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Jahrg. 1904.

Die junge Witwe.

Kriminalroman von Augufte Groner.

(FortfeBung.)
——
achdruck verboten)
Demann ließ ſeine Augen über all die
junge Frühlingspracht ringsum gleiten,
und ſeine Blicke blieben dann mit dem
Ausdruck bitterer Jronie auf den derben,
ſtumpfen Zügen des jungen Bauern
haften.

„Vecht habt Ihr,“ ſagte er, „da ſieht man nicht
viel Schönes. Gleichwohl ſucht man auch zuweilen
ſolche Gegenden auf. Ich bin gewiß nicht der ein-
zige, der weite Spaziergänge liebt.“

„Lommt der Herr vielleicht gar aus Brünn?“

„Nein, ich gehe dahin.“

— —

Der Burſche ſchaute nach dem Stande der Sonne.
„D je! Da wird der Herr noch Schweiß vergießen,“
bemerkte er und ſchaute dann auf Neumanns Füße.

„Was ſucht Ihr denn an meinem Schuhwerk?“
fragte der Detektiv beluſtigt.

„Ob der Herr mit einem Rad gekommen iſt,
1CO@M” 109“

„Auf dieſer Straße da auf einem Rad? Nun,
da bedankte ich mich ſchön dafür.“

„D, e& kommen ſchon auch Radfahrer bei uns
vorbei.“

- @, 6, Fexe, denen kein Weg zu ſchlecht iſt,
die auch über ein Stoppelfeld fahren würden. Aber
das iſt kein Vergnügen.“

„He, Schwarzer! Dableiben!“ ſchrie in dieſem
Augenblick der Knecht den Rappen an, der um
irgend einer Urſache willen plötzlich unruhig ge-
worden war und in einem etwas ſchwerfälligen
Galopp über den Acker ſetzte.

Er hielt auch nicht fogleich an, erſt als der


Burſche einen ſcharfen Pfiff ausſtieß, beſann ſich
der Gaul und blieb ſtehen. Und noch einmal pfiff
der Burſche, da kehrte das brave Tier freiwillig zu
ihm zurück, wofür es ein Stück Brot bekam.

„Du dummer Rapp'! Was möchte denn unſere
Frau ſagen, wenn du allein heimkämſt,“ ſagte der
Knecht, dem Gaul auf die Stirne klopfend.

„Gehört Ihr zum Hof des Androſch?“ erkundigte
ſich Neumann.

Der Burſche nickte.

„So ſeid Ihr der Wenzel?“

—— 10

„Was habt denn Ihr über den Mord in der
Eiſenbahn gehört?“

„Ich? — Nichts. Ich kümmere mich nur um
meine Sachen. Die Bähn iſt mir überhaupt zu-
wider.“ 2

„So? — Da geht Ihr wohl immer zu Fuß?“

„Lieber ſchon, als guf der Bahn fahren Aber
noch beſſer gefällt mir das Radeln“


 
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