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Kulturräume
Kulturräume
Im Vergleich zu den recht geringen land-
schaftlichen Unterschieden des überwiegend
der norddeutschen Geest zuzuordnenden
Untersuchungsgebietes bestehen doch einige
bedeutende kulturgeographische Unter-
schiede. Diese betreffen die Sprache, das
Brauchtum, Schmuckformen und Möbel-
gestaltung und ganz besonders auch die Bau-
weise der ländlichen Gebäude. Bei den
Wohnstallhäusern fallen äußerlich allerdings
regionale Ausprägungen weniger ins Auge
als die zeittypischen Wandlungen. Dagegen hat
die Gefügeforschung gezeigt, daß die Kon-
struktionen des Innenständergerüstes der
Bauernhäuser recht unterschiedlichen Typen
zuzuordnen sind, die an bestimmten Grenzen
fast übergangslos aufeinandertreffen <7>.
Noch deutlicher und auch dem Uaien augenfäl-
lig sind die unterschiedlichen Bauweisen bei
den Nebengebäuden. Zu erwähnen sind die
verschiedenen Typen der Speicher, die unter-
schiedliche Ausprägung von Scheunenbauten
(teils mit Quer-, teils mit Längsaufschluß) und
nicht zuletzt die zum Teil regional grundver-
schiedene Bauweise so einfacher Gebäude, wie
es - der Funktion nach - die Schafställe sind.
Im Vorgriff auf die nachfolgende Dokumen-
tation seien hierzu schon einige grundsätz-
liche Überlegungen vorgetragen. Soweit wir
unterschiedliche Stallgebäude in einer Region,
gar in einem Dorf nebeneinander finden, lassen
sich die Verschiedenheiten meistens durch
unterschiedliche Nutzungsweise (Größe der
Herden, Lage auf dem Hof oder in der Heide)
oder durch das unterschiedliche Alter und die
damit verbundenen Wandlungen der Bau-
tradition und der Bautechnik erklären. Schwe-
rer dürfte es schon fallen, regional stark von-
einander abweichende Typen ansonsten glei-
cher Funktion und Zeitstellung zu erklären. Im
Untersuchungsgebiet fallen bei näherer Be-
trachtung geradezu verblüffende Differenzen in
der Gefüge- und Raumstruktur der Schafställe
ins Auge, wobei sich Grenzlinien recht klein-
räumig, manchmal von einem Dorf zum näch-
sten, festlegen lassen. - Bei den im folgenden
vorgestellten Gebäudetypen handelt es sich
nicht um rein örtliche Spezialitäten, wie sie
etwa durch das Wirken einzelner Zimmer-
mannsfamilien erklärbar wären; dafür ist
das Verbreitungsgebiet der Typen zu groß.
Sicher ist es aber auch verfehlt, zeitlich
weit zurückliegende ethnologische Ge-
sichtspunkte heranzuziehen.
Dagegen ist es bei dieser Fragestellung
wahrscheinlich lohnend, die früheren poli-
tischen bzw. herrschaftlichen Verhältnisse
in Betracht zu ziehen; treffen doch in unse-
rem Untersuchungsgebiet drei im wesentli-
chen über Jahrhunderte recht scharf ausge-
prägte Herrschaftsgrenzen aufeinander. In
der Karte II wurden - in Anlehnung an eine
Karte des Kurfürstentums Hannover <8> -
die wichtigsten Verwaltungsgrenzen einge-
tragen. Weiterhin sind einige Verände-
rungen, die sich in jüngerer Zeit ergeben
haben, bis hin zu den heutigen Kreis-
grenzen, angedeutet.
Der Oberlauf der Wümme markierte die
Grenze zwischen dem Stift Verden und
dem Erzstift Bremen <9>. Die Dörfer des
Kirchspiels Scheeßel gehörten ungewöhn-
licherweise teilweise zum Bremischen,
teilweise zum Verdenschen Hoheitsgebiet.
Tamß zitiert allein 16 Quellen zu diesen
Grenzfragen aus den Jahren zwischen 1735
und 1819 <10>. Mehrfach widersprechen
sich nach dieser Zusammenstellung selbst
jahrgleiche Dokumente. Die Geschichts-
forschung bezeichnet auch heute noch die-
ses Gebiet - die rechtswümmischen Ge-
meinden bei Scheeßel - in seiner Zugehö-
rigkeit im besagten Zeitraum als strittig
<11>. Das in diesem strittigen Gebiet ge-
legene Dorf Hesedorf war im 15. bis 19.
Jahrhundert Teil des Verdenschen Amtes
Rotenburg, gehörte aber zum „Sprengel“
des Bremischen Kirchspiels Gyhum <12>.
Diese Unsicherheit könnte sich auch in kul-
tureller Hinsicht ausgewirkt haben einige
Besonderheiten der dortigen „Schafstall-
typologie“ weisen auf ein Übergangsgebiet
mit wechselnden Einflüssen hin.
Eindeutiger war dagegen die in hauptsäch-
licher Nord/Süd-Richtung durch weite
Moorgebiete verlaufende Flächengrenze,
die das ehemalige Fürstentum Lüneburg in
seinem nördlichen Abschnitt von dem hier
noch heute sogenannten ehemals
bremischen „Sticht“ schied <13>.
