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Beobachtungen zur Werk- und Fasstechnik
der Kanzel
Uwe Pleninger
Vorbemerkung
2009 bis 2010 wurde die Kanzel in der St. Matthäus-
Kirche in Rodenkirchen konserviert und restauriert.
Die bei der Ausführung der Arbeiten gewonnenen
werk- und fasstechnischen Erkenntnisse werden im
folgenden Beitrag beschrieben und im Kontext ver-
schiedener Quellenschriften betrachtet.
Konstruktion
An der 1631 geschaffenen Kanzel sind noch alle ur-
sprünglichen Bauelemente vorhanden: Sie setzt sich
aus dem Schalldeckel mit Aufsatz und Laterne, dem
Kanzelkorb, dem Kanzelfuß, der gedrehten Treppe
sowie der Wappentafel der Stifter zusammen. Die
Kanzel zählt formal zum Typ der Kuppa, der im
15. Jahrhundert entwickelt wurde. Ihr Tragegerüst ist
in der damals üblichen Rahmen-Füllung-Bauweise
konstruiert.
Die Schnitzereien befestigte Münstermann mit Holz-
und Eisennägeln oder verband sie mittels Zapfen. Er
gliederte die Kanzel mit unterschiedlichen Holzarten,
wobei Figuren und Ornamente aus hellerem Linden-
holz und die konstruktiven Teile aus dunklerem Ei-
chenholz bestehen. Allerdings sind auch Teile des Bild-
programms aus Eichenholz geschnitzt, beispielsweise
die Kirchenväter sowie die Darstellung am Kanzelfuß.
Hier ist darauf hinzuweisen, dass die Zünfte in man-
chen Städten Bestimmungen über die Verwendung
bestimmter Holzarten erlassen hatten: In Lübeck durf-
te ein „geistlich Werk" nur aus Eichenholz gefertigt
werden; ähnliche Bestimmungen bestanden in
Lüneburg, aber auch in Münstermanns Heimatstadt
Hamburg.'
80 Aus mehreren Profilen zusammengesetztes Kranzprofil.
Schalldeckel
Der mehrstöckig aufgebaute, einer Turmhaube ähnli-
che Schalldeckel verjüngt sich nach oben und endet in
einer bekrönenden Figur. Sein sechseckiger Grundriss
wird durch ein mächtiges, aus Eichenholz zusammen-
gesetztes Profilgesims geformt, das nicht sichtbar mit
Holzdübeln und genagelten Ecklaschen verbunden ist.
Innen ist dieser Gesimsring kuppelartig mit Holztafeln
eingedeckt, auf denen in Reliefs das Pfingstwunder
gezeigt wird. Der heilige Geist in Form einer Taube
schwebt von der Deckenplatte herab. Außen sind zwi-
schen den Ecken des Gesimspolygons Relieftafeln mit
den Darstellungen von Kirchenvätern mit Namens-
kartuschen angeordnet. Auf den Ecken stehen sechs
massive Volutenbögen, die einen kleineren Gesims-
ring tragen. Dieser dient als Unterlage für die darüber
aufsteigende, polygonal geformte Laterne, die aus
massiven, auf Gehrung zusammengesetzten Eichen-
holztafeln gebildet ist. In der Laterne sitzen Gott Vater
und Gott Sohn. Auch die Laterne endet oben mit
einem Kranzgesims, auf dem ein aus Reliefs geform-
ter Helm ruht. Darauf steht die Skulptur der Ecclesia.
Kanzelkorb
Der Kanzelkorb folgt in seiner Gliederung der klassi-
schen Säulenordnung. Rahmen und Füllungen der
Brüstung bestehen aus Eichenholz. Um die flachen
Nischen mit ihren arkadenförmigen Einfassungen und
die ornamentalen Verzierungen in den Füllungen zu
schneiden, wählte Münstermann dicke Bohlen. Ohne
Aufdoppelung sind aus ihnen auch kleine Profile
herausgearbeitet. Das lässt sich sehr gut an den Na-
menskartuschen unter den Figuren beobachten. Die
Rahmen verband der Bildhauer mittels Überplattun-
gen und fixierte die Verbindungen durch Holz- oder
Eisennägel. Zwischen ihnen sind die gefalzten
Füllungen von hinten eingepasst. Die Skulpturen in
den Nischen sind von vorn auf den Konsolen befes-
tigt. Die Ecken des Kanzelkorbs werden durch je zwei
von Konsolen getragene Säulen akzentuiert. Die hori-
zontale Gliederung, beispielsweise das Kranzgesims,
ist mittels größerer Profile gestaltet, die aus Leisten
und Brettern zusammengesetzt sind (Abb. 80).
Kanzelfuß
Der aus einem massiven Eichenbalken geschaffene
Kanzelfuß setzt sich aus dem geschnitzten Schaft und
dem massiven aufgezapften Kapitell zusammen. Er
trägt die Kuppa. Die Standfläche im Kanzelkorb wird
nicht sichtbar von dem Schaftbalken gestützt, der durch
das Kapitell und durch die Kuppa durchgeführt ist.
