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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 2,1): Die Bildnisse der römischen Kaiser: Das julisch-claudische Kaiserhaus — Berlin, 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.663#0130
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Leben und Charakter.

von ihrem Gatten geliebt, verbrachte sie die zwei ersten Jahre
meist an seiner Seite in Griechenland und hielt das gute Ver-
hältnis zwischen ihm und Octavian aufrecht. Als aber xAntonius in
Syrien (36) wieder mit Kleopatra zusammentraf und sich zu ihrem
schnödesten Sklaven herabwürdigte, kehrte sie nach Eom zurück
und sah mit Schmerz dem Ausbruch des Krieges zwischen ihrem
Gatten und ihrem Bruder entgegen. Im Jahre 32 erhielt sie von
Antonius den Scheidebrief und verliess nun dessen Haus. Doch er-
zog sie ihren Stiefsohn Julus (Sohn des Antonius und der Fulvia),
wie später die Kinder des Antonius von der Kleopatra, mit der
gleichen mütterlichen Sorgfalt wie ihre eigenen. Nach dem Tode
ihres Gemahls (31) und dem noch schmerzlicheren ihres einzigen
Sohnes M. Marcellus (23) lebte sie noch bis zum Jahre 11 v. Chr.,
wurde also mindestens 56 Jahre alt. Aus ihrer Ehe mit Antonius
waren zwei Töchter entsprossen, die ältere und die jüngere Antonia.
Ihrem Charakter nach war sie eine der edelsten Römerinnen, von
denen wir Kunde haben1; in einem sittenlosen Zeitalter ebenso aus-
gezeichnet durch fleckenlose Tugend wie durch Zartgefühl und echte
Weiblichkeit; dabei von hoher geistiger Begabung und von fast
männlicher Willenskraft. Dass auch ihre Schönheit von ungewöhn-
licher Art gewesen sein muss, geht aus der obigen Stelle des Plu-
tarch -hervor, wo zugleich bemerkt wird, die Bömer in der Um-
gebung der Kleopatra hätten die Verblendung des Marc Anton nicht
begreifen können, da er im Besitz einer solchen Frau wie Octa-
via war.

Augustus hatte ihr schon im Jahre 35 v. Chr. aus Ostentation,
gleichsam als Entschädigung für die Beschimpfungen durch Antonius,
gleiche Vorrechte und Ehren wie seiner Gemahlin erteilen und bei
dieser Gelegenheit Statuen und Denkmäler errichten lassen 2, unter
letzteren namentlich die nach ihr genannte Halle beim späteren
Marcellustheater. Aehnliches thaten aus Schmeichelei oder aus
Dankbarkeit die Städte und Fürsten. So ist u. A. im Bezirk des
Poliastempels zu Pergamon eine Inschrift gefunden worden, nach wel-
cher ihr dort vom Volke eine Ehrenstatue errichtet war 8.



Auf den Münzen kommt das Bildnis der Octavia nur einmal
mit der Namensbeischrift vor, und zwar auf einem ikonisch ganz

1 XQijua fritv/jasöv yvvmy.it;. Plut. Ant. 31.

ä Mo XLIX. 38.

8 S. Jahrb. <1. preuss. Kunstsammlungen. III. p. 86.
 
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