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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 1.1866

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https://doi.org/10.11588/diglit.49709#0041
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Das Buch für Alle.

33

Fleran-er Ypsilanti.
Eine Episode des Wiener Cong resse s.

Von

Louise Wüylöach.

(Fortsetzung.)


MW


Alcx-
Ypsi-
oder

Sie werden Alle nbgewieseü, sagte er achselzuckend.
Es sind lauter Petenten, lauter Menschen, die etwas wollen,
vornehme Herren mit großen Bittschriften und kleinen Bör-
sen. Sie werden Alle abgewiescn. Se. Durchlaucht hat
befohlen, nur die Gesandten des Königs von Sachsen ein-
zulassen, und nach diesen alsdann Eure Ercellenz.
Aber warum sagen Sie denn das nicht diesen Herren?
Warum lassen Sie dieselben unnöthigcrweise warten?
Der Kammerdiener zuckte die Achseln. Ich habe keinen
speziellen Befehl dazu. Das Vorzimmer steht Jedem offen,
und sie sind Alle unangemeldet gekommen, und kommen alle
Tage wieder. Wenn die Gesandten hinaus sind, werde ich
die Anmeldungen machen, und dann werden wir ja sehen.
In diesem Moment öffnete sich die Thüre des fürstlichen
KabinetS, und zwei Herren in Civil, die Brust mit Ordens-
kreuzen behangen, kamen aus derselben hervor und gingen
leise mit traurigen Mienen, mit gesenkten Häuptern durch
den Saal nach der Ausgangsthüre hin.
Nun, seufzte Ppsilanti in sich hinein, indem er den de-
müthigen, gebeugten Gestalten nachblickte, gebe der Himmel,
daß ich nicht sv wie diese wieder zurücktrete aus der ver-
hängnißvollen Thüre. Sie sind hierher gekommen, um ihrer
Sorgen sich zu entledigen, und schwerer beladen gehen sie
wieder fort.
Se. Durchlaucht der Fürst Metternich lassen die gnädi-
gen Herrschaften um Entschuldigung bitten, sagte der Kam
merdiener, welcher eben wieder aus dem Kabinct hervor-
, trat. Se. Durchlaucht können heute Niemand mehr annehmen
! wegen dringender Staatsgeschäfte.
Aber, mein Freund, rief einer der Herren mit stolzem,
unwilligem Tone, habt Ihr Sr. Durchlaucht nicht gesagt,
daß der Duca Colonna und der Duca Doria, die beiden
Gesandten von Genua, heute schon zum viertenmal hier
sind, nm eine Audienz zu erhalten; daß sie eigens von
S

eneral
ander
s, lanti,
? , vielmehr
Prinz Alex-
ander Dpsi-
lanti, wie
ihn seine Freunde
und Verehrernann-
ten, war indessen
nach dem Hotel
des Fürsten Met-
ternich gefahren,
und war in das
Vorzimmer cinge-
treten, den Kam-
merdiener bedeu-
tend, daß er ihn dem Fürsten melden möchte.
Ew. Ercellenz sind ausgezeichnet, und werden daher ihre
Audienz haben, crwiederte der Kammerdiener leise, indem er
sich tief vor ihm verneigte. Aber, mein lieber Freund,
sagte Dpsilanti ebenso, wenn alle die Herrschaften, die ich
hier versammelt sehe, noch vor mir ihre Audienzen haben,
dann fürchte ich, daß ich noch viele Stunden warten muß.
Der Kammerdiener wandte sich mit einem halb mitlei-
digen, halb verächtlichen Blicke nach den Herren um, welche
sich in dem Vorsaale befanden, und leise mit einander
flüsternd in einzelnen Gruppen umher standen. Es waren
sehr vornehme, sehr angesehene, mit funkelnden Ordenskreu-
zen geschmückte Herren, welche hier versammelt waren:
Reichsgrafen und regierende Fürsten, Staatsministcr und
Gesandte, aber der Kammerdiener des Fürsten Metternich
schien dennoch wenig Respekt vor dieser vornehmen Gesell-
schaft zn empfinden.
Buch für Alle. 1800. II.
 
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