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Ars: časopis Ústavu Dejín Umenia Slovenskej Akadémie Vied — 4.1970

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I.
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Váross, Marian: Die Jahre 1900-1918 in der bildenden Kunst der Slowakei
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https://doi.org/10.11588/diglit.51371#0020
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Die Mehrzahl war in der ethnisch nahverwandton
Umgebung der mährischen Städte, wobei den.
Veranstaltungen die örtlichen Kultur- und Bil-
dungsorganisationen wie auch freiwillige Mitarbei-
ter teilnahmen. Obzwar das Hauptziel der Aus-
stellungen darin bestandt, die Existenz der
Autoren zu sichern, bemühte man sich sehr,
auch den erzieherisch-propagierenden Standpunkt
voll zu nützen. Während der Ausstellungen
veranstaltete man Diskussionen über die Probleme
der Kunst und ihre gesellschaftliche Mission,
sowie ihren Sinn, über die Situation in der Slo-
wakei, den etnographischen Reichtum der Slo-
wakei und ähnliche Dinge. Der Vortragende war
meistens Emil Pacovský, ein schlagfertiger und
geistreicher Publizist, der, wie die Dokumente
indirekt beweisen, für diese Fragen viele örtliche
mährische Patrioten zu interessieren wusste und
so eine positive Arbeit auf dem Gebiet der ästhe-
tischen Erziehung und der Vertiefung der tschecho-
slowakischen Beziehungen leistete. Dank dieses
Rahmens und der Beteiligung verschiedener frei-
williger Kulturschaffender an den Veranstaltungen
wurden die Ausstellungen der Gruppe zu einer
Art von pionier- und kulturpolitischen Ereignis-
sen.23
Das bildnerische Material, das die Ausstellungen
der Gruppe mit sich brachten, konzentrierte sich
thematisch auf das. slowakische Dorf. Das Leben
dos Bauern und seine natur-soziale Umgebung
waren die Medien durch die die Mitglieder der
Gruppe ihr nationales und künstlerisches Auf-
bauprogramm realisierten. Sie stellten etnogra-
phische typenhafte und Trachtenstudien aus, kleine
Genre-Kompositionen und landschaftliche Motive,
deren gemeinsames Leitmotiv den Beweiss der
Existenz des Volkes mit seinen erhaltenen im
Grunde autochtonen Eigenschaften erbringen soll-
te, die sich in der psychosozialen Zusammen-
setzung und im Charakter der vererbten Material-
kultur ausdrückten. Der Wille, die Wahrheit
über das slowakische Leben auszusagen, führte
die Mitglieder der Gruppe auch zur Enthüllung
der negativen Seiten des Lebens des erdgebundenen
slowakischen Dorfes, die teilweise durch die
materielle Not und Ausbeutung, andererseits
durch die nationale politische Unterdrückung
bedingt waren. Es waren auch Auswüchse, ve-
rursacht durch das Durchdringen des Abschaumes

der städtischen Zivilisation in den Organismus
des slowakischen Dorfes.
Diese Probleme waren den Besuchern der
Ausstellungen der Gruppe meist unbekannt und
für sie überraschend. Oft stiess die Gruppe auf
kritische Bemerkungen, dass in den ausgestellten
Werken häufig zu viel Trauer liege, dass sie düster
wären und zu wenig farbige Buntheit aufwiesen.
Diese Bemerkungen entstanden sicherlich auch
ungewollt im Vergleich mit dem zeitgenössischen
Volksgenre, gleich ob es sich um den deutsch-
österreichischen, der in Form von Massenrepro-
duktionen verbreitet wurde, oder den einhei-
mischen, wie ihn das Werk des mährischen Malers
Jožo Uprka und seiner Zeitgenossen darstellte,
handelte. Zweifellos lag in den Bildern Augusta’s
Pacovský’s, Mallÿ’s und der weiteren Autoren,
die mit der Gruppe gelegentlich ausstellten, viel
weniger sonntäglicher Feiertagsstimmung, Lächeln
und Buntheit.
Neben dem angeführten ideellen Programm
repräsentierten die Ausstellungen der Gruppe auch
ein gewisses bildnerisches Programm. Obzwar
sich die Mitglieder der Gruppe darüber nie aus-
drücklich einigten (genauer wurde diese Frage
nur in Diskussionen zwischen Augusta und Pa-
covský besprochen), war ihr Schaffen eine für
die Zeit typische Symbiose des Genre-Realismus
und der Lehren der verspäteten Ausläufer des
Impressionismus und Pleinairismus, so wie ihn
die Künstler der Gruppe aus dem Pleinairschaffen
der Worpsweder, der Malerei der damals po-
pulären Schotten, dem Schaffen Bastien Lepage’s
und natürlich auch aus dem Münchner Luminis-
mus und dem tschechischen Impressionimus der
Schüler Mafäk’s her kannten. Ein einschrän-
kender Moment in der Arbeit der Mitglieder der
Gruppe — mit Ausnahme von Gustav Mallý -
war die spürbare Überlegenheit der Arbeiten,
die den Charakter von Terrainstudien trugen,
über ausgereifte Kompositionen, so dass ihr
bildnerischer Wille nicht genügend plastisch und
endgültig zum Ausdruck gelangte. Dennoch muss
man in den Werken der Gruppe, vornehmlich bei
Gustav Mallý, aber auch bei Jaroslav Augusta,
die Antwort auf die Frage suchen, bis zu welcher
Stufe das ideell-ästhetische Denken in der bil-
denden Kunst der Slowakei vor dem Umsturz
heranreifte.

H
 
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