Freie Daten für freie Bürger -
Ein Essay über archäologische Daten, die Öffentlichkeit und open data.
eine breite Masse an Wissenschaftsinteressierten,
Laienforschern und Fachwissenschaftlern nebst For-
schungs- und forschungsnahen Institutionen gegen-
über, deren Tätigkeit durch Eigen- oder Drittmittel
getragen wird. Es ist wohl davon auszugehen, dass
dies alles die Entwicklung unserer Gesellschaft beein-
flusst hat und auch weiter beeinflussen wird. Zumal
eine weitere, hier anwendbare These davon ausgeht,
dass das zu beobachtende Wachstum an Informa-
tionen zu einer Produktivkraft unserer modernen
Gesellschaftsform geworden ist. Dieses führt zurück
zu der eingangs aufgestellten Behauptung, dass die
Teilhabe an Informationen und damit auch an Daten
ein Demokratiekriterium ist. Der Grund hierfür ist
unter anderem, dass wissensbasierte Partizipation ein
grundlegender Qualitätsfaktor demokratisch legiti-
mierter politischer Steuerung ist, die mit einer Ver-
wissenschaftlichung aller Lebensbereiche einhergeht.
In diesem Zusammenhang steht einerseits das Streben
nach einer wissensbasierten Gestaltung von Umwelt
und Gesellschaft bis hin zu der des individuellen
Zusammenlebens. Zum anderen wird diese Idee von
dem Leitbild getragen, dass Informationsfreiheit zur
Entfaltung der offenen Gesellschaft beiträgt und indi-
viduelle Bildungs- und Entfaltungschancen vergrö-
ßert. Diese Grundausrichtung findet sich in chronolo-
gischer Reihe in unterschiedlicher Ausrichtung als
Gedanke der Freiheit der Informationen in der
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom
10.12.1948 in Artikel 19, in der Konvention zum
Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom
01.11.1950 in Artikel 10 „Freie Meinungsäußerung",
in dem Internationalen Pakt über bürgerliche und
politische Rechte (ICCPR) vom 19.12.1966 in Artikel
19 (2), in der Amerikanischen Konvention der Men-
schenrechte vom 22.11.1969 in Artikel 13, in der
Banjul Charta der Menschenrechte und Rechte der
Völker (Menschenrechtsschutz in Afrika) vom
27.06.1981 in Artikel 9, im Übereinkommen über die
Rechte des Kindes (CRC) vom 20.11.1989 in Artikel
13, in der Internationalen Konvention zum Schutz der
Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familien-
angehörigen (MWC) vom 18.12.1990 in Artikel 13, in
der Konvention der Gemeinschaft Unabhängiger
Staaten über die Rechte und Grundfreiheiten der
Menschen vom 26.05.1995 in Artikel 11 (1) oder der
Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom
18.12.2000 in Artikel 11 „Freie Meinungsäußerung
und Informationsfreiheit".
Dabei wird der Gedanke des Austauschs von
Informationen (einschließlich des Schutzes personen-
bezogener Daten) insbesondere in der genannten
Charta der Grundrechte der Europäischen Union
sowie der der transnationalen Zusammenarbeit in
dem ebenfalls bereits genannten Übereinkommen
über die Rechte des Kindes (CRC) sowie der
Schlussakte der Konferenz über Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa vom 01.08.1975 in Punkt
2 „Informationen" und besonders in der Erklärung
von Rio zu Umwelt und Entwicklung (Rio-Deklaration)
vom 14.06.1992 im Grundsatz 10 betont, auch wenn
hier digitale Informationen und Daten nicht explizit
behandelt werden. Dieses wurde in anderen Doku-
menten und Gesetzen nachgeholt (Göldner S. 34).
Hinzu kommen Projekte, wie das sich aus der trilate-
ralen Nordsee Kooperation heraus angestoßene, von
der EU über das Interreg IIC Nord-Programm kofinan-
zierte Projekt Lancewad (12/1999 bis 10/2001;
http://www.waddensea-secretariat.org/lancewad/
report.html), in dessen Rahmen umfangreiche Daten-
sätze auch auf länderübergreifender Ebene zusam-
mengetragen werden und zum Beispiel für die Öf-
fentlichkeit zur Verfügung gestellt werden sollen.
