lerischen Anteil und das Klangdenkmal den musikalisch-
klanglichen Anteil der Orgel meint, blieb der technische
Apparat' - wenigstens begrifflich - häufig ausgespart.
Indessen wurde bereits deutlich, dass Spielanlage und
Trakturen, Windladen und Windversorgung erheblichen
Anteil auf die Klangerzeugung haben - aus sich heraus
wie auch in ihrer Wechselwirkung mit dem Organisten
und seinem Spiel. Darüber hinaus war die technische
Anlage zu jeder Zeit auch Spiegel der technisch-indust-
riellen Entwicklung, die als ein wesentlicher und aussa-
gekräftiger Aspekt von Kulturgeschichte aufzufassen
ist.39 Somit darf die historische Orgel im gleichen Maß
auch als Technikdenkmal gelten.
Das öffentliche Erhaltungsinteresse -
Erhaltungsgrad und Seltenheitswert
Ist die „Denkmalfähigkeit" einer Orgel über die Bestim-
mung der Schutzgründe gegeben, bleibt die Frage, ob
eine Orgel auch „denkmalwürdig" ist, ob also ein -
überwiegendes - öffentliches Erhaltungsinteresse gege-
ben ist. Zwei Faktoren, die an das Objekt selbst gebun-
den sind, gelten - auch für andere Denkmalgattungen -
vielfach als Bemessungskriterien für die „Denkmalwür-
digkeit": der Erhaltungszustand bzw. -grad und der
Seltenheitswert.40
Sicher ist es einleuchtend, dass eine Orgel nur dann als
Klang-, Kunst- und Technikdenkmal gelten kann, das
aus geschichtlichen und künstlerischen Gründen erhal-
tenswert ist, wenn ein hohes Maß an „historischer"
Substanz gegeben ist.4’ Da sich in der Substanz die
künstlerische Idee und der gesamte historische In-
formationswert materialisieren, ist der Erhaltungsgrad
ein zentrales Kriterium zur Feststellung der Denkmal-
würdigkeit und zugleich auch notwendige Vorausset-
zung zur Bewertung der Denkmaleigenschaft. Kann ein
Objekt, eine Orgel, nicht mehr „unter Wahrung seiner
Identität erhalten, sondern nur noch als „Kopie des
Originals" rekonstruiert werden ist nach MOENCH
& OTTING (2000) das Erhaltungsinteresse erloschen.42
Bezogen auf die Orgeldenkmalpflege bedeutet dies,
dass nur gut erhaltene Orgeln oder in besonderen Fällen
auch Teile von Orgeln auszuweisen sind,43weil sämtliche
Bestandteile einer Orgel per definitionem einer Gesamt-
konzeption unterliegen und sie daher systemisch auf-
einander bezogen sind. Ist zum Beispiel im Falle einer
Orgel aus der Zeit um 1700 die Spieltraktur auf unsach-
gemäße Art erneuert worden, muss selbst bei ausgefeil-
ter Spieltechnik des Interpreten eine angemessene
Darstellung der bauzeitlichen Orgelmusik in Frage
gestellt werden. Von einem hohen Erhaltungsgrad ist
daher dann auszugehen, wenn die konzeptionelle
Einheit sämtlicher Funktions- und Bestandteile gegeben
ist.
Nun ist aber zu konstatieren, dass genau dies eigentlich
der seltenere Fall ist. Weit häufiger liegt ein so genann-
ter „gewachsener Zustand"44 vor, der ältere Instrumente
- zum Beispiel der Mitte des 20. Jahrhunderts, des 19.
Jahrhunderts oder älter - kennzeichnet. In diesen Fällen
ist es entscheidend festzustellen, welche die letzte und
damit maßgebliche konzeptionelle Baustufe ist, von der
ausgehend man den Erhaltungszustand, also den Grad
der durch eine erkennbare und intakte Konzeption
zusammengebundenen Substanz einstufen kann. Das
Nebeneinander von Orgelteilen, die unterschiedlichen
zeitlichen Schichten entstammen und nicht durch ein
musikalisches Konzept aufeinander bezogen sind, wider-
spräche den wesentlichen Merkmalen der Orgel und
würde daher kein Erhaltungsinteresse begründen.
