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Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Das Fenster im Baudenkmal — Hannover: Niedersächsisches Landesverwaltungsamt, Heft 12.1994

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Germer, Klaus: Fenster im Baudenkmal - Genehmigungsverfahren und Rechtsprechung
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https://doi.org/10.11588/diglit.51143#0083
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Fenster im Baudenkmal -
Genehmigungsverfahren und Rechtsprechung

Klaus Germer
In Ergänzung zur Darstellung der denkmalfachlichen Fragen, die sich
aus dem Umgang mit Fenstern in Baudenkmalen ergeben, werden im
folgenden die in diesem Zusammenhang wesentlichen Rechtspro-
bleme erörtert.
Diese Ausführungen sollen Hilfestellungen sein für die vor Ort täti-
gen Denkmalfachkräfte, denen es gerade bei der juristischen Beurtei-
lung denkmalfachlicher Probleme im Alltagsgeschäft wegen der allge-
mein defizitären Personalausstattung der Denkmalschutzbehörden in
Niedersachsen oft an der erforderlichen juristischen Unterstützung
beim Verwaltungsvollzug fehlt.
Die Ratschläge sollen helfen, bei der praktischen Umsetzung denk-
malfachlicher Entscheidungen dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit
der Verwaltung Genüge zu tun. So habe ich bewußt darauf verzichtet,
den Juristen interssierende rechtswissenschaftliche Fragen vertieft zu
erörtern. Da diese Ausführungen als Gebrauchsanweisung zur
Anwendung des Gesetzes und nicht als Kompendium der Rechtspre-
chung zur „Fensterproblematik" angelegt sind, habe ich auch darauf
verzichtet, in vermehrtem Umfang unter Fundstellenangaben auf Ein-
zelentscheidungen der Verwaltungsgerichte hinzuweisen.
Ein weiteres möchte ich einleitend vorausschicken. Dieses Arbeits-
heft beschäftigt sich „nur" mit dem Fenster am Baudenkmal, das in der
Regel nur ein wesentlicher Bestandteil des Denkmals ist. Auf andere
kennzeichnende Bestandteile eines Baudenkmals können diese juristi-
schen Hinweise im wesentlichen übertragen werden.
A Anträge auf Genehmigung von Fenstern gemäß § 10
Niedersächsisches Denkmalschutzgesetz (NDSchG)
Die erste hierzu behandelnde Fallgruppe sind die Fälle, in denen
Anträge auf Genehmigung neuer Fenster bzw. zum Umbau vorhan-
dener Fenster gern. § 10 Abs. 1 NDSchG gestellt werden. Juristisch
gesehen handelt es sich bei dem § 10 NDSchG um ein sog. „Verbot
mit Erlaubnisvorbehalt". Das heißt, grundsätzlich sind gern. § 10
NDSchG Eingriffe an einem Baudenkmal unzulässig, es sei denn, sie
werden in den in § 10 genannten Fällen von der zuständigen Denk-
malschutzbehörde genehmigt.
In objektiver Hinsicht erfaßt der Genehmigungstatbestand jede
nachteilige Veränderung eines Erscheinungsbildes an einem Baudenk-
mal, hier in unserem zu erörtenden Zusammenhang also hinsichtlich
des Einbaus von Fenstern. Dagegen setzt die Genehmigungspflicht
nicht voraus, daß die Beeinträchtigung von besonderem Gewicht
oder deutlich wahrnehmbar sein muß.
Wichtig für die Praxis ist, daß gern. § 10 Abs. 3 die Genehmigung -
soweit dies erforderlich ist - unter Bedingungen und Auflagen zu
erfolgen hat. Es empfiehlt sich bei der schriftlichen Formulierung der
Genehmigung sehr deutlich zu differenzieren zwischen der eigentli-
chen Genehmigung und den Nebenbestimmungen zum eigentlichen
Verwaltungsakt, den Bedingungen und Auflagen bzw. Hinweisen.
Unter „Bedingungen" versteht der Jurist solche Nebenbestimmun-
gen zu der Genehmigung, dem eigentlichen Verwaltungsakt, ohne
deren Erfüllung der Hauptverwaltungsakt keine Rechtswirksamkeit
erlangen kann. Die Genehmigungsbehörde sollte sich im klaren darü-
ber sein, daß sie alle jene Forderungen, die sie im Zusammenhang mit
dem Einbau oder dem Umbau von Fenstern an den Denkmaleigentü-
mer stellen möchte, als „Bedingungen" formuliert.
Die in der Gewichtung nicht so wesentlichen Forderungen wären
dann als „Auflagen" zu formulieren. Auch hier empfiehlt es sich mit
entsprechender Überschrift zu arbeiten und dann die Nebenbestim-
mungen unter genauer Ausformulierung aufzuzählen.
Soweit weitere ergänzende für die Erläuterung der Genehmigung
erforderliche Ratschläge gegeben werden sollen, sind diese als „Hin-
weise" zu formulieren.

