 175), und eine intensive redaktionelle Bearbeitung erfuhr. Dazu sollte man auch den o.g. Versuch zählen, über eine Änderung der Blattfolge die noch heute gebräuchliche Kapitelfolge herzustellen. Da die Beteiligung der Brüder Sabbio an dem Editionsprojekt erst 1528 begann und man die vorliegende Handschrift wohl damit in Verbindung zu setzen hat, wäre damit ein Terminus post quem für die Entstehung der Handschrift benannt. Nach der Drucklegung (= 1531) wurden auch unansehnliche Redaktionsexemplare wie dieses aufgrund der hohen Nachfrage nach griechischen Codizes veräußert, womit ein Terminus ante quem für die Fertigstellung des Palatinus genannt wäre. Ob die Handschrift bei dem Kopisten verblieb oder vom Auftraggeber, also den Brüdern da Sabbio, verkauft wurde, ist nicht bekannt. Auf jeden Fall erklärt der Zweck der ursprünglichen Handschrift, dass es zu einem derart großen Blattverlust hatte kommen können. Wie aus dem Erwerbersignet auf f. 1r hervorgeht, war der auf Theologica spezialisierte Hieronymus Tragodistes Cyprius Aufkäufer für Ulrich Fugger (vgl. Lehmann, Fuggerbibliotheken, I, S. 108–118). Ob die Handschrift zum Zeitpunkt des Erwerbs noch vollständig war, lässt sich nicht mehr sagen. Hieronymus war ab Anfang der 1550er Jahre für Ulrich Fugger tätig und wäre zu einer entsprechenden Prüfung sehr wohl in der Lage gewesen. Der Kauf muss bis zum Jahr 1555 erfolgt sein, da der Palatinus in dem zu dieser Zeit erstellten Augsburger Inventar aufscheint, siehe Pal. lat. 1950, f. 534v mit dem Eintrag Damasceni de vera fide char., non sig(natus). Der Zusatz non signatus erklärt dabei den blauen Titelzettel (siehe Nachträge und Benutzungsspuren), der heute mit f. 1r verbunden ist. Die Handschrift war nämlich in Augsburg nicht wie sonsten üblich mit einem lateinischen Titel versehen worden. Im Zuge der Vertreibung Ulrich Fuggers aus Augsburg und seiner Übersiedlung gelangte im Jahr 1567 seine Bibliothek nach Heidelberg. Vertraglich vereinbart wurde deren Übergang in die Verfügungsgewalt der pfälzischen Kurfürsten und die Aufstellung in der Heiliggeistkirche (vgl. dazu den entsprechenden Eintrag im Heidelberger Inventar des Pal. lat. 1916, f. 534v). Mit Ulrich Fuggers Tod im Februar 1584 erfolgte der rechtsgültige Übergang der bereits verpfändeten Bibliothek in den Besitz der pfälzischen Kurfürsten und in den Bestand der Bibliotheca Palatina. Im Zuge der Eroberung Heidelbergs 1622 gelangte die Bibliothek als Geschenk des bayerischen Herzogs Maximilian an Papst Gregor XV. über München nach Rom, seither gehört die Handschrift zum Bestand der BAV.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_gr_334
Literatur
Stevenson, Graeci, S. 194; Die Schriften des Johannes von Damaskus, II: Ἔκδοσις ἀκριβὴς τῆς ὀρθοδόξου πίστεως. Expositio fidei. Bes. v. P. Bonifatius Kotter O.S.B., Berlin/New York 1973, S. XLI; P. Bonifaz Kotter O.S.B., Die Überlieferung der Pege gnoseos des hl. Johannes von Damaskus, Ettal 1959, S. 79, 175; RGK III, Nr. 161.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Inhalt

1) 1r–118r Digitalisat

Verfasser
Johannes Damascenus (GND-Nr.: 118557971).
Titel
Expositio fidei (versio inversa).
TLG-Nummer
2934.004.
Angaben zum Text
CPG 8043. - Die Textausfälle wurden bereits detailliert aufgelistet in Kotter, Überlieferung, S. 79.
Titel (Vorlage)
1r Τοῦ μακαρίου ἰωάννου τοῦ δαμασκηνοῦ, ἔκδοσις ἀκριβὴς τῆς ὀρθοδόξου πίστεως, ὅτι ἀκατάληπτον τὸ θεῖον. καὶ ὅτι οὐ δεῖ ζητεῖν καὶ περιεργάζεσθαι τὰ μὴ παραδεδομένα ἡμῖν ὑπὸ τῶν ἁγίων προφητῶν καὶ ἀποστόλων, καὶ εὐαγγελιστῶν.
Incipit
1r Θ(εὸ)ν οὐδεὶς ἑώρακε …
Explicit
118r … ὥς τε ἡ διαφορὰ, αἰτία τοῦ ἀριθμοῦ.
Edition
Die Schriften des Johannes von Damaskus, II: Ἔκδοσις ἀκριβὴς τῆς ὀρθοδόξου πίστεως. Expositio fidei. Bes. v. P. Bonifatius Kotter O.S.B., Berlin/New York 1973, S. 1–239 (diese Hs. mit der Sigle 664 wurde nur bedingt herangezogen, da sie für den Hrsg. zum Überlieferungsstrang der sog. versio inversa gehörte. Eine synoptische Gegenüberstellung der Kapitelfolge nach Versionen siehe ebd. S. XXIV).


Bearbeitet von
Dr. Lars Hoffmann, Universitätsbibliothek Heidelberg, 22.11.2021.
Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Gefördert durch
The Polonsky Foundation Greek Manuscripts Project: a Collaboration between the Universities of Cambridge and Heidelberg – Das Polonsky-Stiftungsprojekt zur Erschließung griechischer Handschriften: Ein Gemeinschaftsprojekt der Universitäten Cambridge und Heidelberg.