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Bałus, Wojciech
Krakau zwischen Traditionen und Wegen in die Moderne: zur Geschichte der Architektur und der öffentlichen Grünanlagen im 19. Jahrhundert — Stuttgart: Steiner, 2003

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https://doi.org/10.11588/diglit.57161#0053
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„Perle der Renaissance diesseits der Alpen“

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Wdowiszewski stand mit seiner Meinung nicht allein da. Der Architekt Sla-
womir Odrzywolski wies im Vorwort zu seiner Sammlung architektonischer Auf-
nahmen „Die Renaissance in Polen. Kunstdenkmale des XVI. und XVII. Jahrhun-
derts“ auf den vorbildhaften Charakter dieser Architektur hin: „Wenn diese Arbeit
[...] die Kollegen Architekten aus anderen Teilen unseres Landes zur Veröffent-
lichung ihrer Studien anregte, dann müßte in einigen Dutzend Jahren bei unseren
jüngeren Kollegen das Verlangen erwachen, in den Denkmälern unserer Vergan-
genheit Anregung oder Ansätze für ihre künstlerische Tätigkeit zu suchen, und im
Unterschied zu uns nicht alles aus eigener Kraft von Anfang an neu zu begin-
nen“* * 3. Eine ähnliche Position formulierte Wincenty Juliusz Wdowiszewski (der
Bruder des Jan Kacper) in einem Geleitwort, mit dem im Jahre 1890 die Krakauer
„Technische Zeitschrift“ die Reihe „Krakauer Denkmäler“ eröffnete. „In unserer
Zeitschrift beabsichtigen wir, eine ganze Reihe von Bildern alter Baudenkmäler in
Krakau zu veröffentlichen mit einem zwiefachen Zweck. Erstens möchten wir
unsere Leser mit Architekturwerken bekanntmachen, die uns aus der großartigen
Vergangenheit der alten Königsstadt erhalten geblieben sind; zweitens möchten
wir auf Quellen hinweisen, die das Suchen und Finden von Mustern und Vorbil-
dern für moderne Projekte ermöglichen; damit wollen wir deutlich machen, daß
wir nicht im Ausland, sondern im eigenen Lande, im Herzen der ehemaligen
Adelsrepublik, Werke finden können, die nachahmenswert sind; unsere Kunst-
und Bauindustrie können wir auf der Grundlage unserer örtlichen Baudenkmäler
gestalten und aufbauen“4. Schließlich bot Stanislaw Tomkowicz die „Krakauer
Renaissance“ als Heilmittel gegen eine „freiwillige Germanisierung“ der Stadt
dar, denn er sah in der steigenden Popularität der „deutschen Renaissance“ in der
Krakauer Baukunst eine Bedrohung5.
Die Appelle der beiden Wdowiszewskis, Odrzywolskis, Tomkowicz’ und ande-
rer fanden in Krakau einigen Widerhall. Im Laufe der achtziger und neunziger
Jahre des 19. Jahrhunderts entstanden Gebäude, die Formen der Krakauer Renais-
sance-Denkmäler nachbildeten. Schon 1884 verwendete Tomasz Prylihski ein-
zelne Motive des Arkadenhofes des Königsschlosses auf dem Wawel, wie z.B.
Komposit-Kapitelle der Säulen, Imposte und Portale, beim Bau eines neuen Ge-
bäudeteils der Versicherungsgesellschaft an der Basztowa-Straße 8 (Abb. 31 -34)6.
Prylinski hatte das Schloß einige Jahre zuvor (1881/82) vermessen, doch hatte er
Elemente des Wawels, und zwar dessen Fenster, schon bei der Restaurierung der

Ebd., 6 (1887) 6-9. - DERS.: Architektura III: Czy Krakow mial wzory dla architektury? (wie
Anm.l) 6f.
3 ODRZYWOLSKI, Slawomir: Renesans w Polsce. Zabytki sztuki z wieku XVI i XVII / Die
Renaissance in Polen. Kunstdenkmale des XVI. und XVII. Jahrhunderts. Wien 1899, o.S.
4 W.J.W. [Wincenty Juliusz WDOWISZEWSKI]: Krakowskie zabytki [Krakauer Denkmäler],
In: Czasopismo Techniczne [Krakowskie] 4 (1890) 7.
5 TOMKOWICZ, Stanislaw: Nieco o zabytkach krakowskich, ich milosnikach i ich niszczycie-
lach [Ein paar Gedanken über Krakauer Denkmäler, ihre Liebhaber und Zerstörer], Krakow 1887,
114.
6 Die Bauarbeiten dauerten bis 1886. KITA, Helena: Tomasz Prylihski (1847-1895). In: Rocz-
nik Krakowski 39 (1968) 119-149, hier 131.
 
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