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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 2,1): Die Bildnisse der römischen Kaiser: Das julisch-claudische Kaiserhaus — Berlin, 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.663#0121
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108 Livia.

Wir bemerken über diese Denkmäler und ihre vermeintliche
Liviabedeutung Folgendes:

Dass die. Gemahlin des Augustus, so gut wie er selbst, schon
häufig zu ihren Lebzeiten und wohl ausnahmslos seit ihrer Apotheose
unter Claudius von den Künstlern idealisiert dargestellt wurde, kann
nicht bezweifelt werden. Namentlich möchte ich glauben, dass, wo
sie unter der Gestalt einer bestimmten Gottheit erschien1, ihr nie-
mals ein höheres Alter oder die Modefrisur der Zeit, wie bei dem
Bronzebüstchen des Louvre, gegeben wurde. Aber bei den aufgezähl-
ten Büsten und Statuen handelt es sich um mehr als bloss ideali-
sierte Bildnisse. Es sind eigentliche Idealköpfe oder mit Idealköpfen
versehene Figuren, welche gemäss der Typik der römischen Kunst,
wenn nicht besondere Gründe dagegen sprechen, durchaus für Gott-
heiten oder für allegorische Personen genommen werden müssen.
Nun spricht allerdings einmal, bei der torionischen Statue, ein
solcher Grund dagegen, nämlich das mit Wahrscheinlichkeit auf ein
Porträt hin weisende, Motiv des Körpers2. Doch nur unter der Voraus-
setzung, dass der Kopf der Statue von Anfang an mit dem Torso
verbunden war. Derselbe ist aber aufgesetzt und seine Zugehörig-
keit wird schwer zu beweisen sein, da der Restaurator die Spuren
des Bruches künstlich verdeckt hat. Wir haben keine andere Ga-
rantie dafür als die überaus schwache und trügerische, welche in der
scheinbaren Gleichheit des Marmors und der Proportionen besteht.
Unter diesen Umständen meine ich, dass, wenn die Einen aus der
präsumtiven Zugehörigkeit des Kopfes den Schluss ziehen, derselbe
müsse trotz seinen idealen Zügen ein Porträt darstellen, die Anderen
mit grösserem Recht aus der Incongruenz des Porträttorso mit dem
Idealkopf schliessen dürfen, der letztere sei dem Torso ursprünglich
fremd. Ist dies aber der Fall, so steht es mit seiner Namengebung
gerade so schlimm wie bei den übrigen Köpfen; denn losgelöst vom
Torso, hört er auf ein ikonisches Denkmal zu sein. — Indes gestehe
ich, dass sich meine Zweifel nicht auf die Zugehörigkeit des Kopfes
beschränken, sondern dass mir sein Altertum überhaupt verdächtig
vorkommt. Die verhältnismässig gute Erhaltung desselben im Gegen-
satz zu dem mehrfach gebrochenen Torso, der ganze Charakter seiner
Arbeit und zumal die bis ins Einzelne gehende und daher fast wunder-

des medailles zu Paris (Chabouillet p. 9. ~Sr. 41) zu nennen, der dort unter den
Venusdarstellungen figuriert.

J Ueber Livia als Juno vgl. Asciibach a. a. 0. p. 9. Annr. 7; über Livia als
Ceres Eckhel D. N. p. 157, "Wilmans Exempla iriser. 907. 1713.

2 Vgl. die sog. Agiippinastatuen im Capitol (Clarac pl. 930), in V. Albani
(Clar. pl. 930) und in Florenz (dar. pl. 930 und 955).
 
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