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Der neue Oberpräſident von. Schleſien, Graf Robert
d. Zedlitz and Trützſchler, entſtammt einem alten


gebvren, er ſtand von 1856 bis 1862 als Offizier bei den


ſeines väterlichen Gutes Nieder-Großenbohrau. Seit 1873
war er in vielen Ehrenämtern tätig, von 1879 bis 1881


Regierungspräſident in Oppeln, drei Jahre ſpäter unter
Ernennung zum Wirklichen Geheimen Rat Mitglied des
Staatsrates, 1886 Oberpräſident der Provinz Poſen und
Vorſitzender der Anſiedlungskommiſſion. Iın März 1891
erfolgte ſeine Ernennung zum Kultusminifter, doch legte
er dieſe hohe Stellung
bereits im folgenden
Jahre nieder. Seit 1898
war er Oberpräſident
von Heſſen-Naſſau. In
dieſer Stellung hat er
ſich viele Freunde er-
worben, denn obwohl
ein Mann von konſer-
vativer Grundrichtung,
iſt er doch allem Bureau-
kratismus abhold und
in allen Stellungen,
die er während ſeiner
wechſelvollen amtlichen
Laufbahn inne hatte,
ſeinen politiſchen Geg-
nern ſtets mit Achtung
gegenübergetreten. Mit
den ſchleſiſchen Ver-
hältniſſen iſt er beſon-
ders gut vertraut, und
ſein Talent, die Men-
ſchen geſchickt zu be-
handeln, wird ihm dort
ſehr zu ſtatten kommen,
daher man allgemein ſeine Wahl als eine gllickliche de-
zeichnet. — ;

Der auf ſeinem Gute Goſſow verſtorbene frühere
Präſident des Reichstags und Wirkliche Geheime Rat Al
bert v. Levetzow wurde am 12. September 1827 ge-
boren, ſtudierte die Rechte und trat dann in den preußi-
ſchen Verwaltungsdienſt ein. 1857 kam er al8 Negie-
rungsaſſeſſor ins Kultusminiſterium. Nach dem Kriege
don 1866, in dem er eine Landwehrſchwadron befehligte,
wurde er zum Landrat des heimatlichen Kreiſes Königs
Lerg i. d. Neumark und 1876 zum Landesdirektor der
Proyinz Brandenburg ernannt. In dieſer hohen Stellung
wirkte er 20 Jahre läng. Mitglied des Reichstages und




bald aufſchwang, war er bereits ſeit 1867, zum Präſi-
denten des Hauſes wurde er zum erſten Malé im Jahre
1881 gewählt, zum zwei-
ten Male im Jahre
1888 - ©D WD a CL
dieſe höchſte parlamen-
tariſche Würde ununter-
brochen bis 1895 inne
hatte. Während dieſer
—— 0ı e0 ün allen

wohlbekannte und hoch-
geachtete Perſönlichkeit
geworden, denn er ver-
band mit ernſter politi-
ſcher Uberzeugung einen
hohen Sinn für Ge-
rechtigkeit, große per-
ſönliche Liebenswürdig-
keit, umfaſſende Bil-
dung und Sachkenntnis,
volle Beherrſchung des
Wortes und die gewand-
ten Formen des Welt-
mannes. Zur freiwilli-
gen Niederlegung des
Präſidiums beſtimmte
ihn die Ablehnung ſeines Antrages, das Hohe Haus
möge dem Altreichskanzlex zu deſſen achtzigſten Geburts-
tage ſeine Glückwünſche ſenden, ein Vorgang, der den
meiſten unſerer Leſer noch in Erinnerung ſein wird. —

