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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 1.1866

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Heft 5
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https://doi.org/10.11588/diglit.49709#0137
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Das Buch für Alle.

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v<m
Heinrich Amißk

< as

kaiserlichen

geriethen ohne viele Worte aneinander und ließen nicht ab,
bis die Königlichen in die Flucht geschlagen wurden, denn
innerhalb Thor und Wall durfte kein Lübeker eine Nieder-
lage erleiden; auch im Spiele der Kinder nicht.
In dem Rathskeller saßen in der Nische, wo noch heu-
tiges Tages der denkwürdige Admiralstisch steht, ihrer Vier
oder Fünfe beim Becher und ließen sich den spanischen
Wein wohl bekommen. Die feurigen Tropfen setzten Hie
Zungen in eine schnellere Bewegung, und da die Zechenden
ganz entgegengesetzter Meinung waren, ging der Lärmen
über alle Grenzen der Billigkeit hinaus, so daß die übri-
gen Gäste darüber verdrießlich wurden und sich kopfschüt-
telnd entfernten.
Absonderlich war Einer, dem der Wein zu Kopfe stieg
und der mit jedem Zuge, den er that, unwirrscher wurde.
Das war Herr Erich Holm, der Gewandschneider, der ein
offenes Geschäft am Kausberge hatte und einen lebhaften
Verkehr mit Schweden unterhielt. Seitdem der Zankapfel
in den Straßen Lübeks auf- und abrollte, der die Inschrift
trug: „Dänemark oder Schweden?" war er mehr in den.
Schenken und auf den Gaffen, als hinter seinem Ladentisch
zu finden. Er bot Alles auf, was er hatte, Geld und
Kredit, um die Leute seinen Planen geneigt zu machen und
dem Bündnisse mit Schweden den Sieg zu verschaffen. An-
fangs hatte er tüchtig Oberwasser und schwamm lustig mit
dem Strome fort; aber bald nahm dieser eine andere
Wendung und drohte den Gewandschneider Erich Holm zu
verschlingen.
Die Aussichten auf eine friedliche Ausgleichung mit
Schweden waren im Sinken und Dänemarks Banner flat-
terte lustig im Winde. Das schwedische Goldkreuz mußte
sich vor dem schneeweißen Kreuze des Dauebrog neigen.
Darum loderte der,Zorn des Erich Holm in Hellen Flam- '
men auf. Er stieß mit dem Becher auf den Tisch, daß
dieser schier von einander sprang, und warf ihn mit eini-
gen wilden Flüchen zu Boden. Darob begehrten seine Zech-
genossen groß auf, und es hätte einige unliebsame Erör-
terungen gegeben, wenn nicht in diesem Augenblicke ein
wüster Lärmen auf der Gasse losbrach, der das aus dem
Keller dringende wilde Schreien völlig verschlang.
Alle, sowohl die Gäste, als auch der Kellerhauptmann

war im
7^" Anfang des sech-
DM zehnten Jahrhun-
"^^derts, als es in
der
freien Reichsstadt
Lübek bunt über
Eck ging. Gab
ein lustiges Trei-
ben und ein be-
sA 7 trübtes zu gleicher
Ms Zeit. Die nordi-
D > scheu Reiche waren
M ' unter sich entzweit.
Sie gönnten ein-
jf V, ander das Weiße
? im Auge nicht uzrd
! buhlten um die
Gunst der reichen
Handelsstadt an
der Trave, die zu-
gleich die Führerin
der Hansa war.
Lübek aber hätte
gern den Mantel
ausbeidenSchul-
tcrn getragen. Es
wollte weder die
Vortheile fahren
deyr Nutzen entsagen, der
Darum blieb die Waage

lassen, die der Schwede bot, noch
ihm von Dänemark herüber kam.
im steten Schwanken und' neigte sich abwechselnd zu Gun-
sten derjenigen, die gerade Oberwasser hatten und das
größte Wort führten.
Wie es die Alten trieben in ihren Kramläden und
Speichern, in den Rathsstuben oder 'm den Schenken, so
trieben es die Buben auf den Gassen. Sie sammelten sich
auf den mehreren öffentlichen Plätzen, vor dem Rathhause,
oder auf dem Klingberg, oder wo sonst, und die Hälfte
eines solchen Haufens bestand aus Dänen oder Schweden,
die andere Hälfte aber aus guten Lübeker Kindern. Sie

Buch für Alle. ISS6. V.

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