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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 2,1): Die Bildnisse der römischen Kaiser: Das julisch-claudische Kaiserhaus — Berlin, 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.663#0244
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Leben und Charakter. 231

geboren , nur wenige Monate früher als sein Vetter und späterer
Adoptivbruder, der jüngere Drusus. Schon im 21. Lebensjahre (7 n.
Chr.) wurde er Quaestor und erhielt als solcher ein Commando unter
Tiberius 'gegen die aufgestandenen Pannonier und Dalmatier. Bei
der Ueberbringung der Siegesbotschaft (10 n. Chr.) wurden ihm die
Triumphinsignien zu Teil *. Im nächsten Jahre gieng er als Proconsul
mit Tiberius nach Germanien, um die Niederlage des Varus wieder
gut zu machen, dämpfte den Aufstand der rheinischen Legionen,
welche ihm sogar die Herrschaft anboten, und stand noch am Rhein,
als Augustus starb. Es folgten jetzt (14—17) jene drei etwas eigen-
mächtig unternommenen Feldzüge gegen die Germanen, welche ebenso
sehr die Begeisterung des römischen Volkes für den jugendlichen
Feldherrn, wie die Unzufriedenheit (und Eifersucht?) des Tiberius
erweckten. Nach Köln zurückgekehrt, erhielt er seine Abberufung,
der er sich missmutig fügte. Er feierte einen glänzenden Triumph
(17 n. Chr.) und wurde dann in ehrenvoller Mission nach dem Orient
gesandt. Ausgerüstet mit dem Oberbefehl über alle Provinzen jen-
seits des Mittelmeers, beruhigte er Armenien, machte Cappadocien
zur Provinz und unternahm hierauf eine Reise nach Aegypten. Auf
der Rückkehr erkrankte er, vergiftet, wie man in seiner Umgebung
behauptete, von Plancina, der Gemahlin des syrischen Statthalters
Piso, und starb in Antiochia (19 n. Chr.), erst 34 Jahre alt. —
Seine Gemahlin Agrippina hatte ihm neun Kinder geboren, von wel-
chen ihn sechs überlebten 2.

Germanicus ist zwar vom Schicksal nicht berufen worden, den
Kaiserthron zu besteigen; indes nahm er teils wegen seiner glänzen-
den Abstammung, teils aus anderen Gründen, wenigstens diejenige
Ehrenstelluug ein, die sonst nur dem Kaisersohn und präsumtiven
Nachfolger reserviert war. Er war der leibliche Enkel der Livia,
durch seine Mutter Antonia der Grossneffe des Augustus, daneben
mit einer Enkelin des Augustus vermählt, der Adoptivsohn des regie-
renden Kaisers, und, was freilich erst nach seinem Tode in Betracht
kam, der Vater des Caligula und der jüngeren Agrippina, der Bruder
des Claudius. Dass er auch der Enkel des Marc Anton, hat mehr
nur ikonographische Bedeutung. Dazu kam seine nicht minder glän-
zende Persönlichkeit, welche ihn weit über das Niveau eines ge-
wöhnlichen Prinzen erhob. Er war, wie sein Vater, von hervor-
ragender körperlicher Schönheit, freundlich, mild und von edlem

1 8. den Abschn. über die Gemma Augustea.

2 Suet. Calisj. 7.
 
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