Zur Verdeutlichung folgendes Beispiel: Wenn in einem
Orgelwerk des 20. Jahrhunderts noch einige wenige
Register des 17. oder 18. Jahrhunderts vorhanden sind,
diese aber in einen vollkommen neuen musikalisch-
klanglichen Zusammenhang gestellt worden sind, kann
man nicht mehr von einer Orgel des Erbauers N. N. aus
dem 17. Jahrhundert sprechen. Hier würde es sich um
ein Instrument des 20. Jahrhunderts handeln, das unter
Verwendung bzw. Einbindung älterer Elemente geschaf-
fen worden ist. Ausgehend von diesen konkreten Ent-
stehungsbedingungen, bezüglich zum Beispiel des
musikgeschichtlichen Kontextes, der Klangvorstellungen
oder des damaligen Stands der Technik, wäre der
Erhaltungsgrad einzustufen bzw. zu differenzieren und
die Orgel dann auch zu bewerten.
In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass sich aus
der wesensmäßigen Definition der Orgel und ihrem
ganzheitlichen Anspruch unmittelbare Folgen für die
methodischen Ansätze der Denkmalbewertung ergeben:
Indem die Orgel ein Musikinstrument ist, das die musi-
kalisch-klangliche Idee ihres Erbauers hörbar macht, ist
es erforderlich, die vorhandene Substanz einer solchen
Konzeption bzw. mehreren Konzeptionsstufen zuzuord-
nen. Ein besonderer Denkmalwert kann daher auch nur
dann gegeben sein, wenn historische Substanz in einem
Maße und in einer bauzeitlichen Organisation vorliegt,
die einen authentischen Erlebniswert und einen erkennt-
nisfähigen und -förderlichen Zeugniswert ermöglicht.
Mit „gewachsenen Zuständen" ist die Orgeldenkmal-
pflege am häufigsten konfrontiert. Drei häufig vorkom-
mende Ausprägungen sollen das bis hierher Gesagte
deshalb kurz verdeutlichen:45
Der seltenste Fall ist in der Regel bei Orgeln aus der Zeit
nach dem Zweiten Weltkrieg gegeben: Ein Instrument ist
vollständig erhalten. Hier hat der Orgelbauer zu einem
bestimmten Zeitpunkt für einen definierten Ort eine
Orgel konzipiert und gebaut. Das heißt, das klangliche
Konzept - an dem meist mehrere Personen beteiligt sind
40
klanglichen Anteil der Orgel meint, blieb der technische
Apparat' - wenigstens begrifflich - häufig ausgespart.
Indessen wurde bereits deutlich, dass Spielanlage und
Trakturen, Windladen und Windversorgung erheblichen
Anteil auf die Klangerzeugung haben - aus sich heraus
wie auch in ihrer Wechselwirkung mit dem Organisten
und seinem Spiel. Darüber hinaus war die technische
Anlage zu jeder Zeit auch Spiegel der technisch-indust-
riellen Entwicklung, die als ein wesentlicher und aussa-
gekräftiger Aspekt von Kulturgeschichte aufzufassen
ist.39 Somit darf die historische Orgel im gleichen Maß
auch als Technikdenkmal gelten.
Das öffentliche Erhaltungsinteresse -
Erhaltungsgrad und Seltenheitswert
Ist die „Denkmalfähigkeit" einer Orgel über die Bestim-
mung der Schutzgründe gegeben, bleibt die Frage, ob
eine Orgel auch „denkmalwürdig" ist, ob also ein -
überwiegendes - öffentliches Erhaltungsinteresse gege-
ben ist. Zwei Faktoren, die an das Objekt selbst gebun-
den sind, gelten - auch für andere Denkmalgattungen -
vielfach als Bemessungskriterien für die „Denkmalwür-
digkeit": der Erhaltungszustand bzw. -grad und der
Seltenheitswert.40
Sicher ist es einleuchtend, dass eine Orgel nur dann als
Klang-, Kunst- und Technikdenkmal gelten kann, das
aus geschichtlichen und künstlerischen Gründen erhal-
tenswert ist, wenn ein hohes Maß an „historischer"
Substanz gegeben ist.4’ Da sich in der Substanz die
künstlerische Idee und der gesamte historische In-
formationswert materialisieren, ist der Erhaltungsgrad
ein zentrales Kriterium zur Feststellung der Denkmal-
würdigkeit und zugleich auch notwendige Vorausset-
zung zur Bewertung der Denkmaleigenschaft. Kann ein
Objekt, eine Orgel, nicht mehr „unter Wahrung seiner
Identität erhalten, sondern nur noch als „Kopie des
Originals" rekonstruiert werden ist nach MOENCH
& OTTING (2000) das Erhaltungsinteresse erloschen.42
Bezogen auf die Orgeldenkmalpflege bedeutet dies,
dass nur gut erhaltene Orgeln oder in besonderen Fällen
auch Teile von Orgeln auszuweisen sind,43weil sämtliche
Bestandteile einer Orgel per definitionem einer Gesamt-
konzeption unterliegen und sie daher systemisch auf-
einander bezogen sind. Ist zum Beispiel im Falle einer
Orgel aus der Zeit um 1700 die Spieltraktur auf unsach-
gemäße Art erneuert worden, muss selbst bei ausgefeil-
ter Spieltechnik des Interpreten eine angemessene
Darstellung der bauzeitlichen Orgelmusik in Frage
gestellt werden. Von einem hohen Erhaltungsgrad ist
daher dann auszugehen, wenn die konzeptionelle
Einheit sämtlicher Funktions- und Bestandteile gegeben
ist.
