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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Editor]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 1.1859

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Bader, Joseph: Unser Ehemals und Jetzt: eine historische Skizze
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https://doi.org/10.11588/diglit.42306#0049
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— 35 —
drängt — gleichwohl fällt wir dabei doch Mancherlei schwer aufs
Herz und schwächt den Eindruck der Freude über den raschen
und glänzenden Fortschritt unserer Gegenwart. Der Strom
desselben hat uns in der Verfestigung aller Verhältnisse, Be-
griffe und Bestrebungen zu weit getribcu.
An Ueberresten aus unserer reichen Vorzeit besitzen wir
wenig mehr; es ist des Schlimmen und Guten davon das Meiste
bereits abgethan, und vom klebrigen geht täglich ein Stück dahin.
Durch die Ablösung der Feudallasten uud des Zehenten
namentlich wurde das Grundeigenthum seiner mittelalterlichen
Bande erledigt, und unsere Gutsbesitzer sind hiedurch, nach Auf-
hebung der Leibeigenschaft, an Gut und Blut wieder eben so
freie Männer, wie es ihre alemannischen oder fränkischen
Vorväter gewesen *); durch die neue Gewerbeordnung erhielt das
Zunftwesen seinen Todesstoß; durch die neue Kommunal-
ordnung verschwand die alte Gemeinde in ihrer politisch-
moralisch-ökonomischen Einheit; durch die Eisenbahn sind das alte
Fuhrwesen und die alten Märkte großentheils in Abgang
gekommen und die Mittelpunkte für Handel und Gewerbe
vielfach verändert worden.
Unsere Städte verlieren noch vollends ihre mittelalterlichen
Ringmauern, Thore und Thürme; die verschiedenen Bewohner-
schaften ihre altherkömmlichen Trachten, Sitten und Gebräuche;
selbst das Charakteristische ihrer Mundart hat sich abgeschliffen
und verflacht. Es hört mit der alten Familie die alte ein-
fache, strenge Erziehungsweise mehr und mehr auf, wie mit dem

Welche Umwandlungen hat die deutsche Volksfreiheit bis zur völli-
gen Ausbildung der fürstlichen Landeshoheit zu erleiden gehabt! Als die
Franken und Alemannen sich im Vorlande niedergelassen, bestand ihre Menge aus
freien Männern mit freiem Grundeigenthum. Hierauf gieng dasselbe
in einen bedingten Besitz über, wurde Lehen- und Zinsgut, und der größte Theil
der Bevölkerungen versank in Hörigkeit und Leibeigenschaft, von
deren Druck man sich im Bauernkriege zu befreien suchte. Dieser gewaltige Ver-
such mißlang aber und hatte zunächst die schrecklichen Folgen mißlungener Empö-
rungen; dennoch aber kam die Befreiung, nur aus ganz anderem Wege — eben
durch die Landeshoheit, welche früher die Ketten hatte schmieden helfen!
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