Beobachtungen zur Werk- und Fasstechnik
der Kanzel
Uwe Pleninger
Vorbemerkung
2009 bis 2010 wurde die Kanzel in der St. Matthäus-
Kirche in Rodenkirchen konserviert und restauriert.
Die bei der Ausführung der Arbeiten gewonnenen
werk- und fasstechnischen Erkenntnisse werden im
folgenden Beitrag beschrieben und im Kontext ver-
schiedener Quellenschriften betrachtet.
Konstruktion
An der 1631 geschaffenen Kanzel sind noch alle ur-
sprünglichen Bauelemente vorhanden: Sie setzt sich
aus dem Schalldeckel mit Aufsatz und Laterne, dem
Kanzelkorb, dem Kanzelfuß, der gedrehten Treppe
sowie der Wappentafel der Stifter zusammen. Die
Kanzel zählt formal zum Typ der Kuppa, der im
15. Jahrhundert entwickelt wurde. Ihr Tragegerüst ist
in der damals üblichen Rahmen-Füllung-Bauweise
konstruiert.
Die Schnitzereien befestigte Münstermann mit Holz-
und Eisennägeln oder verband sie mittels Zapfen. Er
gliederte die Kanzel mit unterschiedlichen Holzarten,
wobei Figuren und Ornamente aus hellerem Linden-
holz und die konstruktiven Teile aus dunklerem Ei-
chenholz bestehen. Allerdings sind auch Teile des Bild-
programms aus Eichenholz geschnitzt, beispielsweise
die Kirchenväter sowie die Darstellung am Kanzelfuß.
Hier ist darauf hinzuweisen, dass die Zünfte in man-
chen Städten Bestimmungen über die Verwendung
bestimmter Holzarten erlassen hatten: In Lübeck durf-
te ein „geistlich Werk" nur aus Eichenholz gefertigt
werden; ähnliche Bestimmungen bestanden in
Lüneburg, aber auch in Münstermanns Heimatstadt
Hamburg.'
80 Aus mehreren Profilen zusammengesetztes Kranzprofil.
Schalldeckel
Der mehrstöckig aufgebaute, einer Turmhaube ähnli-
che Schalldeckel verjüngt sich nach oben und endet in
einer bekrönenden Figur. Sein sechseckiger Grundriss
wird durch ein mächtiges, aus Eichenholz zusammen-
gesetztes Profilgesims geformt, das nicht sichtbar mit
Holzdübeln und genagelten Ecklaschen verbunden ist.
Innen ist dieser Gesimsring kuppelartig mit Holztafeln
eingedeckt, auf denen in Reliefs das Pfingstwunder
gezeigt wird. Der heilige Geist in Form einer Taube
schwebt von der Deckenplatte herab. Außen sind zwi-
schen den Ecken des Gesimspolygons Relieftafeln mit
den Darstellungen von Kirchenvätern mit Namens-
kartuschen angeordnet. Auf den Ecken stehen sechs
massive Volutenbögen, die einen kleineren Gesims-
ring tragen. Dieser dient als Unterlage für die darüber
aufsteigende, polygonal geformte Laterne, die aus
massiven, auf Gehrung zusammengesetzten Eichen-
holztafeln gebildet ist. In der Laterne sitzen Gott Vater
und Gott Sohn. Auch die Laterne endet oben mit
einem Kranzgesims, auf dem ein aus Reliefs geform-
ter Helm ruht. Darauf steht die Skulptur der Ecclesia.
Kanzelkorb
Der Kanzelkorb folgt in seiner Gliederung der klassi-
schen Säulenordnung. Rahmen und Füllungen der
Brüstung bestehen aus Eichenholz. Um die flachen
Nischen mit ihren arkadenförmigen Einfassungen und
die ornamentalen Verzierungen in den Füllungen zu
schneiden, wählte Münstermann dicke Bohlen. Ohne
Aufdoppelung sind aus ihnen auch kleine Profile
herausgearbeitet. Das lässt sich sehr gut an den Na-
menskartuschen unter den Figuren beobachten. Die
Rahmen verband der Bildhauer mittels Überplattun-
gen und fixierte die Verbindungen durch Holz- oder
Eisennägel. Zwischen ihnen sind die gefalzten
Füllungen von hinten eingepasst. Die Skulpturen in
den Nischen sind von vorn auf den Konsolen befes-
tigt. Die Ecken des Kanzelkorbs werden durch je zwei
von Konsolen getragene Säulen akzentuiert. Die hori-
zontale Gliederung, beispielsweise das Kranzgesims,
ist mittels größerer Profile gestaltet, die aus Leisten
und Brettern zusammengesetzt sind (Abb. 80).
Kanzelfuß
Der aus einem massiven Eichenbalken geschaffene
Kanzelfuß setzt sich aus dem geschnitzten Schaft und
dem massiven aufgezapften Kapitell zusammen. Er
trägt die Kuppa. Die Standfläche im Kanzelkorb wird
nicht sichtbar von dem Schaftbalken gestützt, der durch
das Kapitell und durch die Kuppa durchgeführt ist.