Vor diesem Hintergrund kann von archäologischer
Seite von einem Anspruch der Öffentlichkeit an ar-
chäologischen Daten ausgegangen werden. Die Frage
wäre dann, um welche Daten es sich handeln dürfte.
Am sinnvollsten erscheint es, an dieser Stelle auf
Grundsatz 10 der Erklärung von Rio zu Umwelt und
Entwicklung zurückzukommen. Hier wird klargestellt,
dass bei Umweltfragen, und das archäologische Erbe
kann mit Fug und Recht als Qualitätsmerkmal einer
intakten Umwelt angesehen werden, die Bürger zu
beteiligen und dafür angemessen zu informieren sind,
um geeignete Entscheidungen herbeiführen zu kön-
nen. Eine beispielgebende Bedeutung, weil politisch
legitimiert und administrativ verankert, kommt dem
auf Lancewad folgenden Projekt LancewadPlan (Inte-
grated Landscape and Cultural Heritage Management
and Development Plan for the Wadden Sea Region)
zu, das ebenfalls durch das Interreg IIIB Nordseepro-
gramm gegenfinanziert wurde (7/2004 bis 6/2007;
http ://www. Iancewadplan.org/).
Open data
und die archäologische Denkmalpflege
Das Konzept der open data sowie alle anderen IT-
Möglichkeiten stellen für die archäologische Denk-
malpflege eine inhaltliche Herausforderung dar, die
mit dem eigenen fachlichen Selbstverständnis und
den sich daraus entwickelnden Methoden zu tun hat.
Die archäologische Denkmalpflege hat sich als admi-
nistrativer Arm der universitären archäologischen For-
schung sowohl in methodischer als auch in wissen-
schaftsethischer Hinsicht entwickelt und hat ihre
Wurzeln - trotz älterer Vorläufer - unverkennbar im
19. Jahrhundert. In dieser Zeit wurden ihre eigentlich
bis heute gültigen inhaltlichen Grundausrichtungen
und Fragestellungen angelegt, in deren Fokus archäo-
logische Funde und Befunde als übergeordnete
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Ein Essay über archäologische Daten, die Öffentlichkeit und open data.
eine breite Masse an Wissenschaftsinteressierten,
Laienforschern und Fachwissenschaftlern nebst For-
schungs- und forschungsnahen Institutionen gegen-
über, deren Tätigkeit durch Eigen- oder Drittmittel
getragen wird. Es ist wohl davon auszugehen, dass
dies alles die Entwicklung unserer Gesellschaft beein-
flusst hat und auch weiter beeinflussen wird. Zumal
eine weitere, hier anwendbare These davon ausgeht,
dass das zu beobachtende Wachstum an Informa-
tionen zu einer Produktivkraft unserer modernen
Gesellschaftsform geworden ist. Dieses führt zurück
zu der eingangs aufgestellten Behauptung, dass die
Teilhabe an Informationen und damit auch an Daten
ein Demokratiekriterium ist. Der Grund hierfür ist
unter anderem, dass wissensbasierte Partizipation ein
grundlegender Qualitätsfaktor demokratisch legiti-
mierter politischer Steuerung ist, die mit einer Ver-
wissenschaftlichung aller Lebensbereiche einhergeht.
In diesem Zusammenhang steht einerseits das Streben
nach einer wissensbasierten Gestaltung von Umwelt
und Gesellschaft bis hin zu der des individuellen
Zusammenlebens. Zum anderen wird diese Idee von
dem Leitbild getragen, dass Informationsfreiheit zur
Entfaltung der offenen Gesellschaft beiträgt und indi-
viduelle Bildungs- und Entfaltungschancen vergrö-
ßert. Diese Grundausrichtung findet sich in chronolo-
gischer Reihe in unterschiedlicher Ausrichtung als
Gedanke der Freiheit der Informationen in der
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom
10.12.1948 in Artikel 19, in der Konvention zum
Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom
01.11.1950 in Artikel 10 „Freie Meinungsäußerung",
in dem Internationalen Pakt über bürgerliche und
politische Rechte (ICCPR) vom 19.12.1966 in Artikel
19 (2), in der Amerikanischen Konvention der Men-
schenrechte vom 22.11.1969 in Artikel 13, in der
Banjul Charta der Menschenrechte und Rechte der
Völker (Menschenrechtsschutz in Afrika) vom
27.06.1981 in Artikel 9, im Übereinkommen über die
Rechte des Kindes (CRC) vom 20.11.1989 in Artikel
13, in der Internationalen Konvention zum Schutz der
Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familien-
angehörigen (MWC) vom 18.12.1990 in Artikel 13, in
der Konvention der Gemeinschaft Unabhängiger
Staaten über die Rechte und Grundfreiheiten der
Menschen vom 26.05.1995 in Artikel 11 (1) oder der
Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom
18.12.2000 in Artikel 11 „Freie Meinungsäußerung
und Informationsfreiheit".
