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Umsetzungen

Umsetzungen
Bereits mehrfach wurde darauf aufmerksam
gemacht, daß viele der untersuchten Schaf-
ställe zahlreiche zweitverwendete Bauhölzer
aufweisen. Desgleichen war festzustellen,
daß die meisten der im Außenbereich an-
getroffenen Ställe umgesetzt worden sind.
Dieses steht in Einklang mit den historischen
Aussagen über die nach der Gemeinheitstei-
lung und Verkopplung seit der Mitte des 19.
Jahrhunderts eingetretenen Veränderungen
der bäuerlichen Besitzverhältnisse und
Wirtschaftsweise sowie den daraus
resulierenden Landschaftsveränderungen. In
einigen wenigen Fällen spricht auch die
dörfliche Überlieferung von einer früheren
Ortsveränderung der Schafställe.
An den betreffenden Gebäuden selbst lassen
sich die Spuren einer Umsetzung, die nicht
selten mit erheblichen baulichen Verän-
derungen verbunden war, meist relativ leicht
feststellen. Zu nennen sind unter anderem:
untypische Aufsockelung auf Ziegelstein-
fundament, Anschäftung der Ständerfüße,
Abweichungen in der normalen Anordnung
der Gefügeteile, zum Beispiel der Riegel,
Einzüge und Kopfbänder, Abweichungen in
der Anordnung der ehemaligen Zimmer-
mannszeichen, Austausch einzelner Balken
und Sparren durch jüngere Hölzer, oft Weich-
hölzer, Erhöhung der Seitenwände, in Fällen
von ehemaligen Wandständergebäuden
schließlich auch eine spätere Anfügung von
einer oder zwei Kübbungen, wie bei den
Ställen von Hesedorf, Vahlde, Goldbeck und
Schmalenfelde. Die Zahl der Veränderungs-
möglichkeiten, die an umgesetzten Schaf-
ställen zur Beobachtungen kommen, ist fast
unbegrenzt. Es bedarf in jedem Falle einer
genauen Analyse, um eine schlüssige Aus-
sage über den ursprünglichen Zustand der
Gebäude machen zu können.
Bei den folgenden detaillierten Ausführungen
beschränken wir uns auf einen ganz engen
örtlichen Bereich, nicht zuletzt um zu zeigen,
daß nahe beieinander und fast gleichzeitig
ganz unterschiedliche Verfahren der Zweit-
errichtung solcher Ställe praktiziert worden
sind. Es handelt sich um das Dorf Klein
Sittensen, in dessen Feldmark sich nach

verschiedenen älteren Karten mehrere Schaf-
ställe in einem halbkreisförmigen Bogen - im
Durchschnitt ein bis zwei Kilometer vom
Dorfkern entfernt - nachweisen lassen. Heute
sind noch fünf dieser Ställe vorhanden, von
denen drei einer neuen Nutzung als Melk-
stand zugeführt worden sind.

Das gilt auch für den großen Stall des Meyer-
schen Hofes. Der Eigentümer weiß aus der
Familienüberlieferung zu berichten, dieser
Stall sei insgesamt dreimal umgesetzt wor-
den, zuletzt um 1900. Bis in die sechziger
Jahre dieses Jahrhunderts hätte der Hof eine
Herde von bis zu 120 Mutterschafen in
diesem Stall gehalten, welche auf ca. 300
Morgen offenen Heidelandes geweidet
wurden, das sich unmittelbar an den Stall
angeschlossen habe und das heute größten-
teils mit Anflug-Kiefernholz bewachsen ist,
während die feuchteren Bereiche als Rinder-
weiden genutzt werden. Für die große Zahl
der Muttertiere sei der alte Stall nicht ausrei-
chend gewesen, daher habe man vor wenigen
Jahrzehnten noch einen massiven Stallteil an
der einen Giebelseite angebaut. Dieser
Ziegelanbau ist noch vorhanden. Er hat eine
Länge von 5,3 m und weist eine große
Giebeltür mit darüber befindlicher Luke auf
(Abb. 134a).


Abb. 134a: Klein Sittensen, Lkrs. Rotenburg/W.,
umgesetzter Kübbungsschafstali, vordere Verlänge-
rung (nach 1900)

Der alte Teil des Stalles besteht demgegen-
über aus Fachwerk und ist in einer recht
altertümlich anmutenden Weise abgezimmert.
Insbesondere die niedrigen, riegellosen
 
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