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MITTELRHEIN.
Dem Ausblick von der erreichten Höhe möge ein Ueber-
blick folgen über die Entwicklung, welche die Landschaftsdar-
stellung im übrigen Deutschland während der zweiten Periode
des Jahrhunderts erlebt.
Man möchte vermuten, daß die Leistungen der mittel-
rheinischen Kunst dieser Zeit unbedingt dem Einfluß der
großen oberrheinischen Errungenschaften unterworfen seien, was
eine Betonung des landschaftlichen Elementes bedeutete. Ob
man von einer festgeschlossenen mittelrheinischen Schule in
dieser Zeit reden kann, bleibt aber fraglich1; eine Vorherr-
schaft des oberrheinischen Stiles ist keineswegs wahrzunehmen,
ebensowenig ein ernstliches Bemühen um das Landschaftsbild2.
Wohl wird in der Handschriftenmalerei ein Ansatz dazu ge-
macht, etwa in den schlichten Miniaturen des Mainzer Kar-
meliterbruders Nikolaus3 von 1432, die einfache Hügel-
landschaften unter blauem Himmel zeigen; allein der bedeu-
tendste Künstler dieser Periode, der von Thode * klar heraus-
gestellte Meister der Darmstädter Passion, schließt
in seinen Tafelbildern die Landschaft fast völlig aus, freilich
nicht aus mangelndem Können. Ihn hält das auch Konrad
Witz erfüllende, koloristische Problem des Lichtes so im Banne,
daß das andere, übrigens damit zusammenhängende, große
1 Back a. a O. p. 74.
2 Nur hingewiesen sei hier auf das miniaturartige Bildchen des hl. Hierony-
mus mit Stifter und zwei hl. Nonnen in Augsburg (Galerie, alter Kat.
Nr. 166). Neben dem Stifter ist das Wappen von Pfalz-Neuburg. Der Heilige, dem
Löwen den Dorn ausziehend, sitzt neben einem Palmbaum, der die Mittelaxe des
Bildes ist. Der Vordergrund zeigt fein durchgearbeitete Vegetation. Dahinter steigen
Hügel auf, der rechte trägt wohl die Eremitage des Heiligen. In der Mitte blickt man
über eine dichte Mauer von Bäumen auf flaches Hügelland und eine prächtige Stadt.
Die Figuren dürften für mittelrheinische Provenienz sprechen. Herr Dr. Buchheit-
München machte Verf. auf das Bild aufmerksam.
» Back a. a. O. p. 50. Es- handelt sich um ein Chorbuch des Mainzer Dom-
schatzes.
4 Thode, H. Die Malerei am Mittelrhein etc., über die Landschaft p. 64.
MITTELRHEIN.
Dem Ausblick von der erreichten Höhe möge ein Ueber-
blick folgen über die Entwicklung, welche die Landschaftsdar-
stellung im übrigen Deutschland während der zweiten Periode
des Jahrhunderts erlebt.
Man möchte vermuten, daß die Leistungen der mittel-
rheinischen Kunst dieser Zeit unbedingt dem Einfluß der
großen oberrheinischen Errungenschaften unterworfen seien, was
eine Betonung des landschaftlichen Elementes bedeutete. Ob
man von einer festgeschlossenen mittelrheinischen Schule in
dieser Zeit reden kann, bleibt aber fraglich1; eine Vorherr-
schaft des oberrheinischen Stiles ist keineswegs wahrzunehmen,
ebensowenig ein ernstliches Bemühen um das Landschaftsbild2.
Wohl wird in der Handschriftenmalerei ein Ansatz dazu ge-
macht, etwa in den schlichten Miniaturen des Mainzer Kar-
meliterbruders Nikolaus3 von 1432, die einfache Hügel-
landschaften unter blauem Himmel zeigen; allein der bedeu-
tendste Künstler dieser Periode, der von Thode * klar heraus-
gestellte Meister der Darmstädter Passion, schließt
in seinen Tafelbildern die Landschaft fast völlig aus, freilich
nicht aus mangelndem Können. Ihn hält das auch Konrad
Witz erfüllende, koloristische Problem des Lichtes so im Banne,
daß das andere, übrigens damit zusammenhängende, große
1 Back a. a O. p. 74.
2 Nur hingewiesen sei hier auf das miniaturartige Bildchen des hl. Hierony-
mus mit Stifter und zwei hl. Nonnen in Augsburg (Galerie, alter Kat.
Nr. 166). Neben dem Stifter ist das Wappen von Pfalz-Neuburg. Der Heilige, dem
Löwen den Dorn ausziehend, sitzt neben einem Palmbaum, der die Mittelaxe des
Bildes ist. Der Vordergrund zeigt fein durchgearbeitete Vegetation. Dahinter steigen
Hügel auf, der rechte trägt wohl die Eremitage des Heiligen. In der Mitte blickt man
über eine dichte Mauer von Bäumen auf flaches Hügelland und eine prächtige Stadt.
Die Figuren dürften für mittelrheinische Provenienz sprechen. Herr Dr. Buchheit-
München machte Verf. auf das Bild aufmerksam.
» Back a. a. O. p. 50. Es- handelt sich um ein Chorbuch des Mainzer Dom-
schatzes.
4 Thode, H. Die Malerei am Mittelrhein etc., über die Landschaft p. 64.