Dabei wird der Gedanke des Austauschs von
Informationen (einschließlich des Schutzes personen-
bezogener Daten) insbesondere in der genannten
Charta der Grundrechte der Europäischen Union
sowie der der transnationalen Zusammenarbeit in
dem ebenfalls bereits genannten Übereinkommen
über die Rechte des Kindes (CRC) sowie der
Schlussakte der Konferenz über Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa vom 01.08.1975 in Punkt
2 „Informationen" und besonders in der Erklärung
von Rio zu Umwelt und Entwicklung (Rio-Deklaration)
vom 14.06.1992 im Grundsatz 10 betont, auch wenn
hier digitale Informationen und Daten nicht explizit
behandelt werden. Dieses wurde in anderen Doku-
menten und Gesetzen nachgeholt (Göldner S. 34).
Hinzu kommen Projekte, wie das sich aus der trilate-
ralen Nordsee Kooperation heraus angestoßene, von
der EU über das Interreg IIC Nord-Programm kofinan-
zierte Projekt Lancewad (12/1999 bis 10/2001;
http://www.waddensea-secretariat.org/lancewad/
report.html), in dessen Rahmen umfangreiche Daten-
sätze auch auf länderübergreifender Ebene zusam-
mengetragen werden und zum Beispiel für die Öf-
fentlichkeit zur Verfügung gestellt werden sollen.
Vor diesem Hintergrund kann von archäologischer
Seite von einem Anspruch der Öffentlichkeit an ar-
chäologischen Daten ausgegangen werden. Die Frage
wäre dann, um welche Daten es sich handeln dürfte.
Am sinnvollsten erscheint es, an dieser Stelle auf
Grundsatz 10 der Erklärung von Rio zu Umwelt und
Entwicklung zurückzukommen. Hier wird klargestellt,
dass bei Umweltfragen, und das archäologische Erbe
kann mit Fug und Recht als Qualitätsmerkmal einer
intakten Umwelt angesehen werden, die Bürger zu
beteiligen und dafür angemessen zu informieren sind,
um geeignete Entscheidungen herbeiführen zu kön-
nen. Eine beispielgebende Bedeutung, weil politisch
legitimiert und administrativ verankert, kommt dem
auf Lancewad folgenden Projekt LancewadPlan (Inte-
grated Landscape and Cultural Heritage Management
and Development Plan for the Wadden Sea Region)
zu, das ebenfalls durch das Interreg IIIB Nordseepro-
gramm gegenfinanziert wurde (7/2004 bis 6/2007;
http ://www. Iancewadplan.org/).
Open data
und die archäologische Denkmalpflege
Das Konzept der open data sowie alle anderen IT-
Möglichkeiten stellen für die archäologische Denk-
malpflege eine inhaltliche Herausforderung dar, die
mit dem eigenen fachlichen Selbstverständnis und
den sich daraus entwickelnden Methoden zu tun hat.
Die archäologische Denkmalpflege hat sich als admi-
nistrativer Arm der universitären archäologischen For-
schung sowohl in methodischer als auch in wissen-
schaftsethischer Hinsicht entwickelt und hat ihre
Wurzeln - trotz älterer Vorläufer - unverkennbar im
19. Jahrhundert. In dieser Zeit wurden ihre eigentlich
bis heute gültigen inhaltlichen Grundausrichtungen
und Fragestellungen angelegt, in deren Fokus archäo-
logische Funde und Befunde als übergeordnete
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