Der an Stelle des zurückgetretenen Generals p. Goßler
vom Kaiſer zum Kriegsminiſter ernannte General-
leutnant Karl v. Sinem, genannt v. Rothmaler, iſt
am 1. Januar, 1853 in Hexzberg am Harg geboren, er-
hielt ſeine militäriſche Srziehung teils im Kädettenhaus
in Bensberxg, teils in dex Zentralkadettenanſtalt zu Berlin
und trat bei Ausbruch des Deutſch-franzöſiſchen Krieges
alg Fähnrich in das Heer ein. Trotz ſeiner großen
Jugend zeichnete er ſich ſo aus, daß er nicht nur im
Laufe des Jahres zum Leutnant vorrückte, ſondern auch
das Eiſerne Kreuz erhielt. Zehn Jahre ſpäter wurde er
als Oberleutnant zum Großen Generalſtab kommandiert
und 1882 zum Hauptmann befördert. Seine militäriſche
Laufbahn wurde nun eine ſehr ſchnelle. Bereits 1888
war er Major, wenige Jahre ſpäter als Oberſtleutnant
Kommandeur des Weſtfäliſchen Küraſſierregimentes Nr. 4
und 1895 wurde er Generalſtabschef des VII. Armeekorps,
eine Stellung, die er bis 1898 inne hatte. Während
dieſer Zeit wurde er zum Oberſt befördert, trat dann als
Abteilungschef in das Kriegsminiſterium ein, wurde 1900




Generalmajor und rückte als Nachfolger des Genetal-
leutnants von der Böck zum Dixektox des Allgemeinen
Kriegsdepartements auf. Im April 1903 erfoͤlgte die
Befördexung zum Generalleutnant. Wie ſehr man feiner
Tüchtigkeit vertraut, zeigt die Berufung zum Kriegs-
miniſtex. Den Zuſatz zu feinem Namen erhHielt er infolge
ſeinex im Jahre 1877 erfolgten Heirat mit einer Tochter
des Generals v. Nothmaler. —

Die Jubelfeier Wismars, die der Aufhebung des
hundextjährigen Pachtvertrages mit Schweden und Der
formellen Wiederver— *
einigung mit Mecklen-
burg⸗Schwerin galt,
nahm einen würdigen
und glänzenden Ver-
lauf. Der jugendliche
Großherzog Friedrich
Franz IV. ritt am Feſt-
tage Vormittags um
10 NOr mit den Prinzen
des großherzoglichen
Hauſes und großem Ge-
folge in die feſtlich ge-
ſchmückte Stadt ein und
wurde am Rathauſe von
dem erſten Bürgermei-
ſter begrüßt. Den Höhe-
und Glanzpunkt der
Feierlichkeiken bildete
der große Feſtzus,
der ein Bild der ge-
ſchichtlichen Entwick-
— Cimdl aab, -
20 vierſpännige Feſt-
wagen, 90 Reiter und
2800 Fußgänger nah-
men daran ſteil. Der
Großherzog ſah von der Rampe des Rathauſes auf dem
Marktplatze dem Vorübermarſch des aus 50 Gruppen be⸗—
ſtehenden Zuges zu. Die Spitze bildete ein Herold mit der
Standarte von Wismar hoch zu Roß, dem S FJanjaren-
bläſer in der Tracht des 16. Jahrhunderts folgten. Die
zweite hiſtoxiſche Gruppe ſtellte die Rückkehr Heinrich des
Pilgers im Jahre 1298 nach 26jähriger Sefangenſchaftbei
den Sarazenen dax. Die Zeiten der Hanfa waren durchdie
naturgetreue Nachbildung einex „Kogqge“, eines Schiffes,
wie es damals zu Kriegs- und Handelszwecken diente,
verſinnbildlicht. Andere hervorragende Gruppen waren:
die Hochzeit Johann Albrechts im Jahre 1555; König
Sujtav Adolf mit ſeinen Hetreuen; der Erntefeſtzug der
Pöler Hofheſttzer, die a — Vismar
wieder mecklenburgiſch.“ Mit den hiſtoriſchen Gruppen

Seneralleutnant
v. Einem, gen. v. Rothmaler,
der neue preußiſche Kriegsminifter,
Mit Senehmigung von E. Bieber,
Rofphotograph in Serlin u. Ramburg.



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Der Feſtzug.
 
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