DIE ALTGRIECHISC HE KUNST UND HOMER
89
Der alte Palast wurde damals durch einen neuen ersetzt, in dem
jede Spur der Kamares-Kunst fehlt und nur dieselbe mykenische
Kunst auftritt, die wir in den achäischen Palästen der Argolis
finden. In den Inhabern der älteren Paläste Kretas glaube ich
seit Jahrzehnten Karer oder Lykier erkennen zu dürfen (AM.
XXX 1905, 290). Die Zerstörung des jüngeren Palastes von
Knossos nehme ich ferner nicht mit Watzinger um 1400 an,
sondern erst um 1100, weil die in ihm gefundenen sogenannten
Palaststil-Vasen in den meisten größeren Kuppelgräbern Griechen-
lands vorkommen, die bis zum Ende der mykenischen Zeit
gebaut worden sind. Die Zerstörer der jiingeren Paläste waren
die Dorier, die um 1100 in den Peloponnes und nach Kreta
kamen.
Meine Ansicht iiber den phönikischen oder orientalischen
Ursprung der mykenischen Kunst glaubt Watzinger durch den
Hinweis darauf widerlegen zu können, daß in Phönikien bisher
nur wenige mykenische Kunstgegenstände gefunden seien. Das
traf friiher zu, bewies aber aus dem Grunde nichts, weil in
Phönikien noch zu wenig gegraben war. Mykenische Vasen
waren aber vereinzelt schon längst in Syrien und Palästina
gefunden worden. Dazu kommen neuerdings, wie Watzinger
selbst erwähnt, reiche Silbergefäße mykenischer Art und eben-
solche Elfenbeingegenstände aus dem XIII. Jh., die im Grabe
des Königs Ahiram von Byblos zu Tage getreten sind. Ich habe
diese Funde mit besonderer Freude begrüßt, weil ich, wie
Watzinger weiß, die Auffindung mykenischer Kunst in Phönikien
erwartet und selbst dort Grabungen geplant hatte. Wenn Watzinger
behauptet, jene Silbergefäße seien aus Kreta importiert, weil
keinerlei mykenische Keramik mit ihnen zu Tage gekommen sei,
so stimmt das nicht. Ich selbst habe die Tonvasen der Gräber
von Byblos allerdings noch nicht gesehen, kann aber auf den
Aufsatz von Dussaud über die Gräber von Byblos (Syria 1924,
135 ff.) verweisen, wo unter den Funden angeführt wird:
‘ceramique mycenienne lustree, pas degeneree, mais encore de
belle fabrication’. Meines Erachtens sind die in Byblos ge-
fundenen mykenischen Gegenstände von Sidoniern gemacht und
importiert, ebenso wie der prächtige Mischkrug bei Homer
(¥ 740).
89
Der alte Palast wurde damals durch einen neuen ersetzt, in dem
jede Spur der Kamares-Kunst fehlt und nur dieselbe mykenische
Kunst auftritt, die wir in den achäischen Palästen der Argolis
finden. In den Inhabern der älteren Paläste Kretas glaube ich
seit Jahrzehnten Karer oder Lykier erkennen zu dürfen (AM.
XXX 1905, 290). Die Zerstörung des jüngeren Palastes von
Knossos nehme ich ferner nicht mit Watzinger um 1400 an,
sondern erst um 1100, weil die in ihm gefundenen sogenannten
Palaststil-Vasen in den meisten größeren Kuppelgräbern Griechen-
lands vorkommen, die bis zum Ende der mykenischen Zeit
gebaut worden sind. Die Zerstörer der jiingeren Paläste waren
die Dorier, die um 1100 in den Peloponnes und nach Kreta
kamen.
Meine Ansicht iiber den phönikischen oder orientalischen
Ursprung der mykenischen Kunst glaubt Watzinger durch den
Hinweis darauf widerlegen zu können, daß in Phönikien bisher
nur wenige mykenische Kunstgegenstände gefunden seien. Das
traf friiher zu, bewies aber aus dem Grunde nichts, weil in
Phönikien noch zu wenig gegraben war. Mykenische Vasen
waren aber vereinzelt schon längst in Syrien und Palästina
gefunden worden. Dazu kommen neuerdings, wie Watzinger
selbst erwähnt, reiche Silbergefäße mykenischer Art und eben-
solche Elfenbeingegenstände aus dem XIII. Jh., die im Grabe
des Königs Ahiram von Byblos zu Tage getreten sind. Ich habe
diese Funde mit besonderer Freude begrüßt, weil ich, wie
Watzinger weiß, die Auffindung mykenischer Kunst in Phönikien
erwartet und selbst dort Grabungen geplant hatte. Wenn Watzinger
behauptet, jene Silbergefäße seien aus Kreta importiert, weil
keinerlei mykenische Keramik mit ihnen zu Tage gekommen sei,
so stimmt das nicht. Ich selbst habe die Tonvasen der Gräber
von Byblos allerdings noch nicht gesehen, kann aber auf den
Aufsatz von Dussaud über die Gräber von Byblos (Syria 1924,
135 ff.) verweisen, wo unter den Funden angeführt wird:
‘ceramique mycenienne lustree, pas degeneree, mais encore de
belle fabrication’. Meines Erachtens sind die in Byblos ge-
fundenen mykenischen Gegenstände von Sidoniern gemacht und
importiert, ebenso wie der prächtige Mischkrug bei Homer
(¥ 740).