224
Jüngere Schafstallgebäude
Jüngere Schafstallgebäude
Die großen Argrarreformen in der Mitte des
19. Jahrhunderts setzten nicht nur nahezu
allen althergebrachten Wirtschaftformen,
sondern auch den regional gebundenen
traditionellen Baustilen ein Ende. Vor allem
die Gemeinheitsteilungen, die Aufteilung der
vorher noch gemeinsam benutzten Weidege-
biete (Allmende) auf die einzelnen Bauern,
machten Veränderungen und Verlegungen des
Gebäudebestandes, speziell der Stallgebäude,
notwendig. Wie weitgehend dabei auf die
Umsetzung der Schafställe zurückgegriffen
worden ist, ist ausführlich dargelegt worden.
Dabei blieben hinsichtlich der regional
geprägten Bauweise die alten Kulturkreise
natürlich erhalten. Wo jedoch keine geeigne-
ten alten Schafställe mehr vorhanden waren,
wurden solche gelegentlich auf den nun
privaten Weidegebieten auch ganz neu errich-
tet, dann aber in einer Bauweise, die die
herkömmlichen Traditionen nicht mehr so
recht respektierte.
Eine solche Entstehungsgeschichte scheint
ein kleines Stallgebäude zu haben, das bei
Wehldorf sehr romantisch am Rande eines
kleinen Wäldchens, neben einem alten,
überwucherten Weg liegt (Abb. 163a und b,
Tafel 55).
Abb. 163a: Wehldorf, Lkrs. Rotenburg/W., Wand-
ständerschafstall in Außenlage, große Tür und
Fußgängertür, seitliche Anbauten jünger
Dieser auf den ersten Blick sehr altertümlich
anmutende Stall ist aber aus Teilen eines
andersgearteten, größeren Gebäudes gezim-
mert worden, wie sich aus den zahlreichen
älteren Gefügespuren, der unterschiedlichen
Form der Kopfbänder und den divergieren-
den Formaten der Ständer, Riegel und Balken
ablesen läßt. Es könnte sich ursprünglich um
eine Scheune mit Querdurchfahrt gehandelt
haben, für deren hohes Alter eine Länge der
ehemaligen Wandgefache von etwa 2 m
spricht. Der jetzige Stall hat nur eine Breite
von 4,6 m und eine Länge von 6,7 m, die
nutzbare Grundfläche liegt unter 30 qm.
Die Schafstallfunktion wird nicht nur durch
die Überlieferung, sondern auch durch das
zum Weg gerichtete giebelständige Ein-
fahrtstor und die rechts davon gelegene
kleine Fußgängertür hinlänglich bewiesen.
Die rückwärtige Giebelwand war allerdings
geschlossen; eine Durchfahrt war für das
kleine Gebäude wohl auch nicht erforder-
lich gewesen.
Trotz seiner urwüchsigen Erscheinung, zu
der neben den sehr kräftigen Holzformaten
die Ausfachungen mit Staken und Busch-
werk ohne Lehmverputz beitragen, wird
dieser Stall in seiner jetzigen Form erst
zum Ende des vergangenen Jahrhunderts
errichtet worden sein. In dieser Zeit war
Flechtwerk bei Nebengebäuden noch allge-
mein gebräuchlich, doch war man von den
langen Wandgefachen schon abgekommen.
Dementsprechend wurde bei der seinerzeiti-
gen Neuverzimmerung auch die Form mit
schmalen Gefachen gewählt; selbst die
Stellung der Eichenstaken wurde enger
gewählt als im Vorgängerbau, wie die unter-
schiedlichen Bohrlöcher an der Unterseite
der zweitverwendeten Riegel erkennen
lassen. Die für das engere Fachwerk ver-
wendeten Ständer und Riegel bestehen zum
Teil aus zweitverwendeten, überdimensio-
nierten Hölzern; zusätzliche Hölzer (ohne
Zweitverwendungsspuren) sind dagegen
deutlich dünner und entsprechen damit dem
Stand der Fachwerktechnik im 19. Jahrhun-
dert. Die Lage in der Feldmark macht es
wahrscheinlich, daß dieser Stall erst nach der
Gemeinheitsteilung erbaut worden ist, um
einer kleinen Schafherde auf dem jetzt
Privatbesitz gewordenen Teil der Allmende
Unterkunft zu bieten.
