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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Editor]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 2.1860-1862

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Im Balderich. Ein Baden-Badener Genrebild
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https://doi.org/10.11588/diglit.22622#0411
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welche begierig das Fenster ihrer Schlafstelle öffneten und es
höchst verwundert mit ansahen, wic ihr hoher Gast sich ohne
Hilse in den Sattel schwang nnd mit den srohlockenden Wor-
ten: „Wie b ald reit' ich" durch's Hofthor, welches der Knecht
inzwischen diensteifrigst ausgethan, munter davon ritt.

„Seitdem", bemerkt ein Glossator zu dieser Sage „heißt
die Herberge zum Baldreit. Doch kehrcn längst keine Fürsten
und voruehmen Herren mehr darin eiv, und von allem ehemali-
gen Glanz blieb eben nur der Namen nberig, welcher im Muude
des Volkes gewöhnlich ,,Baldreich" laittet, was heutzutage das
Wtotto der ganzen industriellen Welt ist. Wenn übrigens ein
jeglich Badener Gasthaus, wo sich ein Gast unvermuthet
schnell aus und in's Weite gemacht, den Namen davon führte,
jo gäbe es zu Baden keinen andern Wirtsschild mehr, als „zum
Baldauf" oder „zum Baldfahr". Beim Baldreit aber war das
Merkwürdige, daß der Gast durchgegangen, ohne die Zeche
schuldig zu bleiben."

Nun mochte wohl einst ein gichtbrüchiger Psalzgraf im
Balderich ausfallend schnell geheilt worden sein, wovon die Er-
innerung sich lebendig bis in die Zeit crhielt, wo das Mißver-
ständuiß den altfränkischen Namen in ,,Baldrit" verkürzte. Da
ergab sich dann die Anknüpfung dessclben an die Haussage
und seine Deutung nach derselben ganz ungezwungen, vbwohl
auf Kosten der Wahrheit nnd des Geschmackes.

Jedensalls aber ist der Balderich das einzige Haus zu
Baden, welches sich nicht allein einer so alten und vornehmen
Sage, sondern auch der ältesten urkundlichen Nachrichten
erfreut, welche man über dortige Badgasthöfe besizt; denn sic
reichen bis in die Mitte des loten Jahrhunderts hinauf.

Damals war die Gastherberge „zum Balderich" das Eigen-
tum des Bürgers Nicolaus Amelung. Nun besaß dersclbe
entweder noch gar keine oder eine zu geringe Quelle, daher ihm
Markgraf Karl I, aus besonderer Gnade, „die Gerechtigkeit des
warmen Wassers, welches unter Okers Behansung am

5) Schnetzlee, bad. Sagenbuch !l, 208.
 
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