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Venedig. 45
zwar noch mehr, da der Umgang nut dem schönen
Geschlecht bey diesen Völkern noch größeren Zwang
unterworfen ist.
Der Palast von St. Marcus ist gewiß der schönste
gothische Palast in Europa. Das äußere ist wegen
der sonderbaren zierrcichcn Bauart auffallend, und
das Innere prächtig und majestätisch. Die großen
Säle prangen mit Gemälden, die sich auf die Ge-
schichte der Republik bezieh». Unter andern ist hier
die außerordentliche Begebenheit vorgestellt, wie
Kaiser Friedrich I. 1175 vom Pabst Alexander zu
Venedig vom Bann mit großen Fcyerlichkeiten los.
gesprochen wmde. Der Kaiser liegt hier, der Ge-
schichte gemäß, zu den Füßen des Pabsts, und er-
hält die Absolution. Man erzählt, daß, als Kaiser
Joseph II. diesen Palast besah, glaubte man aus
Delikatesse ihm nicht dieses Gemälde zeigen zu müs.
scn, man bemühte sich daher, seine Aufmerksamkeit
auf andre Gegenstände zu richten; allein vergebens.
Der Kaijer ward es gewahr, man sagte ihm mit
dem größten Glimpf wovon die Redc sey, worauf
er lächelnd versezte: »ecmz» z-aFütr(vergangene
Zeiten!)
Eine Sache aber, die einem beobachtenden Rei-
senden in diesem Palast mehr als alle Pracht und
Seltenheiten auffalleu muß, ist das unflätige Be-
tragen der Venctianer, sie mögen zum Palast gehören
oder nicht gehören. Ein jeder erlaubt sich hier seine
Nothdurft zu verrichten. Nicht allein der Eingang
des Palasts, sondern die innern Treppen bis oben zu
sind einer Kloake ähnlich, allenthalben sieht man das
stinkende Wasser in kleinen Bächen rieseln, und alle
Winkel
 
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