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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Editor]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 2.1860-1862

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Im Balderich. Ein Baden-Badener Genrebild
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https://doi.org/10.11588/diglit.22622#0409
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es der rechtsrheinische Alemanne verwinden, daß jene herr-
liche Hälfte von der Heimat seiner Väter so schmählich abgeris-
sen, und noch schmählicher nicht wieder gewonnen worden!

Dieses Gefühl machte sich Luft bei mir, indem ich die Hoff-
nung verlauten ließ, daß doch endlich die Zeit noch kommen
dürfte, welche uns das schöne Elsaß wieder Lringen werde.
Aber mein Nebengast stieß mich lächelnd mit dcn Worten an:
„Führen Sie nur keinen Kriegsfall herbei." Jch unterdrückte
nun freilich meine deutsch - patriotische Aufwallung , und ließ
mir's ohne Widerspruch gefallen, wenn mein vielgereister Lands-
mann meinte, die Völker-Racen sollten anf ihren thierischen
Kampf gegen einander endlich verzichten und sich darein ergeben,
ihren Geblütsunterschied in den Kreuzungen und Mischungen
des Culturstaates aufgehen zu sehen.

Jnzwischen war der Nachtisch aufgetragen worden, wozu
Rappenecker eine Flasche feinsten Landgewächses kommen ließ.
Wir stießen an und die Kelchgläser mit dem perlenden Umwe-
aer erklanqen so hell, daß der Spender freudiq ausrief: „Nun,
es lebe Jhr Balderich"!

Dieses ironische Vivat veranlaßte sofort ein lebhaftes Ge-
spräch über dieBenamsung des Hauses, unter dessen wei-
tem Dache wir so fröhlich zechten. Die Tafelgäste hatten sich
verlaufen bis auf etliche Franzmänner, deren überlaute Unterhal-
tung von einem Zweige auf den andern sprang, und einen lu-
stigen Seehasen, welcher sich gut landsmännisch zu uns ge-
sellte. Wir saßen ziemlich entfernt von jenen und konnten un-
serer alemannischen Natur in aller Gemüthlichkeit
ungehindert den Zügel lassen.

„Was haben Sie denn", rief ich dem ironisirenden Profes-
sor zu, „gegen den Namen Balderich? Jsüs nicht ein ächt

licher. Der Weheruf des deutschen Geistes uber seiue fortdaueruden Ver-
kümmerungen zieht noch heute, wie ein dumpfcs Grollen, um diese eiust fo
wichtigen Bergwälle des hohenstaufischen Kaiserreichs." So schrieb
noch kürzlich ein geborener Elsäßer, in Westermanns illustr. Monatsheft.
IUX, 499.
 
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