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Zusammenfassung

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Zusammenfassung
— Es wurde eine umfassende Kartierung,
Dokumentation und Beschreibung der über-
kommenen Schafstallgebäude der Landkreise
Rotenburg und Harburg sowie der angrenzen-
den Bereiche der Landkreise Stade, Lüne-
burg, Soltau-Fallingbostel und Verden vorge-
legt. Den regional- und zeittypischen
Gestaltungs- und Konstruktionsmerkmalen
wurde besondere Beachtung geschenkt. Auf
siedlungs-, kultur- und wirtschafts-
geographische Hintergründe und sonstige
historische Bezüge der Schafhaltung und der
Stallnutzung wurde eingegangen, soweit
diesbezügliche Unterlagen und Über-
lieferungen faßbar waren.
— Die Verteilung aller uns bekannt gewor-
denen Schafställe des Untersuchungsgebietes
wurde in Karte I dargestellt. Es handelt sich
um eine regional unterschiedlich weitgehen-
de und naturgemäß nicht überall vollständige
Erfassung des Bestandes. Zusätzlich werden
solche Schafställe in die Übersichten aufge-
nommen, die sich nach den Quellen hinrei-
chend sicher identifizieren ließen, auch wenn
sie von uns „vor Ort“ nicht mehr überprüft
werden konnten. Im ganzen ist ein starker
Abgang solcher Gebäude vor allem noch in
jüngster Zeit zu konstatieren. Die älteren
Schafstallviertel sind im Untersuchungs-
gebiet nur noch indirekt zu erschließen.
— Die charakteristischste und bekannteste
Gruppe der Heidschnuckenställe bilden die
Dachschafställe. Es handelt sich dabei fast
ausschließlich um Außenställe, die über-
wiegend erst nach der Aufteilung der gemein-
schaftlichen Schafweide im 19. Jahrhundert
erbaut worden sind. Pflanzengeographische,
wirtschaftliche und zeitliche Unterschiede
lassen sich für die regionale Abgrenzung
zwischen den Typen Krummsparrenstall und
Nurdachstall ermitteln.
— Soweit dem heutigen Restbestand und der
Literatur zu entnehmen ist, war die überre-
gional verbreitetste Form der Schafställe das
Wandständergebäude, wie es auch in Teilen
des Untersuchungsgebietes nachzuweisen ist.
Bei den ältesten Ställen dieses Typs handelte
es sich um eher kleinformatige, jedoch sehr

solide abgezimmerte Gebäude, zumeist mit
eingehälsten Ankerbalken. Jüngere, zumeist
großvolumige Wandständerställe weisen die
Rahmenbauweise bei Nadelholzverwendung
auf.
— In überwiegenden Abschnitten der Ämter
Rotenburg und Winsen, in denen keine wesent-
liche Zunahme der Schnuckenhaltung im
19. Jahrhundert zu verzeichnen war, blieben
die älteren kleinformatigen Wandständerge-
bäude als Hofschafställe mitunter erhalten.
In den eigentlichen Heidegebieten mit länge-
rem Festhalten an der Schnuckenhaltung und
zu Bauholz geeigneten Nadelholzbeständen
dominieren heute größere Ställe, zumeist am
Rande der Hofstellen gelegen.
— Vor allem in der Vogtei Visselhövede
wurde bei zunehmender Schnuckenhaltung
eine Vergrößerung der Stallräume durch eine
Änderung der Gefügekonstruktion erzielt.
Vermutlich in Anlehnung an vorhandene
Scheunen wurden dabei zunehmende Balken-
überstände mit einseitiger Unterrähmkon-
struktion und einer einseitigen Kübbung
übernommen. Im Zuge dieser Entwicklung
entstanden gelegentlich auch Kombinations-
und Mehrzweckgebäude.
— Im Bereich der Geest- und Moorgebiete
des ehemaligen Erzbistums Bremen scheint
frühzeitig - zumindest schon im 16. Jahrhun-
dert - ein Sondertyp entstanden zu sein: der
symmetrische Zweikübbungsstall. Eine Ab-
leitung von der Diele des Zweiständer-Hallen-
hauses ist anzunehmen. Ein Mangel an aus-
reichend langem Bauholz dürfte zur Bevorzu-
gung dieser Bauweise beigetragen haben.
— Die Gefügelösung der Kübbungsschaf-
ställe schließt sich den regional- und zeit-
typischen Konstruktionen des Hallenhauses
an. Ebenso wie bei diesem finden wir bei den
Schafställen die altertümlichen Merkmale der
Rähmverschlitzung mit Balkenverkämmung,
verkämmung, die Kreuzverklammerung
mittels Stufenzapfen sowie die jüngeren
Formen der Unterrähm-Verzimmerung
wieder. Demgegenüber läßt sich die Sonder-
form der Balkeneinhälsung mit Oberrähm
(Ankerbalkengefüge) eher von Wandständer-
gebäuden abgeleitet denken und kommt bei
Bauernhäusern niemals vor.
 
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