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Bałus, Wojciech
Krakau zwischen Traditionen und Wegen in die Moderne: zur Geschichte der Architektur und der öffentlichen Grünanlagen im 19. Jahrhundert — Stuttgart: Steiner, 2003

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https://doi.org/10.11588/diglit.57161#0083
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Garten des Schützenvereins

79

Der Garten des Schützenvereins und die verschwundenen
Vergnügungsgärten der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
Neue Formen des Naturerlebens - neue Funktionen der Gartenkunst
Im 18. Jahrhundert erwachte ein neues Interesse für die Natur. Man unterschied
immer stärker zwischen der freien, ungezügelten, wilden Natur und dem urbanen
Milieu als einem künstlichen, unnatürlichen Lebensumfeld. Die Stadtbewohner
suchten nach Kontakt mit allem, was Natumähe verhieß. Das drückte sich einer-
seits im wachsenden Bedarf an Landschaftsgemälden, andererseits aber im Ver-
langen nach wirklicher Landschaft in der natürlichen Umgebung aus1. Um diesem
Bedürfnis entgegenzukommen, begann man in den Städten, die Wälle, die ihre
militärische Bedeutung verloren hatten, in mit Bäumen bepflanzte Promenaden
umzuwandeln, von denen aus ein Ausblick in das offene Land möglich war. Auf
diesen Promenaden trafen sich Fußgänger, Kutschen und Reiter. Obwohl das
Promenieren noch den Aspekt des Prahlens in sich trug (in Fortsetzung einer
Tradition, die auf das 17. Jahrhundert zurückging), gewann die Sehnsucht nach
einfachen Empfindungen und Erlebnissen in unmittelbarem Kontakt mit der Natur
immer mehr an Bedeutung2. Es gipfelte in Ausflügen und Wanderungen außerhalb
der Stadt. Häufiges Ziel dieser Touren waren Gärten oder Ländereien, die, wie
z.B. der Apelsche Garten bei Leipzig, „Kaffeeausschank und andere Lustbarkei-
ten“ anboten3.
Um der Forderung der Aufklärung nach Gestaltung der Volkssitten (gerade
auch durch den Kontakt mit der Natur) nachzukommen, entschieden sich die
Herrschenden, die Gärten im Umkreis ihrer Residenzen für das Publikum zu öff-
nen4. In Warschau hatte man schon in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts be-

1 BÄTSCHMANN, Oskar: Entfernung der Natur. Landschaftsmalerei 1750-1920. Köln 1989,
21-23.
2 MARKOWITZ, Irene: Ausblick in die Landschaft. In: „Landschaft“ und die Landschaften im
achtzehnten Jahrhundert. Hg. v. Heike WUNDERLICH, Heidelberg 1995 (Beiträge zur Geschichte
der Literatur und Kunst des 18. Jahrhunders 13), 121-156, hier 126-128. - RABEAU, Daniel: Der
Stadtspazierung im Frankreich des 17. und 18. Jahrhunderts: zwischen Geplantem und Imaginä-
rem. In: Die Gartenkunst des Abendlandes. Von der Renaissance bis zur Gegenwart. Hg. v. Moni-
que MOSSER und Georges TEYSSOT, Stuttgart 1993, 301-312.
3 WACKER, Jörg: Die Promenadenanlagen von Peter Joseph Lenne in Leipzig. In: Wieder
wandelnd im alten Park. Beiträge zur Geschichte der Gartenkunst für Harri Günther zum 65. Ge-
burtstag. Potsdam 1993, 210-228, hier 210. - HOFFMANN, Alfred: Der Landschaftsgarten
(HENNEBO, Dieter/HOFFMANN, Alfred: Geschichte der deutschen Gartenkunst 3). Hamburg
1963, 142-144.
4 HENNEBO, Dieter: Der Stadtpark. In: Die deutsche Stadt im 19. Jahrhundert. Stadtplanung
und Baugestaltung im industriellen Zeitalter. Hg. v. Ludwig GROTE, München 1974 (Studien zur
Kunst des 19. Jahrhunderts 24), 77-90, hier 82-84. - BUTTLAR, Adrian von: Die Öffentlichkeit
von Park. In: Der Architekt 3 (1991) 133-135. - NEHRING, Dorothee: Stadtparkanlagen in der
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte des Landschaftsgartens. Han-
nover-Berlin 1979 (Geschichte des Stadtgrüns 4), Ulf.
 
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