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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 2,1): Die Bildnisse der römischen Kaiser: Das julisch-claudische Kaiserhaus — Berlin, 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.663#0097
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84 Livia.

ihrer Ziele gehemmt. Dank diesen Eigenschaften sowie ihrer ehe-
lichen Treue wusste sie sich fortwährend einen grossen Einfluss auf
ihren Gemahl und durch ihn auf die Regierungsgeschäfte zu be-
wahren; ja sie wurde dem Augustus so unentbehrlich, dass sie ihn
bald auf allen seinen Reisen und Kriegszügen begleiten musste. Ihr
Ränkespiel concentrierte sich besonders darauf, ihrem Sohne Tiberius
die Nachfolge zu erwerben, was ihr denn auch schliesslich durch
allerlei Glücksfälle (oder durch Verbrechen?) gelang. Als Augustus
nach 52jähriger Ehe starb, erhielt sie (71jährig) durch sein Testament
den Beinamen Augusta und wurde ins julische Geschlecht aufge-
nommen.

Unter dem Principat des Tiberius, der ihr, wie man allgemein
glaubte, den Thron verdankte, hoffte sie, den früher geübten Ein-
fluss auf die öffentlichen Angelegenheiten ohne alle Einschränkung
behaupten zu können. Aber ihr Stolz und ihr selbstherrliches Auf-
treten, sowie die ihr entgegenkommende Gunst des Volkes verdrossen
den Tiberius; das gute Einvernehmen wurde mehr und mehr gestört,
bis es dahin kam, dass Tiberius alle öffentlichen Ehrenbezeugungen,
die man ihr darbringen wollte, verbot, und sich vor ihr aus Rom
zurückzog. Sie starb 29 n. Chr. (Sßjährig)1, nachdem sie ihren
Gemahl noch um 15 Jahre überlebt hatte.

Von einer Consecration seiner Mutter wollte natürlich Tiberius
nichts wissen. Erst ihr Enkel Claudius (41 n. Chr.) Hess ihr gött-
liche Ehren zuerkennen2, indem er zugleich ein Bild von ihr im
Augustustempel aufstellte3. Doch war sie in den Provinzen schon
zu Lebzeiten verschiedentlich als Juno, Ceres, Vesta, Rhea, als mater
patriae, genetrix orbis etc. verehrt wordeni. In Smyrna war ihr seit
23 n. Chr. gemeinschaftlich mit Tiberius und dem römischen Senat
ein Tempel geweiht5.

Die zufällig erwähnten Bildnisse, wie das von Octavian er-
richtete aus dem Jahre 35 v. Chr.6, oder die Statuen, mit denen
man sie im Jahr 9 v. Chr. über den Tod des Drusus zu trösten
suchte7, oder die später, wie eben bemerkt, von Claudius aufgestellte,
und ebenso die inschriftlich beglaubigten, wie z. B. die Statue auf

1 Mo LIL; Tac. Ann. V. 1.

2 Suet. Claud. 11.

3 Dio LX. 5.

* S. Eckhel D. X. VI. p. 155 f.

s Tac. Annal. IV. 15; Mionnet Descr. HI. p. 219 Nr. 1224 u. Suppl. VI.
330 Nr. 1631 ff.
6 Dio XLIX. 38.
» Dio LV. 2.
 
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