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Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Denkmalpflege im ländlichen Raum — Heft 1.1981

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Mosel, Manfred: Anmerkungen eines Denkmalpflegers zum Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“
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https://doi.org/10.11588/diglit.50202#0015
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Bemerkungen eines Denkmalpflegers zum Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden'

Kein Dorf wird schöner, wenn die alt und krumm geworde-
ne Friedhofsmauer durch eine neue Betonmauer ersetzt
wird; wenn das alte Rathaus innen und außen auf den Hy-
giene- und Pflegestand einer Sozialstation in einer Satelliten-
stadt getrimmt wird; wenn die Dorfkirche von allen Zeichen
der Benutzung gereinigt („O heiliger Bartholomäus“) und
als purifizierter pflegeleichter Sakralraum im romanischen,
gotischen, barocken... usw. Stil dasteht; oder wenn der
Dorfteich zugedeckt wird und oben drauf Rabatten angelegt
werden; wenn der Dorfanger von Straßen mit Hochborden
gesäumt und die Wiesenflächen in eine pflegeintensive Ra-
senfläche verwandelt wird, wenn der Bach verrohrt und zu-
gleich künstlerisch gestaltete Brunnen angelegt werden...!
Das sind, hat man die geschichtliche Überlieferung des Dor-
fes vor Augen, Denkmalzerstörungen. Fehlinvestitionen
und vor allen Dingen fehlgeleitete Initiativen von im besten
Sinne leistungsbereiten Bürgern.
Das Bild eines Dorfes wird dadurch geprägt, daß seine Bau-
formen und die Abfolge der Räume sich in einem lebhaften
Wechselspiel von Architektur und Natur, von gestalteten
und ungestalteten Elementen befinden. Auch wenn das hi-
storische, rein agrarwirtschaftlich geprägte Dorf kaum noch
existiert, so bieten doch die Dorfkerne und gerade die Neu-
baugebiete mit ihrem Gestaltungsspielraum Ansätze, diese

ursprünglichen Charakteristika zu pflegen und vielleicht so-
gar wieder herauszuarbeiten.
Die ländlichen Baudenkmäler sind in ihrer Anschaulichkeit
von der authentischen dörflichen Umgebung abhängig, weil
sie weniger künstlerisch, aber mehr handwerklich, weniger
repräsentativ, dafür mehr funktional gestaltet sind. Denk-
malschutz und Dorfbildpflege könnten sicher einander er-
gänzende, ja steigernde Unternehmungen sein. Der Wettbe-
werb „Unser Dorf soll schöner werden“ könnte für den
Denkmalschutz z. B. eine große Unterstützung für die Inte-
gration, d. h. die Nutzung der Baudenkmäler in den heuti-
gen Bedingungen des dörflichen Lebens, bieten. Die Grenze
ist aber dort scharf zu ziehen, wo die Denkmäler selbst zu
Objekten der Wettbewerbsbewertung werden. Das schadet
nicht nur den Denkmälern, es führt auch zu ungerechten Be-
lastungen der Teilnehmer und zu falschen Bewertungen der
Wettbewerbsleistungen.
Kaum ein öffentlicher Wettbewerb, der soviel freiwillige
Leistungen und zugleich so viel Kritik auslöst wie dieser.
Alle, die Teilnehmer, die Juroren und die Kritiker, sollten
sich etwas mehr um die Beseitigung offensichtlicher Mißver-
ständnisse und etwas weniger um die eigene Selbstdarstel-
lung bemühen. Der Denkmalpflege auf dem Lande wäre
sehr geholfen, wenn alles ein wenig bescheidener und mit
Verzicht auf Rustikales zuginge.

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