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OBERRHEIN.
Die Bedeutung Lukas Mosers für die Landschaftsmalerei
rechtfertigt es wiederum, daß wir mit dem Südwesten Deutsch-
lands, mit der oberrheinischen Kunst, in unserer Untersuchung
beginnen.
Man möchte erwarten, daß die dem Tiefenbronner Altar
vorangehenden dreißig Jahre angefüllt seien von einer langen
Reihe von Monumenten, die den offenkundigen Ausdruck einer
mächtig aufsteigenden Entwicklung bildeten und eben in dem
berühmten Altarwerk gipfelten. Rückten doch auch die ersten
Jahrzehnte diesen ohnehin wirtschaftlich mächtig aufgeblühten
Teil Deutschlands, vor allem die Bischofsstadt Konstanz,
in den Mittelpunkt des politischen Interesses — man darf wohl
sagen — des ganzen damaligen Europas. Denn von dem
Konzil, das von 1414 bis 1418 in den Mauern der alten
Bodenseestadt tagte, erhoffte die Christenheit Befreiung von
dem großen Schisma, das sie in drei Teile gespaltet hielt.
Lebensvolle Schilderungen jener Tage sind uns erhalten: vor
allem Ulrich von Richentals Chronik des Konstanzer Konzils
und die Berichte des Presbyterkardinals Wilhelm Fillastre.
Wir brauchen hier nicht zu wiederholen, was schon so oft
betont worden ist1, daß dieses tief in das gesamte Kulturleben
eingreifende Ereignis auch für die oberrheinische Kunst nicht
ohne starke Wirkung sein konnte. Wir brauchen auch nicht
mehr die glänzenden Namen der Persönlichkeiten zu nennen,
die Frankreich und Italien nach Konstanz gesandt hatte. Gewiß
ist, daß mit ihnen eine große Schar fremder Handwerker und
Kaufleute in der Konzilsstadt erschien. Es wäre seltsam, wenn
1 Wingenroth, M. und Groeber. Die Grabkapelle Ottos III. von Hachberg,
Bischofs von Konstanz, und die Malerei während des Konstanzer Konzils. («Schau-
insland» XXXV u. XXXVI). Separatdruck. Freiburg 1909, p. ,12ff.
OBERRHEIN.
Die Bedeutung Lukas Mosers für die Landschaftsmalerei
rechtfertigt es wiederum, daß wir mit dem Südwesten Deutsch-
lands, mit der oberrheinischen Kunst, in unserer Untersuchung
beginnen.
Man möchte erwarten, daß die dem Tiefenbronner Altar
vorangehenden dreißig Jahre angefüllt seien von einer langen
Reihe von Monumenten, die den offenkundigen Ausdruck einer
mächtig aufsteigenden Entwicklung bildeten und eben in dem
berühmten Altarwerk gipfelten. Rückten doch auch die ersten
Jahrzehnte diesen ohnehin wirtschaftlich mächtig aufgeblühten
Teil Deutschlands, vor allem die Bischofsstadt Konstanz,
in den Mittelpunkt des politischen Interesses — man darf wohl
sagen — des ganzen damaligen Europas. Denn von dem
Konzil, das von 1414 bis 1418 in den Mauern der alten
Bodenseestadt tagte, erhoffte die Christenheit Befreiung von
dem großen Schisma, das sie in drei Teile gespaltet hielt.
Lebensvolle Schilderungen jener Tage sind uns erhalten: vor
allem Ulrich von Richentals Chronik des Konstanzer Konzils
und die Berichte des Presbyterkardinals Wilhelm Fillastre.
Wir brauchen hier nicht zu wiederholen, was schon so oft
betont worden ist1, daß dieses tief in das gesamte Kulturleben
eingreifende Ereignis auch für die oberrheinische Kunst nicht
ohne starke Wirkung sein konnte. Wir brauchen auch nicht
mehr die glänzenden Namen der Persönlichkeiten zu nennen,
die Frankreich und Italien nach Konstanz gesandt hatte. Gewiß
ist, daß mit ihnen eine große Schar fremder Handwerker und
Kaufleute in der Konzilsstadt erschien. Es wäre seltsam, wenn
1 Wingenroth, M. und Groeber. Die Grabkapelle Ottos III. von Hachberg,
Bischofs von Konstanz, und die Malerei während des Konstanzer Konzils. («Schau-
insland» XXXV u. XXXVI). Separatdruck. Freiburg 1909, p. ,12ff.