In diesem Zusammenhang ist anzumerken, daß gern. § 10 Abs. 2
NDSchG Instandsetzungsarbeiten, insbesondere auch bei Fensterer-
neuerungen, keiner Genehmigung bedürfen, soweit sie sich nur auf
Teile des Kulturdenkmals auswirken, die für den Denkmalwert ohne
Bedeutung sind. Das könnte zum Beispiel für die Rückfront von Bau-
denkmalen von Bedeutung sein.
Gerade bei Anwendung des Absatzes 2 des § 10 NDSchG zeigt
sich, daß bei der Entscheidung über die Hauptfrage, welchen Denk-
malwert ein Gebäude hat und weitergehend welche Teile für den
Denkmalwert eines Gebäudes ohne Bedeutung sind, sich Tür und Tor
für eine schleichende Entwertung des Denkmalwertes eines Gebäu-
des öffnen können.
Mit jedem Einbau, Umbau oder Ausbau eines Gebäudeteiles,
hier also eines Fensters, kann es dazu kommen, daß der Wert von
Teilen eines Gebäudes, z.B. die Rückfront, in seinem Beitrag für den
Gesamtwert des Baudenkmales entwertet wird. Letztendlich
könnte dies dazu führen, daß nur noch die straßenseitige Front von
Baudenkmalen den Denkmalwert eines Gebäudes bestimmt. Mit
Sicherheit denkmalfachlich, aber auch juristisch eine bedenkliche
Tendenz.
Bei der Anwendung des § 10 NDSchG stellen sich für den Praktiker
eine Reihe von Verfahrensfragen, die ich abschließend kurz erläutern
möchte. Zum einen ist zu fragen, welche Unterlagen für einen Antrag
nach § 10 der Antragsteller vorlegen muß.
Im Gegensatz zur Niedersächsischen Bauordnung (NBauO), wo
aufgrund der Bauvorlagen-Verordnung ja sehr genau vorgeschrieben
ist, welche Unterlagen der Antragsteller vorzulegen hat, bestehen im
Bereich der Denkmalpflege erhebliche Unklarheiten. Für den Denkmal-
pfleger bereitet dies in den Fällen keine großen Schwierigkeiten, bei
denen für Maßnahmen an einem Baudenkmal gleichzeitig eine Bau-
genehmigung erforderlich ist, da insoweit die Bauvorlagen-Verord-
nung gilt. Problematisch wird es nur dann, wenn Maßnahmen an Bau-
denkmalen durchgeführt werden, für die die NBauO nicht greift. M. E.
sollte bei einer Novellierung des NDSchG durch eine entsprechende
Regelung Klarheit geschaffen werden.
Bei dem derzeitigen Rechtsstatus ist § 24 NDSchG, der das Geneh-
migungsverfahren regelt, die Ausgangsvorschrift. Grundsätzlich gilt
ergänzend der Amtsermittlungsgrundsatz gern. § 24 Verwaltungsver-
fahrensgesetz (VwVfG). Danach obliegt es dem Eigentümer eines
Baudenkmals der Denkmalschutzbehörde bei der Aufklärung des für
die Entscheidung wesentlichen Sachverhaltes behilflich zu sein. Den
Antragsteller, der einen Antrag gern. § 10 NDSchG an die untere
Denkmalschutzbehörde richtet, trifft insoweit die materielle Beweislast,
d. h., er ist dafür verantwortlich, daß die für die Genehmigung erfor-
derlichen Unterlagen vorgelegt werden.
Als Beispiel sei hier ein Katalog genannt, der von der unteren
Denkmalschutzbehörde der Stadt Lüneburg entwickelt wurde.
Darin werden gefordert:
1. ein Bauantragsvordruck mit Angabe des Bauherren ggf. des Ent-
wurfsverfassers und der Baumaßnahme,
2. ein Lageplan (Maßstab 1 :1000 oder Maßstab 1 : 500),
3. Baubeschreibung mit Angabe über Anzahl und Lage, Material,
Farbgebung, Aufschlagrichtung und Öffnungsart der Fenster,
4. Fassadenansicht als Zeichnung oder Foto,
5. Ansicht des Fensters mit Eintragung der Detailpunkte im Maßstab
1:10,
6. Detailzeichnung (Horizontal- und Vertikalschnitt mit allen Anschluß-
punkten im Maßstab 1 : 5 bis 1 :1).
B Einschreiten gegen den Einbau nicht denkmalgerechter
Fenster gern. § 23 NDSchG
Stellt die Denkmalschutzbehörde fest, daß nach ihrer fachlichen Ein-
schätzung nicht denkmalgerechte Fenster eingebaut bzw. Verände-

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