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Bałus, Wojciech
Krakau zwischen Traditionen und Wegen in die Moderne: zur Geschichte der Architektur und der öffentlichen Grünanlagen im 19. Jahrhundert — Stuttgart: Steiner, 2003

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https://doi.org/10.11588/diglit.57161#0084
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Krakaus Grünanlagen

gönnen, die königlichen und aristokratischen Gärten (wie 1727 den Sächsischen
Garten) allmählich zugänglich zu machen. Diese Tendenz entfaltete sich vollends
in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Christian Cay Lorenz Hirschfeld
schrieb dazu im fünften Band seiner „Theorie der Gartenkunst“: „Es fehlt War-
schau, so wie vielen großen Städten, an hinlänglichen Spaziergängen für das
Publicum, und wir haben davon eigentlich nur zwei, die diesen Namen verdienen.
Der erste und vorzüglichste ist der churfürstl. Sächsische Garten auf der Cracauer
Vorstadt. Dieser ist hiesigen Einwohnern das, was den Pariser die Tuillerien sind.
[...] Der mittlere Theil dieses Gartens ist jedermann offen, so wie der Durchgang
durch ihn zur Bequemlichkeit des Publicums erlaubt ist. [...] Der zweite öffent-
liche Spaziergang ist im Krasinskischen, jetzt der Republik gehörigen auf der
Neustraße“5.
Das Krakauer Königsschloß auf dem Wawel besaß selbst keinen gorßen Zier-
garten. Es muß hier aber angemerkt werden, daß der Vorstadtpark von Lobzöw, in
dem ein verfallener königlicher Palast stand, von König Stanislaw August Ponia-
towski 1787 der Jagiellonen-Universität geschenkt worden war, damit „die ler-
nende Jugend mit ihren Lehrern die Lehre empirisch vervollkommnen könne, de-
ren Prinzipien ihr [der Jugend - W.B.] in den Schulen vorgetragen werden“6. Die
Archivquellen berichten, daß Ende des 18. Jahrhunderts nicht nur Studenten der
Krakauer Universität, sondern auch Schüler des Nowodworski-Gymnasiums den
Garten besucht haben. In Lobzöw wurden nicht nur Übungen in Geometrie und
Botanik, sondern auch Exerzitien durchgeführt und Gymnastik getrieben7. Man
kann vielleicht in dieser Entscheidung des aufgeklärten Monarchen (sowie wohl
auch der Verwaltung der Universität) einen Einfluß des fünften Bandes von
Hirschfelds „Theorie der Gartenkunst“ erkennen. Der Kieler Professor hebt darin
einen bestimmten Gartentyp, und zwar die „Gärten bey Akademien“ hervor, deren
„Bepflanzung [...] heiter und fröhlich seyn“ müsse, und er fährt fort: „Neben die-
sen Verschönerungen kann der akademische Garten auch Plätze enthalten, die
zunächst der wissenschaftlichen Kenntniß der Pflanzen gewidmet sind“. Zuletzt
erläutert er: „In den abgelegenen Gegenden eines akademischen Gartens können
auch Wasserbehältnisse zum Baden, Reitbahnen, Plätze zu mancherley Spielen
und Leibesübungen angelegt [...] werden. Die besondere Bestimmung einer jeden
Erziehungsanstalt veranlaßt sehr leicht neue Ideen sowohl zur Einrichtung des
Ganzen, als auch zur Auszierung einzelner Theile“8.

5 HIRSCHFELD, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5, Leipzig 1785, 293f. -
Dazu auch: CIOLEK, Gerard: Gärten in Polen. Warszawa 1954, 203.
6 Archiv der Jagiellonen-Universität zu Krakau, Index Cemera, No. 8, fase. 944.
7 LEPIARCZYK, Jozef: O krakowskich ogrodach i parkach [Über Krakauer Gärten und Parks].
In: Zielen Krakows. Hg. v. Jerzy DOBRZYCKI. Krakow 1955, 23-40, hier 25. - R^CZKA, Jan
Wladyslaw: Krdlewska rezydeneja palacowo-ogrodowa na Lobzowie. Stan badari i zachowane
zrödla archiwalne (1655-1980), czqsc III [Die königliche Residenz und der Garten in Lobzöw.
Forschungsstand und erhaltene Archivquellen (1655-1980). Teil 3]. In: Teka Komisji Urbanistyki i
Architektury 18 (1984) 47-58, hier 54f. - BOGDANOWSKI, Janusz: Krölewski ogröd na Lobzo-
wie [Der königliche Garten in Lobzöw]. Krakow 1997, 30f.
8 HIRSCHFELD (wie Anm. 5) 76-78.
 
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