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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 2.1860-1862

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Geschichte der Stadt Hüfingen
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https://doi.org/10.11588/diglit.22622#0561
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mit „Küchlein" reichlich versehenen Mittagstische gieng der fest-
lich bebänderte Zug in's Wirtshaus, wo den sugendlichen
Paaren unschuldige Gelegenheit gcgeben war, unter Aufsicht ihrer
Lehrer die ersten Tanzversuche zu machen. Die moralisierende
Neuzeit hat dieses Fest als ein unangemessenes abgeschasft, läßt
der heranwachsenden Jugend aber dafür Dinge zu, welche
gefahrlicher sind, als alle Gregoriussreudcn je gewesen.

Löblich war auch das alte Herkommen dcs Armenseelen-
brodes. Von schellenbergischen und bürgerlichen Vermächtnissen
herrührende milde Gaben an Brod und Mülsrüchten zu Gnnsten
der Ortsarmen wurden insgesammt aus den Allerseelentag
verlegt, woraus der schöne Brauch erwuchs, daß alle Bauern
und vermöglichen Einwohner von ihrem Ärnte- und Herbst-
überslusse dazu beisteuerten ^s).

Wie gegenwärtig beinahe nur noch im Oberammergau, so
waren im vorigen Jahrhunderte auch zu Hüsingen die Passions-
spiele gebräuchlich, und selbst die Fastnachtsauszüge hatten
eine Zeitlang verwandten Charakter. An der Fastnacht 1781
z. B. fand ein Umzug statt, bestehend aus mehreren hundert
Personen „der katholischen hochsürstlich fürstenbergischen Stadt
Hüsingen", die sieben Todsünden mit Beishielen aus der Bibel
nnd griechischen Mythologie vorstellend, „erklärt im Vorüber-
ziehen vom Theater, zwischen Jnstrumental- und Vocalmusik."

Wenn man mit Recht sagen darf, es gcschehe in der Baar
für Herstellung von angenehmcn Sommerwirtschaften, Spazier-
gängen und dergleichen beinahe gar nichts (für bchagliche Wirt-
schaftslokale äußerst wenig), so müßen Ausnahmen hicvon mit
desto größerer Genugthuung hcrvorgehoben werden. Die Namen
„Anlage" und „rother Rain" bezeichnen für unser Städtlein eine
Zeit, welche noch im freundlichsten Angedenken vieler Einwohner
(troz dem Lobe der Gegenwart) fortlebt.

28) Ein außerg ewöhnliches Fest in diesem Sinne sand im gestg-
neten Jahrgange 1840 zu Hüfingen statt, wo die ersten Garbenwägen mit
Kränzen nnd Sprüchen schön verziert, unter'm Schalle der Musik in die
Stadt gebracht und den Armen überlassen wurden. Die Seekreisler haben
sür solche Dinge eine glückliche Gabe.

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