Jüngere Schafstallgebäude
Jüngere Schafstallgebäude
Die großen Argrarreformen in der Mitte des
19. Jahrhunderts setzten nicht nur nahezu
allen althergebrachten Wirtschaftformen,
sondern auch den regional gebundenen
traditionellen Baustilen ein Ende. Vor allem
die Gemeinheitsteilungen, die Aufteilung der
vorher noch gemeinsam benutzten Weidege-
biete (Allmende) auf die einzelnen Bauern,
machten Veränderungen und Verlegungen des
Gebäudebestandes, speziell der Stallgebäude,
notwendig. Wie weitgehend dabei auf die
Umsetzung der Schafställe zurückgegriffen
worden ist, ist ausführlich dargelegt worden.
Dabei blieben hinsichtlich der regional
geprägten Bauweise die alten Kulturkreise
natürlich erhalten. Wo jedoch keine geeigne-
ten alten Schafställe mehr vorhanden waren,
wurden solche gelegentlich auf den nun
privaten Weidegebieten auch ganz neu errich-
tet, dann aber in einer Bauweise, die die
herkömmlichen Traditionen nicht mehr so
recht respektierte.
Eine solche Entstehungsgeschichte scheint
ein kleines Stallgebäude zu haben, das bei
Wehldorf sehr romantisch am Rande eines
kleinen Wäldchens, neben einem alten,
überwucherten Weg liegt (Abb. 163a und b,
Tafel 55).
Abb. 163a: Wehldorf, Lkrs. Rotenburg/W., Wand-
ständerschafstall in Außenlage, große Tür und
Fußgängertür, seitliche Anbauten jünger
Dieser auf den ersten Blick sehr altertümlich
anmutende Stall ist aber aus Teilen eines
andersgearteten, größeren Gebäudes gezim-
mert worden, wie sich aus den zahlreichen
älteren Gefügespuren, der unterschiedlichen
Form der Kopfbänder und den divergieren-
den Formaten der Ständer, Riegel und Balken
ablesen läßt. Es könnte sich ursprünglich um
eine Scheune mit Querdurchfahrt gehandelt
haben, für deren hohes Alter eine Länge der
ehemaligen Wandgefache von etwa 2 m
spricht. Der jetzige Stall hat nur eine Breite
von 4,6 m und eine Länge von 6,7 m, die
nutzbare Grundfläche liegt unter 30 qm.
Die Schafstallfunktion wird nicht nur durch
die Überlieferung, sondern auch durch das
zum Weg gerichtete giebelständige Ein-
fahrtstor und die rechts davon gelegene
kleine Fußgängertür hinlänglich bewiesen.
Die rückwärtige Giebelwand war allerdings
geschlossen; eine Durchfahrt war für das
kleine Gebäude wohl auch nicht erforder-
lich gewesen.
Trotz seiner urwüchsigen Erscheinung, zu
der neben den sehr kräftigen Holzformaten
die Ausfachungen mit Staken und Busch-
werk ohne Lehmverputz beitragen, wird
dieser Stall in seiner jetzigen Form erst
zum Ende des vergangenen Jahrhunderts
errichtet worden sein. In dieser Zeit war
Flechtwerk bei Nebengebäuden noch allge-
mein gebräuchlich, doch war man von den
langen Wandgefachen schon abgekommen.
Dementsprechend wurde bei der seinerzeiti-
gen Neuverzimmerung auch die Form mit
schmalen Gefachen gewählt; selbst die
Stellung der Eichenstaken wurde enger
gewählt als im Vorgängerbau, wie die unter-
schiedlichen Bohrlöcher an der Unterseite
der zweitverwendeten Riegel erkennen
lassen. Die für das engere Fachwerk ver-
wendeten Ständer und Riegel bestehen zum
Teil aus zweitverwendeten, überdimensio-
nierten Hölzern; zusätzliche Hölzer (ohne
Zweitverwendungsspuren) sind dagegen
deutlich dünner und entsprechen damit dem
Stand der Fachwerktechnik im 19. Jahrhun-
dert. Die Lage in der Feldmark macht es
wahrscheinlich, daß dieser Stall erst nach der
Gemeinheitsteilung erbaut worden ist, um
einer kleinen Schafherde auf dem jetzt
Privatbesitz gewordenen Teil der Allmende
Unterkunft zu bieten.