Kulturräume
Kulturräume
Im Vergleich zu den recht geringen land-
schaftlichen Unterschieden des überwiegend
der norddeutschen Geest zuzuordnenden
Untersuchungsgebietes bestehen doch einige
bedeutende kulturgeographische Unter-
schiede. Diese betreffen die Sprache, das
Brauchtum, Schmuckformen und Möbel-
gestaltung und ganz besonders auch die Bau-
weise der ländlichen Gebäude. Bei den
Wohnstallhäusern fallen äußerlich allerdings
regionale Ausprägungen weniger ins Auge
als die zeittypischen Wandlungen. Dagegen hat
die Gefügeforschung gezeigt, daß die Kon-
struktionen des Innenständergerüstes der
Bauernhäuser recht unterschiedlichen Typen
zuzuordnen sind, die an bestimmten Grenzen
fast übergangslos aufeinandertreffen <7>.
Noch deutlicher und auch dem Uaien augenfäl-
lig sind die unterschiedlichen Bauweisen bei
den Nebengebäuden. Zu erwähnen sind die
verschiedenen Typen der Speicher, die unter-
schiedliche Ausprägung von Scheunenbauten
(teils mit Quer-, teils mit Längsaufschluß) und
nicht zuletzt die zum Teil regional grundver-
schiedene Bauweise so einfacher Gebäude, wie
es - der Funktion nach - die Schafställe sind.
Im Vorgriff auf die nachfolgende Dokumen-
tation seien hierzu schon einige grundsätz-
liche Überlegungen vorgetragen. Soweit wir
unterschiedliche Stallgebäude in einer Region,
gar in einem Dorf nebeneinander finden, lassen
sich die Verschiedenheiten meistens durch
unterschiedliche Nutzungsweise (Größe der
Herden, Lage auf dem Hof oder in der Heide)
oder durch das unterschiedliche Alter und die
damit verbundenen Wandlungen der Bau-
tradition und der Bautechnik erklären. Schwe-
rer dürfte es schon fallen, regional stark von-
einander abweichende Typen ansonsten glei-
cher Funktion und Zeitstellung zu erklären. Im
Untersuchungsgebiet fallen bei näherer Be-
trachtung geradezu verblüffende Differenzen in
der Gefüge- und Raumstruktur der Schafställe
ins Auge, wobei sich Grenzlinien recht klein-
räumig, manchmal von einem Dorf zum näch-
sten, festlegen lassen. - Bei den im folgenden
vorgestellten Gebäudetypen handelt es sich
nicht um rein örtliche Spezialitäten, wie sie
etwa durch das Wirken einzelner Zimmer-
mannsfamilien erklärbar wären; dafür ist
das Verbreitungsgebiet der Typen zu groß.
Sicher ist es aber auch verfehlt, zeitlich
weit zurückliegende ethnologische Ge-
sichtspunkte heranzuziehen.
Dagegen ist es bei dieser Fragestellung
wahrscheinlich lohnend, die früheren poli-
tischen bzw. herrschaftlichen Verhältnisse
in Betracht zu ziehen; treffen doch in unse-
rem Untersuchungsgebiet drei im wesentli-
chen über Jahrhunderte recht scharf ausge-
prägte Herrschaftsgrenzen aufeinander. In
der Karte II wurden - in Anlehnung an eine
Karte des Kurfürstentums Hannover <8> -
die wichtigsten Verwaltungsgrenzen einge-
tragen. Weiterhin sind einige Verände-
rungen, die sich in jüngerer Zeit ergeben
haben, bis hin zu den heutigen Kreis-
grenzen, angedeutet.
Der Oberlauf der Wümme markierte die
Grenze zwischen dem Stift Verden und
dem Erzstift Bremen <9>. Die Dörfer des
Kirchspiels Scheeßel gehörten ungewöhn-
licherweise teilweise zum Bremischen,
teilweise zum Verdenschen Hoheitsgebiet.
Tamß zitiert allein 16 Quellen zu diesen
Grenzfragen aus den Jahren zwischen 1735
und 1819 <10>. Mehrfach widersprechen
sich nach dieser Zusammenstellung selbst
jahrgleiche Dokumente. Die Geschichts-
forschung bezeichnet auch heute noch die-
ses Gebiet - die rechtswümmischen Ge-
meinden bei Scheeßel - in seiner Zugehö-
rigkeit im besagten Zeitraum als strittig
<11>. Das in diesem strittigen Gebiet ge-
legene Dorf Hesedorf war im 15. bis 19.
Jahrhundert Teil des Verdenschen Amtes
Rotenburg, gehörte aber zum „Sprengel“
des Bremischen Kirchspiels Gyhum <12>.
Diese Unsicherheit könnte sich auch in kul-
tureller Hinsicht ausgewirkt haben einige
Besonderheiten der dortigen „Schafstall-
typologie“ weisen auf ein Übergangsgebiet
mit wechselnden Einflüssen hin.
Eindeutiger war dagegen die in hauptsäch-
licher Nord/Süd-Richtung durch weite
Moorgebiete verlaufende Flächengrenze,
die das ehemalige Fürstentum Lüneburg in
seinem nördlichen Abschnitt von dem hier
noch heute sogenannten ehemals
bremischen „Sticht“ schied <13>.