Nun ist aber zu konstatieren, dass genau dies eigentlich
der seltenere Fall ist. Weit häufiger liegt ein so genann-
ter „gewachsener Zustand"44 vor, der ältere Instrumente
- zum Beispiel der Mitte des 20. Jahrhunderts, des 19.
Jahrhunderts oder älter - kennzeichnet. In diesen Fällen
ist es entscheidend festzustellen, welche die letzte und
damit maßgebliche konzeptionelle Baustufe ist, von der
ausgehend man den Erhaltungszustand, also den Grad
der durch eine erkennbare und intakte Konzeption
zusammengebundenen Substanz einstufen kann. Das
Nebeneinander von Orgelteilen, die unterschiedlichen
zeitlichen Schichten entstammen und nicht durch ein
musikalisches Konzept aufeinander bezogen sind, wider-
spräche den wesentlichen Merkmalen der Orgel und
würde daher kein Erhaltungsinteresse begründen.
Zur Verdeutlichung folgendes Beispiel: Wenn in einem
Orgelwerk des 20. Jahrhunderts noch einige wenige
Register des 17. oder 18. Jahrhunderts vorhanden sind,
diese aber in einen vollkommen neuen musikalisch-
klanglichen Zusammenhang gestellt worden sind, kann
man nicht mehr von einer Orgel des Erbauers N. N. aus
dem 17. Jahrhundert sprechen. Hier würde es sich um
ein Instrument des 20. Jahrhunderts handeln, das unter
Verwendung bzw. Einbindung älterer Elemente geschaf-
fen worden ist. Ausgehend von diesen konkreten Ent-
stehungsbedingungen, bezüglich zum Beispiel des
musikgeschichtlichen Kontextes, der Klangvorstellungen
oder des damaligen Stands der Technik, wäre der
Erhaltungsgrad einzustufen bzw. zu differenzieren und
die Orgel dann auch zu bewerten.
In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass sich aus
der wesensmäßigen Definition der Orgel und ihrem
ganzheitlichen Anspruch unmittelbare Folgen für die
methodischen Ansätze der Denkmalbewertung ergeben:
Indem die Orgel ein Musikinstrument ist, das die musi-
kalisch-klangliche Idee ihres Erbauers hörbar macht, ist
es erforderlich, die vorhandene Substanz einer solchen
Konzeption bzw. mehreren Konzeptionsstufen zuzuord-
nen. Ein besonderer Denkmalwert kann daher auch nur
dann gegeben sein, wenn historische Substanz in einem
Maße und in einer bauzeitlichen Organisation vorliegt,
die einen authentischen Erlebniswert und einen erkennt-
nisfähigen und -förderlichen Zeugniswert ermöglicht.
Mit „gewachsenen Zuständen" ist die Orgeldenkmal-
pflege am häufigsten konfrontiert. Drei häufig vorkom-
mende Ausprägungen sollen das bis hierher Gesagte
deshalb kurz verdeutlichen:45
Der seltenste Fall ist in der Regel bei Orgeln aus der Zeit
nach dem Zweiten Weltkrieg gegeben: Ein Instrument ist
vollständig erhalten. Hier hat der Orgelbauer zu einem
bestimmten Zeitpunkt für einen definierten Ort eine
Orgel konzipiert und gebaut. Das heißt, das klangliche
Konzept - an dem meist mehrere Personen beteiligt sind
40